Borussia Dortmund vor Bundesligastart: Ein entschiedenes Vielleicht

Der BVB möchte durch Umbaumaßnahmen im Klub und eine Körperstraffung dem FC Bayern endlich Konkurrenz machen. Das Ziel: der Meistertitel.

BVB-Trainer Terzic und einige Spieler schreiben Autogramme.

Gelbe Gaben: BVB-Trainer Edin Terzic und mehrere Spieler beim Autogramme schreiben Foto: dpa

Der Umgang mit Saisonzielen ist traditionell eine etwas heikle Angelegenheit bei Borussia Dortmund, seit Jahren wird vor- und zurückgerudert. Spitzfindige Kommentatoren werfen den Verantwortlichen mal eine allzu defensive Rhetorik vor, und wenn Klubchef Hans-Joachim­ Watzke einen mutigen Angriff auf den FC Bayern ankündigt, setzt er sich der Gefahr aus, nach jeder Niederlage als Großmaul angeklagt zu werden.

Es ist ein Dilemma, das zu seltsamen Formulierungen führt. „Ich bin nicht hierhergekommen, weil ich uns nicht den Meistertitel zutraue“, sagt beispielsweise der Neuzugang ­Niklas Süle vor der neuen Bundesligasaison, die für den BVB am Samstag mit einer Partie gegen Bayer Leverkusen beginnt. Dabei ist völlig klar, dass die Dortmunder nach einem Jahrzehnt der Münchner Dauerdominanz dringend die Schale gewinnen möchten. Und dass sie an ihre Chance glauben. „Wir wollen angreifen“, sagt der neue Sportdirektor Sebastian Kehl.

Ähnliches war zwar schon öfter zu hören, und auch von einem Umbruch ist schon häufig gesprochen worden, aber so konsequent wie in diesem Sommer haben sie den Kampf gegen die eigenen Schwächen noch nie geführt. Ein ungutes Gefühl in der Klubführung reichte im Mai für eine recht überraschende Trennung von Trainer Marco Rose, der durch den Technischen Direktor Edin Terzic ersetzt wurde. Mit Kehl haben sie einen neuen Sportdirektor, der den legendären, aber zuletzt auch etwas müde wirkenden Michael Zorc beerbt.

Und es wurden etwa 100 Millionen­ Euro für Sebastien Haller (31 Millionen), Karim Adeyemi (30 Millionen), Nico Schlotterbeck (20 Millionen), Salih Özcan (6 Millionen) sowie Süle (Handgeld in unbekannter Höhe) in den Kader investiert. Das Ziel: Es soll endlich wieder ein Team entstehen, das in den besseren Phasen einen dominanten und aufregenden Fußball spielt, ein Team, das auch mal eine längere Siegesserie hinbekommt und vielleicht noch wichtiger: Die Mannschaft soll sich auch in schwierigen Momenten der Saison zu wehren wissen.

Debatte um Widerstandskraft

Genau hier lag ein Schwerpunkt der Vorbereitungsarbeit. „Wir versuchen, im gesamten Verein die Mentalität vorzuleben, für die wir stehen wollen“, erklärt Terzic in Anspielung auf die stets aufflammende Debatte um die Widerstandskraft der Mannschaft: „Wir wollen dieses Thema abhaken und es zur Gewohnheit machen, immer Vollgas zu geben“, verkündet Terzic.

Auch bei der Auswahl der Neuzugänge wurde explizit auf charakterliche Merkmale geachtet. Gerade mit Schlotterbeck (zuvor SC Freiburg) und Özcan (1. FC Köln) wurden zwei Leute unter Vertrag genommen, die extrem willensstark sind und die bei ihren früheren Klubs mit dieser Eigenschaft Kollegen mitreißen konnten. Außerdem haben Terzic und Kehl sich vorgenommen, das zeitweise etwas eingetrübte Betriebsklima zu verändern.

In der vergangenen Saison hatten die Spieler und Trainer Rose Mühe, funktionierende Hierarchien entstehen zu lassen. Nie war die Mannschaft wirklich bei sich. Statt sich in einen Flow hineinzuspielen, schwankte das Team unberechenbar zwischen ganz starken Auftritten und fehlerhaftem Mittelklassefußball. Die Spieler, der Trainer und auch der mittlerweile in den Ruhestand verabschiedete Zorc schafften es nicht, eine Atmosphäre entstehen zu lassen, die allen dabei hilft, ihre Stärken voll zu entfalten.

Er wolle „eine gewisse Leistungskultur“ entwickeln, sagt Terzic nun vorm Hintergrund dieser Erfahrungen, und Klubchef Watzke glaubt, dass es keinen besseren Trainer zur Lösung der klubinternen Blockaden gibt: „Edin hat gegenüber Marco (Rose; Anm. d. Red.) und jedem anderen Trainer den großen Vorteil, dass er den Verein wie seine Westentasche kennt“, sagt der Klubchef in einem Interview mit der Bild am Sonntag, während er im Deutschlandfunk über Probleme des FC Bayern sinniert: „Irgendwann bröckelt es, irgendwann in den nächsten Jahren kommt es zum Einsturz.“

Einen Schock löste inmitten all des Tatendrangs der bösartige Hodentumor aus, der bei Angreifer Sebastien Haller gefunden wurde – weil die Angehörigen des Klubs persönlich betroffen sind und sich um den Kollegen sorgen, aber auch weil ein Schlüsselspieler monatelang ausfallen wird. Bald soll ein Ersatz vorgestellt werden, die Spekulationen reichen von Stars wie Edinson Cavani (vereinslos), Edin Džeko (Inter Mailand), Memphis Depay (FC Barcelona) oder Mauro Icardi (Paris St. Germain) bis hin zu Anthony Modeste (1. FC Köln). Schon diese Namen deuten an, wie entschlossen die Dortmunder sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.