FDP bei der Niedersachsen-Wahl: Dauerzustand Zittern
Am Sonntag wird in Niedersachsen gewählt. Bei den Liberalen ist unklar, ob sie den Wiedereinzug in den Landtag schaffen.
„Wir sind in schwierigen Zeiten“ erklärt Birkner in ruhigem Tonfall und spricht dann lieber über die Bundespolitik als über die eigene Landespolitik. Für die FDP sei es eine „Herausforderung“, die eigene Linie im Ampelbündnis mit SPD und Grünen herauszuarbeiten. Die Verantwortung für die schlechten Umfragewerte will er zwar nicht einfach auf die Bundespolitik schieben, aber er sehe im Landtagswahlkampf „dass es kaum um landespolitische Themen geht. Wir reden über die aktuellen Krisen.“ Dennoch ist er vage zuversichtlich. Birkners Ziel bleibt: Mitregieren.
Schmieren die Liberalen am Sonntag ab, dann reiht sich das in eine Serie von Niederlagen in diesem Jahr ein: Erst verpassten die Freien Demokraten den Einzug in den saarländischen Landtag, bei den Landtagswahlen in Schleswig Holstein und Nordrhein-Westfalen büßten sie ein und verloren die Regierungsbeteiligungen. Auch im Bund sind die Umfragewerte der FDP nicht allzu rosig.
FDP setzt auf Atomkraft
Stefan Birkner ist seit 2011 Landesvorsitzender der FDP, seit 2017 zudem Fraktionsvorsitzender im Landtag. Im jetzigen Wahlkampf setzt der 49-Jährige Jurist auf klassisch liberale Themen: Digitalisierung, Wirtschaft, weniger Steuern. Auf Plakaten mit Birkner steht zudem: „Atomkraft: Wer FDP wählt, wählt sichere Stromversorgung.“
Birkner fordert den Weiterbetrieb der drei Atomkraftwerke, inklusive des niedersächsischen AKWs Emsland – wohl wissend, dass das nicht auf Landesebene entschieden wird. Die FDP setzt damit aber bewusst einen Kontrapunkt zu den Grünen, die das partout nicht wollen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereitet derzeit den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim vor.
Birkner hat langjährige Erfahrung beim Thema Umwelt: Von 2008 bis 2012 war er Staatssekretär im niedersächsischen Umweltministerium, danach war er für rund ein Jahr Umweltminister. Und ein kleines Detail am Rande: Birkner ist Schwippschwager des grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck.
2021 wirkte Stefan Birkner am Koalitionsvertrag der Ampel im Bund mit und verhandelte den Bereich Umwelt- und Naturschutz. Auf Landesebene nach der Wahl 2017 lehnte er jedoch ein Ampelbündnis mit SPD und Grünen ab.
Normalerweise spielen bei Landtagswahlen lokale Themen eine große Rolle – das ist in diesem Jahr etwas anders. Energiesicherheit und Energiepreise bestimmen die Debatten. Das Ergebnis der Landtagswahlen in Niedersachsen ist deshalb nicht nur für die Landes-FDP relevant. Fahren die Liberalen erneut eine Niederlage ein, wird das wohl auch die künftige Rolle im Ampel-Bündnis beeinflussen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Aus dem Leben eines Flaschensammlers
„Sie nehmen mich wahr als Müll“