Basketball-EM: Der Franz aus der NBA
Er spielt für die Orlando Magic und kassiert 5 Millionen Dollar. Aber auf dem Platz ist Franz Wagner aus Berlin-Prenzlauer Berg immer noch ein Junge.
In einem EM-Werbetrailer, der in Dauerschleife beim übertragenden Streamingdienst Magenta Sport läuft, sagt Franz Wagner, er habe „richtig krass Bock“ auf dieses Turnier. Er schaut drein wie ein 12-Jähriger, der die ersehnte Spielekonsole unterm Weihnachtsbaum erspäht, dabei sollte der in Berlin-Prenzlauer Berg geborene und mittlerweile in Florida gelandete Korbjäger trotz seiner erst 21 Jahre abgeklärt sein. Aber man spürt, dass Wagner, 2,08 Meter groß, drei Dinge zum kleinen Glück reichen: ein orangefarbener Ball, ein Korb und ein paar Mitspieler, die ähnlich drauf sind wie er.
Derzeit passt es ganz gut, denn das Team des Deutschen Basketball-Bundes (DBB) hat alle drei Vorrundenspiele gegen Frankreich, Bosnien und Litauen gewonnen und steht nun in der K.-o.-Runde, die in Berlin ausgetragen wird; das DBB-Team spielt am Samstag um 18 Uhr in der Arena am Ostbahnhof das erste Entscheidungsspiel.
Die „Teamchemie“ wird als gut gepriesen, und wenn einem die langen Schlakse in der Mixed Zone gegenüberstehen, sieht man ausgeglichene Typen, die selbst auf eine bescheuerte Frage freundlich antworten. Niemand wird patzig, ist genervt oder rennt an den Journalisten vorbei, wie das in der Fußballbranche durchaus üblich ist. Auch ein kommender NBA-Star wie Franz Wagner, der bei den Orlando Magic über 5 Millionen Dollar pro Jahr verdient und in der abgelaufenen Saison einer der besten Rookies, also Neueinsteiger war, hat keine Allüren.
Beste Wurfausbeute aller deutscher Spieler
Wagner hat erst acht Länderspiele gemacht, am Sonntag 32 Punkte gegen Litauen, dessen Team sich erst in der zweiten Verlängerung geschlagen gab. Über 30 Punkte, das ist ein Niveau, das zuletzt nur Dirk Nowitzki und Dennis Schröder erreicht haben. Im Durchschnitt hat Wagner bei dieser Eurobasket 19,3 Punkte erzielt, es ist die beste Wurfausbeute aller deutschen Spieler.
Mit acht Pünktchen hat er vorsichtig gegen die Franzosen begonnen, dezent mannschaftsdienlich gespielt, sich dann gegen Bosnien auf 18 gesteigert, um gegen die Litauer aufzutrumpfen. Seine Dreierquote liegt nach drei Partien bei exzellenten 50 Prozent, die Zweierquote bei 57, und von der Freiwurflinie sind alle acht Würfe reingegangen: 100 Prozent.
Dennis Schröder
Wagner, Flügelspieler, kann eigentlich alles auf einem Basketballplatz: Dreier versenken, zum Korb ziehen, blocken, den Ball nach vorne tragen, aus der Mitteldistanz werfen. Seine Ausbildung bei Alba Berlin ist mehr als solide. Er hat sie verfeinert auf dem College in Michigan, das auch sein derzeit verletzter Bruder Moritz, der in Köln brav von der Seitenlinie aus anfeuert, besuchte. Die beiden haben das Glück, im selben Team zu spielen: in Orlando.
Sie wohnen auch gemeinsam in einer WG. Franz Wagner steht bei den Magic regelmäßig in der Starting Five und liefert verlässlich ab, sein Bruder, der mit den Los Angeles Lakers, Washington Wizards und Boston Celtics schon ein paar Stationen in der NBA hinter sich hat, kommt von der Bank herein und spielt ganz gut. Der Ältere ist emotionaler, hitziger. Franz Wagner wirkt ruhig und bedacht, nichtsdestotrotz ist dieses innere Glühen zu spüren, das bei Veteranen nach Jahren des Abnutzungskampfes oftmals erloschen ist.
In der Tat: Franz Wagner hat Bock auf Basketball – und man sieht es. Von seinen Teamkollegen bekommt er mittlerweile Komplimente, die ihm, hörte er sie direkt, peinlich wären. „Das wird, wenn er so weitermacht, ein sehr, sehr Großer“, sagt Dennis Schröder, der aber auch seine Ansprüche an den formstarken Wagner hat: „So eine Performance brauchen wir im Grunde in jedem Spiel von ihm.“ Maodo Lo sagt: „Der ist unglaublich, und das mit 21.“ Wagner selbst erklärt seine Leistung gegen Litauen so: Man spiele am besten, wenn man seinen Instinkten folgt, „nicht zu viel nachdenkt und einfach Spaß hat“. Am Dienstag geht der Instinktbasketballer auf eine neue Mission, gegen Slowenien (20.30 Uhr, Magenta Sport).
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