Protokolle von Klimaktivist:innen: „Wir geben nie auf“
In Brasilien ist die Zerstörung direkt sichtbar. In Namibia wird es für die Aktivist:innen gefährlich. Berichte von Klimastreikenden in der Welt.
Gegen die Zerstörung in Brasilien
Ich werde am globalen Klimastreik teilnehmen, weil ich andere Klimaaktivist*innen aus der ganzen Welt kennenlernen will. Es ist wichtig, sich zu vernetzen und gemeinsam gegen die Krise vorzugehen. Ja, der Klimakollaps ist die größte Herausforderung für unsere Gesellschaft, und ja, wir müssen etwas dagegen tun!
Dafür setze ich mich ein. Hier in Brasilien haben wir vier Jahre der Zerstörung hinter uns. Jair Bolsonaro, unser Präsident, schützt das Klima nicht und er schützt auch die Menschen nicht ausreichend. Deshalb geht es jetzt um Gewalt, Abholzung und die Auslöschung unserer Existenzgrundlagen. Das Verhalten vieler politisch Verantwortlichen bringt derzeit die ganze Welt in Gefahr.
Aber wir geben niemals auf: Wenn manche versuchen, ganze Ökosysteme wie den Amazonas-Regenwald in unserem Land zu zerstören, dann werden wir auf die Straße gehen. Wenn sie versuchen den Cerrado, also unsere tropischen Savannen, zu vernichten und Leute zu vertreiben, die unbequem sind, dann werden wir uns wehren. Sie werden uns nie unseren Spirit nehmen können. Ich bin sicher: Wir werden einen Weg aus der Krise finden.
Paloma Costa, Brasilien
Gefährliche Arbeit in Namibia
Die Klimakrise hat im Jahr 2022 riesige Ausmaße angenommen. Millionen Menschen weltweit sind obdachlos geworden. Am 23. September wird Fridays For Future Windhoek dennoch nicht am Klimastreik auf der Straße teilnehmen. Aber es wird eine Veranstaltung von Jugendlichen zum Thema Klimawandel Begrenzen und zu „Loss and Damage“, also zu Schäden und Verlusten durch extreme Wetterereignisse geben. Der Workshop wird in Windhoek stattfinden.
Unsere Kampagne, das Okavangodelta zu retten, ist politisch geworden – und für uns auch gefährlich. Das größte Naturschutzgebiet der Welt ist von Gas- und Ölbohrungen bedroht. Auch für die Menschen vor Ort ist der Schutz des Okavango schwieriger geworden, weil fossile Brennstoffe für Europa und Afrika derzeit so wichtig geworden sind. Beim Kampf für das Klima sollte man das Hauptaugenmerk auf die fossile Ölindustrie legen. Wir teilen uns einen Planeten. Deshalb haben wir nur ein CO2-Budget, für das wir uns einsetzen müssen. Dafür sollten wir unsere Kräfte bündeln. Das kann schon mit so etwas Simplem wie einen Baum pflanzen und ihn pflegen anfangen.
Ina-Maria Shikongo, Namibia
Suche nach Mitstreiter:innen in Kenia
Es ist an der Zeit, Menschen vor Profite zu stellen. Deswegen werde ich ein Teil des globalen Klimastreiks sein. Unser Aktivismus zeigt sich in Form friedlicher Proteste und in einer Social-Media-Kampagne.
Wir versuchen, die Aufmerksamkeit auf das Klimathema zu lenken, aber das ist in Kenia nicht einfach. Gerade junge Menschen sind hier wenig an politischen Entscheidungen beteiligt. Wir brauchen Unterstützung und keine Gegner. Manchmal bekommen wir die Möglichkeit, Ratschläge zu geben. Über diese Ebene hinauszuwachsen ist allerdings schwer.
Was wir brauchen, sind echte Mitwirkungsmöglichkeiten und mehr Engagement gegen die Krise. Wichtig wäre, dass auch Kinder mehr Bewusstsein für das Klima bekommen. Außerdem brauchen wir mehr Vernetzung im Land und mehr Investitionen für den Klimaschutz.
Abgesehen von den großen Klimagipfeln sehen wir wenig politischen Willen. Doch genau den bräuchten wir, um den Klimaschutz zu fördern. Viele Politiker betrachten die Erderhitzung eher als Zukunftsproblem. Bis jetzt sind es nur die NGOs und Einzelne, die sich für das Klima einsetzen. Das wollen wir ändern.
Winnie Cheche, Kenia
Baumbesetzung in Deutschland
Um das Klima zu schützen, bin ich gerade in autonomen Strukturen unterwegs und dabei eher ortsbezogen. Das heißt, ich besetze einen Baum, um einen Wald zu schützen, oder ich campe im Berliner Invalidenpark für die Verkehrswende, anstatt bei einer Gruppe Mitglied zu sein. Diese unterschiedlichen Aktionsformen zu akzeptieren, ist eine große Herausforderung für unsere Bewegung. Wir wollen bildungsfernere Menschen erreichen. Wir brauchen mehr Solidarität untereinander und wir müssen Spaltungsdynamiken aufheben. Denn es ist „One struggle, one fight“. Eigentlich komme ich aus dem Ammerland. Dort haben wir auch schon gegen den Bau einer Autobahn demonstriert.
Von der Politik höre ich hauptsächlich Lippenbekenntnisse: Sie reden nur viel davon, das Klima zu schützen. Gleichzeitig ist zum Beispiel das Sofortprogramm des Verkehrsministeriums ein absoluter Witz. Ich bin für ein Tempolimit, Das Verschleudern von Energie sollte endlich aufhören. Wo ist der Drive des Koalitionsvertrags geblieben? Im Gegensatz zu anderen Ländern stehen wir schließlich verdammt gut da. Wir sind ein reiches Land – und sollten Vorreiter sein.
Yuno, Deutschland
Der tägliche Kampf in Kolumbien
Die Klimakrise ist eigentlich eine Kolonialkrise der Länder des Nordens. Diese haben sich vor mehr als fünf Jahrhunderten daran gewöhnt, die Länder des Globalen Südens und ihre Bewohner auszubeuten und zu berauben, um ihr „normales“ Leben im Norden beibehalten zu können.
Für mich gibt es nicht einen Tag des Klimastreiks. Wir Völker des Südens mobilisieren, kämpfen und widerstehen seit Generationen permanent gegen dieses lebensfeindliche System, das vergeblich versucht hat, uns auszurotten.
Die Klimakrise ist die größte Bedrohung, der wir als menschliche Zivilisation jemals ausgesetzt waren. Aber damit ist sie auch ein unwiderlegbarer Beweis für das Scheitern des modernen europäischen Gesellschaftsmodells. Deshalb ist es jetzt notwendig, die Welt mit anderen Augen zu sehen und sie aus anderen Perspektiven zu verstehen. Es ist also Zeit, den anderen zuzuhören, denjenigen, die in der Vergangenheit durch die europäische Arroganz kleingeredet wurden – und die heute vielleicht den Schlüssel zur Rettung der Welt in der Hand halten.
Juan Pablo Gutierrez, Kolumbien
Forderungen an die G20 in Indonesien
Fridays For Future Indonesia wird zusammen mit Extinction Rebellion am Freitag am globalen Klimastreik teilnehmen. Wir werden in verschiedenen Städten Indonesiens demonstrieren. Die akutesten Probleme und Themen dieses Jahr sind: Energiewende, Menschenrechtsverletzungen, die nächste Klimakonferenz COP 27 in Ägypten und auch der G20-Gipfel auf Bali im November.
In diesem Jahr wird dort unser Land Gastgeberin der G20 sein. Wenn es nach uns ginge, würde das Motto dort lauten: „G20, beeilt euch, die Menschen sterben!“ Zurzeit werden viele indonesische Klimaaktivisten von der Polizei unterdrückt. Dabei versuchen sie nur, die Natur und ihre Umwelt zu schützen.
Der Benzinpreis im Land steigt aktuell. Das Problem ist, dass unsere Regierung nur den staatlich regulierten Preis erhöht, aber kaum Alternativen anbietet. Bis jetzt hat sie nicht einmal einen Klimanotstand ausgerufen. Die Politik ist korrupt und dauernd mit sich selbst beschäftigt. Sie haben das Problem nicht erkannt. Das lastet schwer auf uns Bürgerinnen und Bürgern Indonesiens.
Daffa Praditya, Indonesien
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