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Erstaunlich, dass die taz hinter die Aussage "Der NDR macht alles richtig" nicht ein großes Fragezeichen setzt, denn dem Medienjournalisten René Martens zufolge steht die Frage, ob der NDR nicht doch ein inhaltlich-journalistisches Problem in Kiel haben könnte, solange im Raum, bis die Berichterstattung des Hauses über einem langen Zeitraum ausgewertet wird. Dabei geht es auch um Themen, die der NDR weggedrückt haben könnte. Es ist Aufgabe des NDR, dies unabhängig prüfen zu lassen, zumal zurzeit sehr viel Geld für die Arbeit einer Anwaltskanzlei ausgegeben wird, die in diesem Bereich keine Kompetenz hat.
Der NDR-Prüfbericht hat kein Problem damit, dass der politische NDR-Reporter Böhnke CDU-Mitglied ist und eine Duz-Kultur mit wichtigen Politikern aller Parteien pflegt, sie sogar zu einer privaten Feier einlud. Auch bei anderen wichtigen NDR-Mitarbeitern in Kiel steht eine Parteimitgliedschaft im Raum, die der NDR der Transparenz halber nicht aufdeckt. Grund genug, dass die FAZ den Prüfbericht des NDR in Bezug auf einen politischen Filter in Kiel in Frage stellt.
"Dass der (…) inzwischen vom Tisch ist, mag einen freilich erstaunen. Denn gerade die fehlende Distanz zu Landesregierungen ist eine Spezialität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, das schlägt sich bei der Besetzung von Posten nieder und im Programm."
Mertens erwähnt, dass eine NDR-Journalistin Ministerpräsident Günther lustige Handy-Fotos schickte, ein Detail, dass nicht in dem NDR-Prüfbericht erwähnt wurde. Mertens verweist zudem auf die Kritik von NDR-Mitarbeitern, dass Verdachtsfälle politischer Einflussnahme im NDR-Prüfbericht nicht erwähnt sind.
Ein Blick in eine Dissertation zum Einfluss von Politik auf Journalismus beim ZDF wirft mehr als ein Fragezeichen in Bezug auf mögliche informelle, schwer zu beweisende politische Filter beim NDR auf.
Als alleinerziehende Mutter ist unsere Autorin auf die Tafel angewiesen. Doch sie geht dort nicht mehr hin, weil sie sich gedemütigt fühlt.
Aufarbeitung nach Skandal: Der NDR macht alles richtig
Nach Medienberichten über einen politischen Filter und ein mieses Arbeitsklima im Kieler Funkhaus nimmt sich der Sender des Problems vorbildlich an.
Im Landesfunkhaus in Kiel soll ein Klimawandel eingeleitet werden Foto: Axel Heimken / dpa
Der NDR macht alles richtig. Ja, genau, einer dieser als fett und faul geltenden öffentlich rechtlichen Sender, bringt fertig, wovon Mitarbeiter:innen anderer Medien nicht einmal träumen: Er stellt sich Vorwürfen, arbeitet Versäumnisse gründlich und transparent auf und versetzt die Richtigen.
Nicht von Anfang an. Als Springers Onlinemagazin Business Insider Ende August das erste Mal berichten wollte, dass leitende Redakteur:innen im Landesfunkhaus Schleswig-Holstein der Berichterstattung einen „politischen Filter“ zugunsten der Regierung auferlegen, wiegelte die Pressestelle des NDR ab. Der Konflikt zwischen einem Autor und der Redaktionsleitung über ein nicht geführtes Interview sei beigelegt. Dabei hatte ein geleakter interner Bericht nahegelegt, dass etwas im Argen liegen musste in der Politikredaktion in Kiel.
Was, können alle, die es wissen wollen, auf der Website des Senders nachlesen. Dort steht seit Dienstag ein weiterer Bericht, von zwei NDR-Redakteuren angefertigt, die seit dem 6. September mit 66 Mitarbeiter:innen über bestimmte Vorfälle und das Betriebsklima gesprochen hatten. Die beiden Prüfer entlasten ihre Kolleg:innen zwar wenig überraschend vom Vorwurf einer zu CDU-nahen Berichterstattung. Das soll aber ohnehin die Unternehmensberatung Deloitte im Auftrag des Landesrundfunkrats untersuchen.
Aber in anderen entscheidenden Punkten sind sie schonungslos. Das betrifft vor allem die Leiterin der Politikredaktion, Julia Stein, und ihren Vorgesetzten, den Leiter der Fernsehsparte, Norbert Lorentzen. Im Bericht steht, wie sie im Alleingang entschieden, was gesendet wurde und oft genug auch wie. Das Vertrauensverhältnis der Redaktion zu Julia Stein wird als gestört beschrieben, Norbert Lorentzen als jemand, vor dessen schneidender Kritik Mitarbeiter:innen Angst haben.
Beide müssen jetzt ihren Posten räumen, das hatte Landesfunkhaus-Direktor Volker Thormählen am Mittwoch mitgeteilt und eingeräumt, er hätte früher aktiv werden müssen. Er selbst bleibt allerdings. Dafür soll ein Team unter Leitung des Theologen und Managers Stephan Reimers einen Kulturwandel im gesamten Sender einleiten.
Wenn das gelingt, ist der NDR weiter als andere Redaktionen, in denen es genau solche hierarchischen Strukturen, ein nicht wertschätzendes Arbeitsklima und Abhängigkeitsverhältnisse freier Mitarbeiter:innen gibt. Und nicht nur in Kiel und bei öffentlich-rechtlichen Sendern arbeiten Journalist:innen, deren Ego davon abhängt, mit möglichst vielen einflussreichen Politiker:innen per Du zu sein.
Auch wenn die Messlatte für öffentlich-rechtliche gebührenfinanzierte Sender besonders hoch liegt: Das heißt nicht, dass sich privatrechtliche Medienunternehmen darunter wegducken dürfen. Eine Fehlerkultur, wie sie jetzt der NDR in Kiel betreibt, stünde allen gut zu Gesicht. Der hausinterne Bericht zeigt auch Fehler in der Berichterstattung über den NDR-„Skandal“ auf. Am Ende bleibt die Frage, ob es bei einigen Medien einen politischen Filter gegen die Öffentlich-Rechtlichen gibt.
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Kommentar von
Eiken Bruhn
Redakteurin
Seit 2003 bei der taz als Redakteurin. Themenschwerpunkte: Soziales, Gender, Gesundheit. M.A. Kulturwissenschaft (Univ. Bremen), MSc Women's Studies (Univ. of Bristol); Alumna Heinrich-Böll-Stiftung; Ausbildung an der Evangelischen Journalistenschule in Berlin; Lehrbeauftragte an der Univ. Bremen; in Weiterbildung zur systemischen Beraterin.
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