piwik no script img

Sozialwohnungen für Hamburg-BlankeneseKrieg den Palästen

Die An­woh­ne­r*in­nen­pro­tes­te gegen eine Flüchtlingsunterkunft in Blankenese erregten 2016 Aufsehen. Nun werden dort Sozialwohnungen gebaut. Gut so.

Villenfeeling für alle: In Blankenese entstehen Sozialwohnungen für Geflüchtete und Obdachlose Foto: dpa / Christian Charisius

E in Gefühl der Genugtuung lässt sich bei dem Vorhaben kaum unterdrücken: Statt der vorgesehenen Aufforstung im Björnsonweg im Hamburger Stadtteil Blankenese sollen dort nach Abbau einer Geflüchtetenunterkunft dauerhaft Sozialwohnungen für Obdachlose und Geflüchtete entstehen.

Zu verdanken ist das einem Anwohner, der vermutlich Gegenteiliges im Sinn gehabt hat. Im Jahr 2017 ging er gerichtlich gegen die damals geplante Geflüchtetenunterkunft vor. Das Ergebnis: Die Unterkunft durfte gebaut werden, musste jedoch nach spätestens sieben Jahren wieder abgebaut und das Grundstück aufgeforstet werden. Diese sieben Jahre sind im April 2023 vorbei – doch die Stadt plant nun Sozialwohnungen.

Möglich macht das ein Passus im Gerichtsurteil: Die Verpflichtung zur Aufforstung des Standortes entfällt, wenn die Stadt Hamburg „gegenläufige bauleitplanerische Festsetzungen trifft“, wie es auf der Seite des Bezirksamts Altona heißt – also andere Gebäude plant. Die vorgesehene Grünfläche soll an anderer Stelle kompensiert werden. Veröffentlicht wurden die Ideen bereits Anfang 2021, nun hat das Bezirksamt den konkreten Bebauungsplan vorgelegt, der ab kommender Woche im Bezirksamt Altona ausgelegt wird.

Die Proteste der An­woh­ne­r*in­nen in Blankenese erregten 2016 und 2017 bundesweit Aufmerksamkeit. Der Stadtteil ist ein Symbol für das betuchte Hamburger Bürgertum und dort bleibt man gern unter sich: Die An­woh­ne­r*in­nen protestierten gegen die Fällung der Bäume auf dem Grundstück– selbstverständlich allein aus Gründen des Naturschutzes. Sie schickten ihre Anwälte und schreckten auch nicht davor zurück, die Baustelle für die Unterkunft mit ihren Autos zu blockieren.

Die An­woh­ne­r*in­nen schickten ihre Anwälte und schreckten nicht davor zurück, die Baustelle mit ihren Autos zu blockieren

Nach dem anfänglichen Streit scheint sich die Stimmung gewandelt zu haben. Die Unterbringungen sei „mit einem Klima der guten Integration verbunden“, sagt die Altonaer Bezirksamtsleiterin Stefanie von Berg (Grüne). Deshalb habe sich das Bezirksamt dafür entschieden, eine rechtssichere und dauerhafte Wohnmöglichkeit zu schaffen – und dabei den sozialen Wohnungsbau in Hamburg zu fördern.

Ganz umsonst war die Klage des Anwohners indes nicht: Die neuen Gebäude sollen die bereits für die Unterkunft versiegelten Flächen nicht überschreiten. Drei neue Gebäude mit insgesamt 38 Wohnungen sowie ein privater Spielplatz sollen hier entstehen.

Wann die neuen Gebäude stehen sollen, ist noch nicht abzusehen. Laut dem Sprecher des Altonaer Bezirksamtes, Mike Schlink, hängt das auch davon ab, wie sehr sich die An­woh­ne­r*in­nen beschweren. Um „die nachbarlichen Belange weiterhin zu berücksichtigen“, kündigt das Bezirksamt auf seiner Homepage schon jetzt an, die Neubauten den umliegenden Gebäuden optisch anzupassen – Villenfeeling für alle!

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es wäre gut, wenn in diesen 'Edel'-Gegenden öfter Sozialwohnungen gebaut werden, damit sich keine sozialen Brennpunkte entwickeln, damit Kitas und Schulen durchmischt sind.



    Und nicht alle Leute dort sind arrogant und aggresiv auf ihre Rechte fokusiert, aber die Politik muss dort schon stärker steuern. Die Flüchtlingsunterkunft in Harvestehude funktioniert inzwischen auch sehr gut. Auch das geht besser, als einiger der dortigen Anwohner dachten. Vielleicht brauchen diese Gesellschaftsschichten dort öfters Nachhilfe in Sachen Integration und Zusammenleben.

  • Wir reden über ein Naturschutzgebiet, das zerstört wurde. Das ist aber typisch Hamburg, alles zu betonieren und sich als grün bezeichnen. Im Zweifel bleibt kein Baum stehen. Es wird Zeit für einen Nordstaat, damit diese dämliche Landesgrenze Hamburg weg kommt..dann kann auch auf 'Acker' rund um Hamburg gebaut werden und keine Naturschutzgebiete innerhalb der Stadt zerstört werden...