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Englands Züge und die HitzeEM nur, wenn nötig

Züge gestrichen, Flüge gecancelt. Die Mobilität macht unserem Reporter bei der Fußball-EM zu schaffen.

Fußballfans in Schottland hoffen, dass der Zug kommt Foto: Imago/PA Images

M anchmal beschert einem das Leben späte Premieren. Zug in Großbritannien bin ich noch nie gefahren. Und so nehme ich mit dem großem Interesse eines Neulings diese ewig lange Schlange wahr, die sich über Hunderte von Metern vor dem Bahnhof in Glasgow bis zu den Gleisen bildet.

Mein Zug wurde wie so viele andere gecancelt, erfahre ich über die Anzeigetafel. Ich solle irgendeinen anderen Zug nehmen, hat mir die Ticketverkaufsstelle geschrieben. Viele andere erhielten diese Nachricht wohl auch.

In Glasgow bin ich nur, weil mein Flug nach Manchester gecancelt wurde. Und dass nun auch die Zugreise nach Manchester gestrichen wird, nehme ich als langjähriger Kunde der Deutschen Bahn mit maximaler Abgebrühtheit hin.

Es ist übrigens ungewöhnlich heiß in Glasgow. Die überwiegend große Gelassenheit meiner Mitreisenden lässt mich vermuten, dass man sich auch hier an diese eisenbahnerische Art der Cancel Culture längst gewöhnt hat.

Keine Züge bei über 28 Grad

Erst im Nachhinein erfahre ich, dass die eigentlich noch gar nicht gänzlich angekommene Hitzewelle Grund für die vielen Ausfälle sein soll. Zugreisen können offenbar nur bei Temperaturen bis etwa 28 Grad Celsius gewährleistet werden. Die Aufregung in der britischen Presse ist entsprechend groß. Der Sprecher der britischen Eisenbahn weist darauf hin, dass man mit den angekündigten Temperaturen bis 40 Grad noch nie konfrontiert gewesen sei und empfiehlt, die nächsten beiden Tagen nur dann zu reisen, wenn es unbedingt erforderlich ist.

Gern würde ich wissen, ob eine Reise zum Viertelfinalspiel der englischen Fußballerinnen unbedingt erforderlich ist

Gern würde ich den Verantwortlichen fragen, ob denn aus seiner Sicht etwa eine Reise zum Viertelfinalspiel der englischen Fußballerinnen unbedingt erforderlich ist. Und falls ja, ob das auch für ein Spiel des deutschen und des österreichischen Teams gilt. Aber bis dahin soll angeblich alles wieder in Ordnung sein.

Vielleicht wäre es mal Zeit für eine Zug-Europameisterschaft, denke ich mir. Ein Wettbewerb, bei dem nicht das Land gewinnt, das am meisten eingespart hat, sondern das beste Konzept und dessen Umsetzung honoriert werden, bei dem die Reisenden allen Widrigkeiten zum Trotz bequem und pünktlich ankommen.

In Manchester sehe ich abends um 21 Uhr einige schwedische Fans feiern. Ihr Team hat gerade der portugiesischen Auswahl im 25 Kilometer entfernten Leigh mit 5:0 eine Lektion erteilt. Der Nahverkehr scheint zu funktionieren. Auf dem von der Uefa veranstalteten Fanfest nahe den Piccadilly Gardens ist aber kaum noch etwas los. Der DJ auf der Bühne darf ein wenig für sich üben.

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taz-Sportredakteur
Jahrgang 1971, bis Ende März 2014 frei journalistisch tätig. Seither fest mit dem Leibesübungen-Ressort verbunden.
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