Katar und seine Opfer (6): Erpresstes Geständnis
Der ehemalige WM Kommunikationsdirektor Abdullah Ibhais bezahlt sein Whistleblowing derzeit mit drei Jahren Gefängnis.
Dass Abdullah Ibhais in Katar im Gefängnis verschwand, hat aus Sicht seiner Familie nur einen Grund: Ibhais wurde den WM-Organisatoren zu unbequem. Eigentlich hatte der gebürtige Jordanier in Katar eine stattliche Karriere gemacht, als einer der Kommunikationsdirektoren der WM 2022.
Doch Abdullah Ibhais war nicht einverstanden mit der Art und Weise, wie migrantische Arbeiter:innen behandelt wurden. Im August 2019 äußerte er offene Kritik an den Zuständen und unterstützte einen Streik der Arbeiter:innen, so sagt er es selbst.
Dieses Engagement war es wohl, das Ibhais zum Verhängnis wurde. Im November 2019 wurde er verhaftet, angeblich wegen der Annahme von Bestechungsgeldern. Der einzige Beleg: Abdullah Ibhais’ eigenes Geständnis. Die Aussagen seien im Gefängnis unter Androhung noch schlimmerer Konsequenzen von ihm erpresst worden, sagt er. Er zog sein Geständnis vor Gericht zurück.
Freilich nützte das wenig, denn das Urteil war offenbar längst gefällt. Weniger als eine Minute dauerte der Prozess, so sagt es seine Familie. Die Verteidigung wurde nicht einmal angehört, Beweise nicht vorgelegt; auch einen Anwalt hatte Abdullah Ibhais nur verspätet bekommen. Im Dezember 2021 wurde er verurteilt.
Einige Monate zuvor berichtete das norwegische Magazin Josimar gemeinsam mit der ARD über seinen Fall. Abdullah Ibhais übermittelte ihnen interne Dokumente und Chatverläufe, aus denen hervorgeht, wie kritische Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen verhindert werden sollte.
Der ehemalige Kommunikationsdirektor bezahlt sein Whistleblowing derzeit mit drei Jahren Gefängnis. Während der WM sollen sich seine Haftbedingungen noch einmal verschlechtert haben; er befindet sich nun in Isolationshaft. Laut seiner Frau soll das verhindern, dass wieder Informationen durch Ibhais nach draußen gelangen. Die Fifa reagierte auf den Hilferuf des Whistleblowers nur mit einem kurzen Statement: Jede:r verdiene einen fairen Prozess.
Leser*innenkommentare
ke1ner
Dazu gibt es auch einen erschütternden, wirklich hörenswerten Podcast von Benjamin Best (von hier aus zu finden: presse.wdr.de/plou...ie_wm_sklaven.html )
》Der Podcast „Die WM-Sklaven“ gibt Betroffenen eine Stimme und deckt menschenunwürdige Zustände auf. Seit über zehn Jahren recherchiert das WDR-Investigativformat „Sport inside“ zu den Hintergründen der WM 2022 in Katar. Der Podcast ist ab sofort in der ARD Audiothek verfügbar.
WDR-Reporter Benjamin Best ist Host des Podcasts. Er reist für seine Recherchen mehrfach nach Katar. Immer wieder gelingt es ihm bei seinen geheimen Recherchen mit Gastarbeitern zu sprechen. Er erfährt, dass sie seit Monaten kein Gehalt bekommen haben und sich nur von Wasser und Brot ernähren. In Nepal spricht er mit der Familie eines Gastarbeiters, der nach zwei Jahren im Sarg aus Katar zurückkehrt.
Ein Insider aus Katar packt aus
Das WM-Organisationskomitee in Katar versucht die Recherchen von Best juristisch zu unterbinden. Hassan Al-Thawadi, der Chef des Organisationskomitees, gibt persönlich die Anweisung dazu. Doch es gelingt ihm mit einem Insider zu sprechen: Abdullah Ibhais, ein ehemaliger Mitarbeiter des katarischen WM-Organisationskomitees spielt Best geheime Chatnachrichten zu und gibt ihm ein exklusives Interview《