piwik no script img

Premiumprodukt FußballInflation im Streaming

Das Fußballbusiness hat einen miesen Ruf. Doch die Preise, die für Übertragungen ausgegeben werden, steigen immer weiter.

Teure Späße: Ein DAZN-Abo und ein Trikot des FC-Bayern München

E igentlich müsste der Fußball in diesem Land mausetot sein. Die Verbände sind übel beleumundet. Die Fifa sowieso, deren Name längst so etwas wie ein Synonym für Korruption ist. Die Uefa, die mit dem Betrieb der Champions League zum Inbegriff der fußballerischen Raubtierökonomie geworden ist. Und der DFB, das gemeinnützige Dach des deutschen Fußballs, der von einem Skandal in den nächsten schlittert.

Deutscher Meister wird immer die gleiche Mannschaft, gesponsort vom selben Sklavenhalteremirat, in dem im Winter die Weltmeisterschaft stattfinden wird. Das letzte bisschen Spannung ergibt sich aus der Frage, welcher Traditionsklub diesmal strauchelt. Selbst unter den irrsten Bayernfans wird sich nicht einer finden, der sagen wird, dass schon ganz okay ist, wie es läuft. Bei all der öffentlichen Stöhnerei über Millionengehälter, Beraterhonorare oder Marktwertdiskussionen, die einen mediokren Zweitligakicker zu einem Millioneninvestment machen können, müsste man eigentlich denken, der Fußball sei am Ende. Doch er ist alles andere als eine Ramschware.

Die Kosten für Live-Übertragungen im Fernsehen oder über Streamingportale steigen, als seien sie an die Gaspreise gekoppelt. Für ein Monatsabo des Streamingdienstes DAZN gilt es knapp 30 Euro zu bezahlen. Wer das macht, kann alle Freitags- und Sonntagsspiele live verfolgen. Die Zweite Liga und alle Samstagsspiele gibt es beim Pay-TV-Dinosaurier Sky für 20 Euro. Die dritte Liga gibt es für acht Euro bei Magenta Sport, wobei Telekom-Kunden weniger zahlen.

Wer aber glaubt, dass er dann alle WM-Spiele beim Rechteinhaber Magenta live sehen kann, der täuscht sich. Dafür braucht es ein Abo von Magenta TV im Wert für mindestens 10 Euro. Bei der Buchung eines Kombianbgebots mit DAZN, kann man bis zu 8 Euro im Monat sparen, muss dazu aber ein Jahresabo abschließen. Die Frage liegt nahe, warum es überhaupt noch Menschen gibt, die Abos für dieses verkomene Business abschließen.

Reichen Herzgeschichten für Profitfußball?

Klar, der Fußball kann immer noch die ganz großen Emotionen auslösen. Der Sieg von Eintracht Frankfurt in der Europa League hat gezeigt, wie viele Menschen hierzulande immer noch weinen müssen, wenn ein Klub aus Deutschland, der nicht FC Bayern heißt, einen internationalen Titel gewinnt. Nebenbei: Wer die Europatour der Eintracht vollständig live verfolgen wollte, musste für 5 Euro noch die RTL-Streaming-Plattform TV Now abonnieren. Aber reichen solche Herzgeschichten wie die der Eintracht aus als Erklärung für den immer weiter steigenden Preis des Profifußballs?

Der Fußball ist groß geworden mit einer Sportschau, die von einer ausgewählten Zahl von Spielen ein paar eher schlecht als recht bewegte Bilder gezeigt hat. Die Ergebnisse der meisten anderen Spiele wurden so emotionslos verlesen wie die internationale Presseschau im Deutschlandfunk. Mehr Liebe war damals nicht. Heute stürmen Jugendliche einen Platz, weil sie sich mit einem Viertligaspieler ablichten lassen wollen, dem sie wie Hunderttausende andere auf Instagram folgen. Der Kult ums Spiel und um Spieler ist so groß geworden, dass der gute, alte Klubfan keine große Rolle mehr spielt.

Die vielen Trikots des katarischen Spitzenkubs Paris Saint Germain, die fast immer zu sehen sind, wenn ein paar Jugendliche sich versammeln, sind Sinnbild für den Zustand des Fußballs. Moralische Bedenken bei Kauf eine Mbappé-Trikots gibt es da nicht. Wer den französischen Spitzenkicker sehen möchte, kommt mit der Sportschau nicht weit. Er braucht DAZN, und wenn er ihn dienstags in der Champions League sehen will auch noch Amazon Prime. Das ist grade auch teurer geworden und kostet jetzt 9 Euro im Monat. Amazon hat das mit der Inflation begründet. Wir haben sehr gelacht.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Wer meint ohne das ständige Fussballgaffen nicht auszukommen, dreht kräftig mit an der Preisspirale Richtung aufwärts.



    Warum ein Grossteil der Menschen freiwillig diese Geldvermehrungmaschine am laufen hält werde ich nie verstehen.



    Bewegt euch lieber selber mal oder geht auf den Fussballplatz von eurem Ortsverein.



    Das tut euch und dem Verein gut!!!