portrait: Ein Major mit Gewissen erster Klasse
Major Florian Pfaff hat gestern wie ein Soldat reagiert, dem gerade ein Orden verliehen worden ist. Er strahlte: „Das war ein Freispruch erster Klasse!“ Ganz besonders muss es ihn gefreut haben, dass das Bundesverwaltungsgericht sein Urteil damit begründete, dass er nicht gegen die Gehorsamspflicht verstoßen habe, als er sich im April 2003 weigerte, die Computer-Software mit zu entwickeln, die logistisch auch für eine Beteiligung der Bundeswehr am Irakkrieg hätte eingesetzt werden können.
Pfaff ist 1976 Berufssoldat geworden, weil er felsenfest davon überzeugt war, dass die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee sei, „niemals“ aber an völkerrechtswidrigen Angriffskriegen teilnehmen werde. Akribisch hatte der Computerfachmann und Freizeitpilot sich und sein Gewissen geprüft, ehe er seinen Vorgesetzten mitteilte, dass er sich nicht im Stande sehe, ihren Befehlen zu folgen. Er sei nicht Berufsoffizier geworden, weil er jemanden „umbringen wolle“, sondern um „Recht und Freiheit zu verteidigen“, lautete seine Begründung.
Schikanen hielt er stand, ließ sich nicht von seinen Argumenten abbringen. Als Zeichen seiner Überzeugung trug er zeitweilig eine weiße Rose am Revers seiner Uniform. Das wurde ihm untersagt. Der Konflikt setzte dem heute 49-Jährigen zu, die psychiatrische Untersuchung empörte ihn, aber Aufgeben war seine Sache nicht. Er habe, sagte er, dafür durchaus Tugenden gebraucht, die er in der Armee gelernt habe: „Nervenstärke, Mut, Ehrlichkeit!“ Das Bundesverwaltungsgericht würdigte „die Ernsthaftigkeit seiner Gewissensentscheidung“.
Pfaff, in Zivil eher unauffällig, freundlich und verbindlich, ist kein sturer Querkopf. Dass er die Degradierung zum Hauptmann nicht hinnehmen wollte, entspricht seinem Naturell: „Ich habe einen Sinn für formale Logik!“ Wenn die indirekte Beteiligung der Bundeswehr am Irakkrieg Unrecht sei, dann habe er das Recht zur Befehlsverweigerung, und die disziplinarischen Maßnahmen gegen ihn seien nicht gerechtfertigt. Wenn er es nicht habe, seien die Maßnahmen halbherzig, und er hätte aus der Bundeswehr entlassen werden müssen. Ihn zu behalten, weil er im Grunde „ein guter Soldat“ sei, reichte ihm als Argument des Truppendienstgerichts nicht aus. Hätte das Bundesverwaltungsgericht nicht zu seinen Gunsten entschieden, wäre er auch noch vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, hatte Pfaff im Vorfeld angekündigt. Der Major will bei der Bundeswehr bleiben. Er ist gläubiger Katholik und nicht unversöhnlich. Durch seine Versetzung in eine andere Dienststelle habe sich außerdem „die Lage sehr entspannt“. HEIDE PLATEN
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