Mögliche Bergbaufolgen: Unternehmen auf wackligem Boden
K+S hat in Lehrte lange Zeit Kalisalze abgebaut. Jetzt senkt sich die Erde und im Bach blubbert es. Nun wird das Unternehmen in die Pflicht genommen.
Die Köhlerheide, in der sich der Boden größerflächig um rund zehn Zentimeter gesenkt hat, wird jetzt näher untersucht. Ein „Einwirkungsbereich“ müsse definiert werden, teilte das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), Hannover, Ende Juli mit. Geschädigten gibt ein solcher Bereich starke Rechte: Für alle Schäden, die in ihm entstehen, gilt fortan die Vermutung, das die Ursache der Bergbaubetrieb ist.
Eine Beweislastumkehr findet statt: Der Geschädigte muss nicht nachweisen, wie der Schaden entstanden ist, sondern das Bergbauunternehmen muss glaubhaft machen, dass es ihn nicht verursacht hat. K+S ist jetzt in der Pflicht, in der Köhlerheide Vermessungen vorzunehmen. Das LBEG fungiert als Prüfinstanz.
„Was die Phänomene verursacht, die wir in Lehrte beobachten, kann bis jetzt niemand verlässlich sagen“, sagt Eike Bruns, Sprecher des LBEG, auf Anfrage der taz. „Aber wir nähern uns an, durch Ausschlusskriterien.“ Zum Beispiel die Gasblasen im Lehrter Bach, nicht weit von der Köhlerheide. „Ziemlich klar ist inzwischen, dass da keine Grubenluft rauskommt“, sagt Bruns. „Auch Methan ist nicht dabei. Das untersucht man gleich zu Anfang, denn das ist ja potenziell gefährlich.“
Wohl Pups von Mikroben
Auch K+S sieht sich nicht als Verursacher: Eine Isotopenuntersuchung des Luftaustritts deute darauf hin, „dass das Phänomen mikrobiellen Ursprungs ist“, sagt Unternehmenssprecher Michael Wudonig der taz. „Die entnommenen Proben weisen keinerlei Spuren in der Luft auf, wie sie beim Bergbau erwartbar wären.“
Wolfgang Tannenberg, Vorsitzender der örtlichen Bürgerinitiative Umwelt Uetze, wertet die Gasblasen anders. Für ihn sind sie ein Zeichen, dass durch die Salzlauge, mit der das Bergwerk geflutet worden ist, Luft emporgedrückt wird. „Und wenn die raus ist, kommt womöglich Lauge hinterher, und die schädigt dann hier oben die Umwelt.“
Auch zur Erdsenkung in der Köhlerheide hat Tannenberg einen beunruhigenden Gedanken: Bei der Flutung sei zwar hauptsächlich Salzlauge zum Einsatz gelangt, aber auch Süßwasser. „Süßwasser kann das Salz weiter auswaschen. Wenn dort unten einer der Salzpfeiler nachgibt, schadet das der Stabilität des Bergwerks, und das ist eventuell auch oben zu merken.“
Wudonig räumt ein, dass zur Flutung, die Pflicht ist in Niedersachsen, auch Wasser des Mittellandkanals genutzt wurde. Aber: „Das durch Gutachten und Messungen begleitete Verfahren ist mittlerweile über Jahrzehnte erprobt und auch so durch die Behörden genehmigt.“ Es diene „zur langzeitsicheren Stabilität des Grubengebäudes und somit auch zur Verringerung der Senkungen an der Tagesoberfläche“. Zudem, sagt LBEG-Sprecher Bruns, sei Süßwasser „nur in sehr geringem Maße“ eingesetzt worden.
Die Veränderungen in der Köhlerheide sind ein schleichender Prozess. „Wir sprechen hier über Senkungen, die sich seit Jahrzehnten vollziehen“, sagt K+S-Sprecher Wudonig. Die Festlegung des Einwirkungsbereichs werde „in den kommenden Wochen“ erfolgen.
Tannenberg findet diese Festlegung gut. „Gegen einen Großkonzern wie K+S hat ein Geschädigter sonst ja keine Chance.“ Für die Expertenrunde, in der VertreterInnen der Stadt Lehrte und des LBEG mit K+S untersuchen, ob Bergmannssegen-Hugo die Ursache der Lehrter Phänomene ist, wünscht er sich Verstärkung: „Da sollte eine neutrale GeologIn am Tisch sitzen.“ Die Neutralität des LBEG bezweifelt Tannenberg: „Die sind immer sehr schnell, wenn es gilt, einen Antrag von K+S zu genehmigen.“
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