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RBB-Intendantin Patricia SchlesingerRichtig beschämende Berufsausübung

Rund um den Rücktritt der RBB-Intendantin Patricia Schlesinger reißen die Vorwürfe nicht ab. Der RBB will lückenlos aufklären.

Die 13. Etage ließ sich die Intendantin teuer aus­bauen Foto: K-H Spremberg/imago

Was sind die Vorwürfe gegen Patricia Schlesinger?

Die RBB-Intendatin Patricia Schlesinger steht schon seit Ende Juni in der Kritik: Da hatte das vom Axel Springer Verlag betriebene Portal Business Insider über einen lukrativen Beratervertrag zwischen der Messe Berlin und Schlesingers Ehemann Gerhard Spörl berichtet. Der RBB-Verwaltungsratsvorsitzende Wolf ist gleichzeitig auch Messe-Aufsichtsratschef und soll den Auftrag initiiert haben.

In den darauf folgenden Wochen wurden dann immer mehr Vorwürfe gegen Schlesinger laut. Etwa eine Erhöhung von Schlesingers Gehalt um 16 Prozent auf gut 300.000 Euro sowie ein teurer Dienstwagen, der auch privat genutzt wurde. Außerdem berichtete die Bild, dass 650.000 Euro für einen Umbau der Chefetage im RBB ausgegeben worden seien, in der Schlesinger residiert. Das Geld soll unter anderem für teure Möbel ausgegeben worden sein.

Zusätzlich soll Schlesinger illustre Gäste in ihrer Privatwohnung empfangen und die Kosten für Viergängemenü, Champagner und teuren Wein dem RBB berechnet haben. Berlins Polizeichefin Barbara Slowik, die unter den Eingeladenen war, wusste allerdings nach eigenen Angaben nicht, dass das private Treffen einen beruflichen Hintergrund hatte.

Wer ist Patricia Schlesinger überhaupt?

Patricia Schlesinger war seit Juli 2016 RBB-Intendantin. Damals wollte sie vor allem das Fernsehprogramm des RBB, das nach wie vor die schlechteste Quote aller dritten Programme hat, „mutiger, kantiger und wahrnehmbarer“ machen – und dafür auch alle festen und freien Mit­ar­bei­te­r:in­nen mitnehmen, deren Formate abgeschafft werden sollten. Schlesingers zweite Amtszeit begann 2021 und hätte bis 2026 gedauert.

Schlesinger, geboren 1961, hatte nach ihren Volontariat beim NDR für das ARD-Magazin „Panorama“ gearbeitet, danach war sie USA-Korrespondentin der ARD und Leiterin des ARD-Studios Südostasien.

Ist mit ihrem Rücktritt nun alles erledigt?

Schlesinger ist am Sonntag, drei Tage nach ihrem Rückzug vom ARD-Vorsitz, auch als RBB-Intendantin zurückgetreten – wohl eher aufgrund des öffentlichen Drucks als aus Einsicht in ihr Fehlverhalten. Bei den Mit­ar­bei­te­r:in­nen hat sie sich entschuldigt, zu den Vorwürfen gegen sich aber schweigt sie.

Blick auf den Rundfunk Berlin Brandenburg am frühen Morgen Foto: Kay Nietfeld/dpa

In ihrem Schreiben an den RBB-Rundfunkrat hat sie mitgeteilt, auf die Fortsetzung ihres Dienstverhältnisses zu verzichten, verwies aber auch auf die vertraglich vereinbarte Ankündigungsfrist von sechs Monaten bis zum 28. Februar 2023.

Nach taz-Informationen hat Schlesinger mitgeteilt, dass sie die Frist verkürzen würde. Allerdings wird derzeit noch geprüft, ob das überhaupt möglich ist oder ob damit auch Regressansprüche des Sender flöten gehen könnten. Der Rundfunkrat wird sich am 16. August mit der Vertragsauflösung beschäftigen.

Schlesinger darf sich ab dem 65. Lebensjahr auf eine Pension in Höhe von 60 Prozent ihres letztes Gehalts, rund 15.000 Euro monatlich, freuen. Unangenehm ist für sie dagegen, dass nun auch die Staatsanwaltschaft aufgrund des Anfangsverdachts der Untreue und Vorteilsnahme gegen sie ermittelt, ebenso gegen ihren Mann und den RBB-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf. Im Fokus der Staatsanwaltschaft steht die Vergabepraxis der Messe Berlin.

Was liegt noch im Argen beim RBB?

Patricia Schlesinger wird vorgeworfen, sich nicht nur mit fetten Gehaltserhöhungen, sondern auch mit einem zusätzlichen Bonussystem versorgt zu haben. Laut Informationen der taz können anders als bei anderen Sendeanstalten der ARD beim RBB all jene 39 Angestellten auf der Leitungsebene solche Boni erhalten, die außertariflich bezahlt werden. Die Boni werden für eher schwammig formulierte unternehmerische Ziele fällig.

