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Parlamentswahl in SchwedenDer missglückte Flirt

Reinhard Wolff
Kommentar von Reinhard Wolff

Im Vorfeld der Wahlen haben sich die konservativen Parteien den Rechten zu stark angenähert. Einzig echte Wahlgewinner sind nun die Schwedendemokraten.

Schwedendemokraten feiern ihren Sieg Foto: TTNews Agency via reuters

S ollte man nicht versuchen, die Rechtspopulisten zu „neutralisieren“, indem man ein wenig wird wie sie? Wie die Parlamentswahl in Schweden beweist, geht dieses Rezept eben nicht auf. Nach dem vorläufigen Ergebnis, das zunächst die amtierenden Sozialdemokraten vorne gesehen hat, sieht es jetzt nach einem Regierungswechsel aus. Das aus vier Parteien bestehende konservative Lager liegt vorne. Wirklich profitiert aber haben nur die rechtspopulistischen Schwedendemokraten.

Der offene Flirt von Konservativen, Christdemokraten und Rechtsliberalen mit den Schwedendemokraten hatte vor allem einen Effekt: Die WählerInnen der Schwedendemokraten sahen sich bekräftigt, dass ihre Lieblingspartei die ganze Zeit schon recht hatte und die anderen Parteien das nun auch endlich eingesehen haben. Und wer unter den AnhängerInnen von Konservativen, Christdemokraten und Sozialdemokraten schon früher nach dieser Partei geschielt, aber noch gezögert hatte, ihnen seine Stimme zu geben, wählte nun doch gleich das Original – wie der massive Stimmverlust aller drei Parteien zeigte.

Wer sich beim Thema Law-and-order und Migration mit einer rassistischen, demokratiefeindlichen und illiberalen Partei auf einen Wettbewerb einlässt, hat nicht nur von vorneherein verloren. Er trägt auch dazu bei, dass diese ihrerseits ihre Grenzen immer weiter verschiebt. Man will ja schließlich sein Monopol behalten, wenn die Konkurrenz stetig näher rückt. Das gesamte politische Spektrum wandert so mehr und mehr nach rechts.

Vielleicht ist es unvermeidlich, dass es in einer Gesellschaft mit ständig wachsender sozialer Ungleichheit – die ja kein Naturgesetz, sondern Resultat bewusster politischer Entscheidungen ist – ausreichend Nährboden für eine rechtspopulistische Partei gibt, die in der Migration den Kern allen Übels sehen will. Der große Fehler ist jedenfalls die Annahme, deren Attraktion werde geringer, wenn man ihre Sichtweisen und Rezepte bestätigt.

Für den erneuten Stimmenzuwachs der Schwedendemokraten kann sich Jimmie Åkesson in erster Linie bei Schwedens Oppositionsführer Ulf Kristersson bedanken, der ihn als Steigbügel benutzen wollte, um selbst an die Macht zu kommen. In Wirklichkeit hat er dem Projekt dieser Partei für eine „nationalistische Kulturrevolution“ auf den Spuren eines Viktor Orbán nun weiter nach vorne verholfen. Rechtsaußenparteien gewinnen nie die Macht aus eigener Kraft. Dazu bedürfen sie immer der Hilfe anderer.

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Reinhard Wolff
Auslandskorrespondent Skandinavien und das Baltikum
Lebt in Schweden, schreibt seit 1985 für die taz.
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7 Kommentare

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  • 'tschuldigung. Noch zwei Bemerkungen. Wie viel Maulschellen bedarf es noch. Natürlich brennt das Wahlergebnis auf der Wange. Erst Polen, Ungarn und noch jetzt Italien. Und nicht zu letzt auch Frankreich. Man versucht den Schmerz zu verdrängen. Adorno, vielleicht aus Verzweiflung, schrieb am Ende von Dialektik der Aufklärung einen kleinen Aufsatz über die Genese der Dummheit. Leider wird dieser Aufsatz von den Protagonisten, trotz brennender Maulschelle, nicht gelesen. Den meisten ist dieser Aufsatz auch unbekannt.

  • Die Lernfähigkeit von Konservativen ist halt begrenzt, üblicherweise verlassen sie sich auf Ihre Instinkte. Das das Rezept der Übernahme rechter Positionen nicht funktioniert, wurde schon dutzende Male bewiesen. Nur stört das - länderübergreifend - die Konservativen eben nicht

  • Man kann es aber auch nicht ganz auf einen Kampf der Sozialdemokraten gegen die Rechten reduzieren, in dem die politischen Inhalte beliebig verschiebbar wären. Am Ende muss es auch zu den Menschen, und da Schweden nicht isoliert ist, zu Europa und zur Welt passen. Das macht es im Detail so unübersichtlich (a) was die Ziele sind und (b) welche konkreten Maßnahmen auf die Ziele hinführen und welche eher weg davon. Wenn man es darauf reduziert, was den Rechten nützt, wird es übersichtlicher, ist aber eben auch eingeengt.

  • Wenn man nur über Probleme Wahlkampf führt und nicht über Lösungen,

  • Das Rezept ist schon aufgegangen. Das Problem mit Bandenkriegen und Migrantischen Problemvierteln wird in der Gesellschaft breit diskutiert. Sämtliche Parteien thematisieren die Asylpolitik, meist zum Nachteil künftiger Asylsuchender, Abschiebungen finden vermehrt Zustimmung. Man kann natürlich, wenn der Kelch gerade noch einmal vorbeigegangen ist, weiterhin von Sieg sprechen, bis zu den Koalitionsverhandlungen. Die werden dann zu Lasten der Migranten gehen.

  • "Rechtsaußenparteien gewinnen nie die Macht aus eigener Kraft. Dazu bedürfen sie immer der Hilfe anderer."



    Die Hilfe besteht u.a.in einer Zuwanderungs-/Integrationspolitik ,die zwar einerseits sehr offen war bzw.ist,andererseits aber auch viele Probleme der Zuwanderung ignoriert hat. Bspw. die Bildung von Ghettos mit 80,90, sogar 100% Anteil "nicht ethnischer" Schweden, mangelnde Integrierung, Arbeitslosigkeit, Kriminalität,...



    Dazu gibt es einen Taz -Artikel:taz.de/Journalist-...Schweden/!5880871/



    Wenn man die Erwähnung dieser Probleme mit dem Rassismuslabel versieht und größtenteils ignoriert,dann gibt es eben auch irgendwann die entsprechende Reaktion. Da sind die die Schweden auch nicht anders als andere Völker.

  • Kommt irgendwie bekannt vor.



    Heiliger Theodor!