Ungefiltertes Salzabwasser in Flüssen: Dramatische Folgen für die Fauna

Die bisherige Genehmigung für einen Kalikonzern ist vor Auslaufen nun doch verlängert – bis 2027. Die Flüsse Werra und Weser dürfen weiter versalzen.

Salzlauge wird beim Kali-Werk "Werra" Standort Hattorf des Kaliproduzenten K+S (Foto vom 24.04.2009) in Philippsthal in die Werra eingeleitet

Ein Archivfoto: Salzlauge des Kaliproduzenten K+S AG wird in Philippsthal in die Werra eingeleitet Foto: dpa/Zucchi Uwe

KASSEL taz | Seit Jahrzehnten gelangen große Mengen an Salzabwasser aus dem Kalibergbau ungefiltert in die Flüsse Werra und Weser. Die Folgen sind dramatisch: Tiere werden krank, die Unterwasserwelt verändert sich, die Artenvielfalt geht verloren. Die Versalzung beeinträchtigt auch den Gesundheitszustand und die Fortpflanzungsfähigkeit der noch verbliebenen Fische, bei denen sich Geschwüre, Rötungen und Vernarbungen beobachten lassen. Da Salz sich nicht von alleine abbaut, ist die Weser bis zur Mündung in die Nordsee von den Salzfrachten betroffen.

Verantwortlich für die Einleitungen ist der Kalikonzern K+S. Kurz vor Auslaufen der bisherigen Genehmigung bekam das Unternehmen mit Sitz in Kassel jetzt die Erlaubnis, auch weiterhin Salzabwasser in die Werra zu entsorgen. Die Erlaubnis gilt bis Ende 2027 für die hessisch-thüringischen Werke Werra und Neuhof Ellers. Nach Angaben des zuständigen Kasseler Regierungspräsidiums trägt der Bescheid den Vorgaben des aktuellen „Bewirtschaftungsplans Salz 2021–2027“ der Flussgebietsgemeinschaft (FGG) Weser Rechnung.

In der FGG sind die Anrainerbundesländer von Weser und Wer­ra zusammengeschlossen, also Thüringen, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Sachsen-Anhalt und Bremen. Der aktuelle Bewirtschaftungsplan soll sicherstellen, dass die Flüsse gemäß den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zum Ende des Jahres 2027 den sogenannten guten ökologischen Zustand erreichen.

Durch die neue Genehmigung sollen die Grenzwerte schrittweise sinken. So wird an einer zentralen Messstelle, dem Pegel Gerstungen (Thüringen), der Grenzwert für Chlorid stufenweise von derzeit 2.400 Milligramm pro Liter Wasser auf 1.700 Milligramm ab 2024 gesenkt. Ab 2026 ist eine weitere Absenkung auf 1.480 Milligramm, ab 2027 auf 1.280 Milligramm vorgesehen.

Die Erlaubnis steht unter Vorbehalt

Die Zielwerte für die ökologisch besonders problematischen Salz­ionen des Kaliums und des Magnesiums sinken entsprechend. Die Erlaubnis steht außerdem unter dem Vorbehalt einer weiteren Grenzwerte-Senkung für die Jahre 2026 und 2027, der eine Überprüfung durch die Flussgebietsgemeinschaft Weser im Jahr 2024 vorausgehen soll.

K+S freut sich über die „gute Nachricht für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“. Sie zeige auch, „dass unsere umfangreichen Investitionen und Maßnahmen zur weiteren Entlastung der Umwelt und zur umweltgerechten Umstellung des Entsorgungskonzeptes anerkannt werden“, teilt das Unternehmen mit.

Umweltschützer sind nicht ganz so begeistert. Der hessische Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) begrüßt zwar die verordnete Verringerung der Salzeinleitung. Die Umweltprobleme durch den Kalibergbau blieben aber weiterhin ungelöst. So sei die geplante Einlagerung der Produktionsabwässer in die Grube Springen als Alternative zur Einleitung in Werra und Weser ein „für die Umwelt hochriskantes Verfahren“.

Die jetzt beschlossene Verringerung der Salzeinleitung in die Flüsse gehe zwar „in die richtige Richtung, doch wir sind skeptisch, ob sich der Plan umsetzen lässt“, so der BUND-Landesverband. Auch im besten Fall werde es noch sehr lange, voraussichtlich Jahrhunderte dauern, bis die ökologischen Schäden der Salzbelastung durch den Kalibergbau nicht mehr spürbar seien.

Als problematische Hintertür wertet der BUND, dass der K+S bis zum Herbst 2024 darlegen kann, ob die Einhaltung der Zielwerte für die Jahre von 2025 bis 2027 technisch realisierbar und zumutbar ist. „Die bisherigen Erfahrungen bei der Umsetzung der Wasser­rah­men­richt­linie zeigen uns mehr als deutlich, dass Ausnahmemöglichkeiten gern genutzt und Umweltziele am Ende nicht erreicht werden“, ­kritisieren die Umweltschützer die im Plan enthaltene Ausstiegsklausel.

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Dieser Artikel stammt aus dem stadtland-Teil der taz am Wochenende, der maßgeblich von den Lokalredaktionen der taz in Berlin, Hamburg und Bremen verantwortet wird.

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