So hat Programmdirektor Jan Schulte-Kellinghaus zugegeben, einen Bonus für den Umbau des Vorabend-Fernsehprogramms erhalten zu haben. Jene Mitarbeiter:innen, die den Umbau gestaltet haben – oder sich wie die Mit­ar­bei­te­r:in­nen der abgesetzten Sendung zibb – zu Hause in Berlin und Brandenburg – andere Stellen im Sender suchen mussten –, erhielten natürlich keine Boni. Hinzu kommt, dass das neue Vorabendprogramm weniger Quote bringt als das alte.

Gibt es denn in so einem großen Medium keinen, der den Chefs auf die Finger schaut?

Eigentlich schon. Der Rundfunk- und der Verwaltungsrat des RBB fungieren als Aufsichtsgremien. Sie beraten die Intendantin und überwachen ihre Geschäftsführung. Vor dem Hintergrund der Vorwürfe gegen Patricia Schlesinger stehen nun auch sie in der Kritik.

Die RBB-Rundfunkratschefin Friederike von Kirchbach moniert im Interview mit dem Tagesspiegel, dass den ehrenamtlich besetzten Gremien Mittel fehlten. Sie fordert mehr Unterstützung und Ausstattung, um Professionalität und Fachlichkeit garantieren zu können. Nach eigener Aussage ist der RBB-Rundfunkrat nun gewillt, die Vorwürfe um die Causa Schlesinger „lückenlos aufzuklären“.

Wie weiter?

Tina Hassel, Leiterin des ARD Hauptstadtstudios, ist als potenzielle Nachfolgerin im Gespräch. Dort heißt es laut Bild, Hassel wolle sich mit „Respekt vor internen Prozessen und Sitzungen von Rundfunk- und Verwaltungsrat“ derzeit nicht äußern.

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6 Kommentare

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  • Alle Verantwortlichen sollen zur Rechenschaft gezogen, Altersbezüge ersatzlos getrichen werden und natürlich müssen sie die überzogenen Kosten aus eigener Tasche zahlen. Sich einfach so vom Acker machen ist nicht!

  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Auch die Aufsichtsgremien sollten unter die Lupe genommen werden.



    Ebenso der Rundfunkrat - gab es je ein schlechteres Programm?

  • Der Kommentar wurde auf Wunsch des Users entfernt. Die Moderation

    • @Lindenberg:

      Die Dienstwagen heißen Dienstwagen, weil in ihnen auch gearbeitet wird. Die Arbeitszeiten sind vermutlich weit über 60h/Woche und außertariflich. Es gehört zur Aufgabe leitender Mitarbeiter Personal und Nachwuchs einzustellen. Weder Mitarbeiter,noch Zuschauer, noch Zuhörer wurden betrogen. Gehalt, Pensionen, in dieser Höhe sind üblich, gemessen an der Verantwortung und dem Arbeitsaufwand. Eine Zweiklassengesellschaft existiert nur aus Sicht eines immer Benachteiligten.



      In Deutschland hat Jede*r die Möglichkeit Intendant zu werden, unabhängig von Herkunft, Religion und Rasse, Voraussetzung ist aber das Private zurückzustellen. Dies ist bei Frau Schlesinger nicht gelungen und deswegen muss Sie gehen. In allem Anderen gebe ich Ihnen recht. Aber ein Machtmissbrauch liegt hier nicht vor, eventuell Selbstherrlichkeit, Selbstüberschätzung und fehlende Demut. Dies sind persönliche Defizite für die Frau Schlesinger jetzt bezahlt.



      I’m übrigen zeigen die Bilder aus der Leitungsetage keinen Protz und Edelmüll, sondern es sieht eher nach Arbeit aus ziemlich kruschelig. Der Umbau einer Popelpraxis hat 1995 schon 250 000 DM gekostet, also sind die Summen die jetzt im Raum stehen nicht exorbitant, vor allem wenn dies im 16. Stock passiert und mehr als 200m2 umfasst.

      • @Pepi:

        Alles gut, solange es sich um Angestellte in Privatfirmen handelt. Aber hier muss mit den Geldern treuhänderisch umgegangen werden. Und das ist ganz offensichtlich nicht der Fall.



        Und was die Höhe der Umbauarbeiten angeht: da hat vorher auch ein Intendant gearbeitet und ganz sicher nicht in einem heruntergekommenen Büro. Es ist ein Unterschied, ob ich mit eigenem Geld umbaue, oder aber mit Geldern, die vom Bürger zwangsweise eingezogen werden!

        • @Levithian:

          Dazu müsste man Dagmar Reim befragen, die Vorgängerin.