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Frankfurts Oberbürgermeister Peter FeldmannDie Abwahlkampagne

Feldmanns Fehltritte sind haarsträubend. Die Kampagne gegen ihn hat eine politische Agenda gegen linke Politik.

Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann Foto: Michael Schick/imago

I n Frankfurt am Main geht es derzeit nicht allein um die haarsträubenden Unzulänglichkeiten des Oberbürgermeisters, sondern auch um eine Richtungsentscheidung für die Stadt. Stimmen mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten für seine Abwahl, ist Peter Feldmann Geschichte.

Die Abwahlkampagne gegen ihn verdeckt allerdings die politische Agenda dahinter. CDU, FDP und ein größerer Teil der Frankfurter Gesellschaft habe sich nie damit abgefunden, dass ein linker Sozialdemokrat Oberbürgermeister der Stadt geworden sei, sagt die streitbare Ex-Grüne und Ökolinx-Stadtverordnete Jutta Ditfurth durchaus zu recht. Der Kampagne gelingt es, die politischen und wirtschaftlichen Interessen dahinter zu verschleiern.

Die Verlage der drei Frankfurter Tageszeitungen leisten dabei aktiv Schützenhilfe. „Frankfurter BürgerInnen“ inserieren ganzseitig in den Tageszeitungen: „Frankfurt wählt ab!“ Zunächst gibt sich kein Verantwortlicher zu erkennen. Bei der Wiederauflage der Anzeige erscheint immerhin der Name einer Privatperson. Dass der Mann Großinvestor der Immobilienbranche ist, die seit Jahren gegen die von Feldmanns SPD eingeleiteten Neuausrichtung der Wohnungs- und Planungspolitik Sturm läuft, erfahren die LeserInnen von FAZ, FR und FNP bestenfalls im Lokalteil. Der „Nachlass“ auf den sechsstelligen Anzeigenpreis bleibt Geschäftsgeheimnis.

Der Immobilienwirtschaft passt seit Feldmanns erstem Wahlsieg 2012 die ganze Richtung nicht. Im April hat die CDU-Opposition im Römer einmal mehr versucht, den „Baulandbeschluss“ zu kippen. Investoren werden damit zum Beispiel verpflichtet, einen bestimmten Anteil an Sozialwohnungen vorzusehen. Wegen steigender Zinsen, Inflation und Krisenfolgen müsse dieser Beschluss weg, argumentiert die CDU.

Noch hält die Mehrheit der Stadtverordneten stand. Die nächste Attacke kommt bestimmt, zumal wenn sich bei der Neuwahl ein CDU-Bewerber durchsetzen sollte. In allen drei Frankfurter Tageszeitungen bittet die CDU ganzseitig: „Geben wir unserer Stadt ihre Würde zurück! OB Feldmann abwählen!“ Die Partei erhält für dieses Inserat einen Megarabatt von fast 90 Prozent auf den Listenpreis.

Eigentlich hätte der Kreisvorsitzende Uwe Becker verantwortlich zeichnen müssen. Doch stattdessen steht da „V.i.S.d.P.R: CDU-Kreisverband“. Becker gilt als Kandidat für den OB-Posten. Die Frankfurter Verleger nehmen mit verdeckten Rabatten Partei und helfen, die politischen, persönlichen und geschäftlichen Motive zu verschleiern. Bei allen Fehltritten, die Feldmann sich geleistet hat, sind es politisch vor allem diese bedenklichen Vorgänge, die endlich öffentlich diskutiert werden müssen.

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Christoph Schmidt-Lunau
Autor
Von 2016 bis 2024 taz-Korrespondent für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. Davor u.a. Moderator, Reporter und CvD bei SWF3 sowie Programmdirektor von radioffn, 15 Jahre lang Landtagskorrespondent für den Hörfunk von hr und ARD, gleichzeitig Autor für den Tagesspiegel 1980 Dipl.Soz. und Wiss. Mitarbeiter Goethe Uni Frankfurt
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7 Kommentare

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  • 2G
    2422 (Profil gelöscht)

    Der Namen der Person des Investors wurde schon von der FAZ genannt - er heißt Michael Ballwanz: www.faz.net/aktuel...-auf-18413811.html

  • Also ehrlich, da jetzt dezidiert politische Agenda hinter der Abwahl zu sehen, halte ich für überzogen.



    Erst einmal war das für Peter Feldmann immer auch ein Deckmäntelchen. Er hatte ein paar soziale Punkte, damit konnte er punkten, aber vieles andere fiel hinten runter.



    Dass es ein größeren Bandbreite bedarf, um eine Stadt erfolgreih zu machen udn damit auch mehr Soziales zu ermöglichen, hat er links liegen gelassen. Rosinenpickerei war es eher als erfolgreiche Stadtpolitik.



    man kann Berliner Verhältnisse nicht auf Frankfurt übertragen. Die Jugendämter sind besser aufgestellt, die Sozialausgaben sind sehr hoch - mehr als 1 Milliarde.



    Dass man da auch auf die wirtschaftliche seite gucken muss bleibt da nicht aus.



    So viel macht hatte P. Feldmann auch nicht, selbst unter parteigenossen galt er eher als einer, der gerne repräsentierte als Dinge auf den Weg bringt.



    Es ist eine Überschätzung seiner Position, da in Frankfurt die einzelnen Dezernenten die Gestaltenden sind. Meine Vermutung ist eher, dass man ihn lange geduldet hat, weil man sein Ding machen konnte, wenn man ihn in Ruhe ließ.

  • Hier hat sich ein SPDler auf Kosten der Gesellschaft finanziell schwer bereichert und vermutlich durch Job- und Dienstwagen-Vetgabe an Unqualifizierte auch noch Sex erkauftt.



    Schuld an den indiviuellen Ferfehlungen hat aber die CDU.

  • Sehr lesenswert hierzu das Interview mit Jutta Ditfurth in der FR, Zitat:

    》Frau Ditfurth, ein breites Bündnis aus Grünen, CDU, SPD, FDP und Volt möchte den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann am Sonntag abwählen. Was sagen Sie dazu?

    Das Bündnis ist ja noch breiter. Auch die rechtsradikalen Parteien AfD und BFF unterstützen die Abwahlkampagne. Ich komme mit Peter Feldmann nicht gut klar, aber er ist 2018 mit 70,8 Prozent der Stimmen der Frankfurter:innen wiedergewählt worden.Er hatte im Juni seinen Rückzug zum Januar 2023 angeboten. Das wäre nach dem Gerichtsprozess gewesen und man hätte gewusst, ob die Vorwürfe gegen ihn gerichtsfest sind. In einem Rechtsstaat gibt es die Unschuldsvermutung. Trotzdem hat eine Mehrheit der 93 Stadtverordneten beschlossen, das Rücktrittsangebot nicht anzunehmen, sondern ihn abwählen zu lassen. Ich habe damals schon gesagt, dass diese Kampagne gehässig werden würde. Erst lief sie einige Wochen schleppend. Diese sechste Woche ist die Gülle-Woche. Jeder Dreck darf über ihm ausgekippt werden [...]《

    www.fr.de/politik/...n-zr-91889726.html

    • @ke1ner:

      70,8% der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 30,2%.



      Wahlbeteiligung bei der Abwahl gestern: 41,9% und davon 95,1% für Abwahl!

  • „Ich wollte ja eine Abtreibung“ sagt dieser Mann über seine 7jährige Tochter. Mehr muss man zu dieser pösen Kampagne eigentlich nicht wissen. Der Typ hat sie nicht mehr alle und die mafiösen Zustände beim Wohlfahrtsverband sind schockierend.

  • " Bei allen Fehltritten, die Feldmann sich geleistet hat, sind es politisch vor allem diese bedenklichen Vorgänge, die endlich öffentlich diskutiert werden müssen."...ok, das ist aber kein Argument gegen die Abwahlveknes korrupten und egozentrischen Bürgermeister.