Ampel-Koalition ringt um Entlastungen: Wo bleibt die Bazooka?
Es rollt eine heftige Krise auf uns zu – möglicherweise heftiger als 2008. Es fehlt von der Regierung ein Zeichen, dass sie das verstanden hat.
D ie Löhne sind 2022 real wegen der Inflation um 3,6 Prozent gesunken. Die richtig heftigen Preiserhöhungen für Gas und Strom kommen aber erst noch. Die Lage kann für viele in Deutschland im Winter ernst werden. Tut die Ampel genug?
Ja, der Staat kann nicht alle Härten, die diese Krise mit sich bringt, kompensieren. Doch dieser Satz verstellt den Blick auf das, was droht. In den nächsten Monaten rollt eine Krise auf uns zu, die heftiger werden kann als die Finanzkrise 2008. Nicht für Gutverdiener, aber für die untere Hälfte der Gesellschaft.
Eine mit Gas heizende vierköpfige Familie, das hat ein Institut ausgerechnet, wird jeden Monat 264 Euro mehr für Gas ausgeben müssen. Und da sind die Effekte der Entlastungspakete der Ampel schon mit eingerechnet. Je geringer das Einkommen ist, desto dramatischer sind die Auswirkung der steigenden Energiepreise.
Die SPD will jetzt ein bisschen Geld für RentnerInnen und Studis, vielleicht einen Gas- und Strompreisdeckel. Wenn es schlecht läuft, wird es einen zähen Kampf in der Ampel um das Kleingedruckte geben. Wenn es besser läuft, kommt eine rasche Einigung. Aber beides wäre zu wenig. Die Ampelkoalition hat noch nicht begriffen, was fehlt: ein Zeichen, das deutlich macht, dass man verstanden hat. So wie die Bazooka-Metapher, mit der Scholz als Finanzminister klarmachte, dass man viel tun wird, um die Belastungen wegen Corona aufzufangen.
Zwei Maßnahmen drängen sich jetzt auf: eine Übergewinnsteuer, gegen die sich die FDP sperrt. Dabei hat eine Übergewinnsteuer nichts mit Umverteilung zu tun. Sie ist ein Mittel, um eine Marktverzerrung zu korrigieren. Zudem wäre sie, anders als höhere Steuern, ja zeitlich begrenzt. Und sie trifft nur gezielt einzelne Unternehmen und noch nicht mal wie eine einmalige Vermögensabgabe die Superreichen.
Zudem spricht viel für ein Energiegeld von 100 Euro pro Kopf im Monat für alle mittleren und geringen Einkommen. Das wäre unbürokratisch machbar und ein Zeichen, das alle verstehen. Und es hilft allen, die kaum Rücklagen haben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen