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Wasserknappheit und HitzeEnde der Poolparty

Wasser zu rationieren könnte auch in Teilen Deutschlands Normalität werden. Vor allem die größten Verbraucher müssten reguliert werden: die Konzerne.

Trinkwasser im Planschbecken? Könnte in Zukunft tabu sein Foto: Annie Otzen/getty images

Extreme Hitze hat verheerende Auswirkungen für die Menschen. Das beweisen zurzeit sowohl die Hitzewelle in Italien als auch die im Jemen. An den Folgen dieser Hitzewellen starben in beiden Ländern im Juni Menschen. Und auch in Deutschland zählten Forschende zwischen 2018 bis 2020 jeweils zu Tausenden Sterbefälle, die durch die ansteigenden Temperaturen verursacht wurden. Besonders gefährdet sind ältere Menschen.

Hitzetote sind der tragische Höhepunkte von extrem hohen Temperaturen. Doch Hitzewellen haben auch Folgen für den Alltag, die alle Menschen betreffen. Dazu zählt, dass Fluss- und Grundwasser und damit auch Trinkwasser knapper werden. In Italien haben Städte wie Verona aufgrund der anhaltenden Dürre bereits den Trinkwasserverbrauch von Privatpersonen reguliert. Trinkwasser darf dort bis Ende August nur noch für Essenzielles wie Körper­hy­giene oder zum Essen und Trinken genutzt werden. Wer Trinkwasser dennoch für andere Zwecke verwendet, wie für den Garten oder den Pool, muss dies zwischen 21 Uhr und 6 Uhr nachts tun. Ansonsten drohen Bußgelder von bis zu 500 Euro.

Es gibt erste Anzeichen dafür, dass Einschränkungen dieser Art auch in Teilen Deutschlands Realität werden könnten. Zu beobachten ist das bereits in Brandenburg im Wasserverband Strausberg-Erkner. Dort werden Neuverträge mit Privatkunden gedeckelt, also mit einer Obergrenze zur verfügbaren Wassermenge verkauft. Die gedeckelten Verträge in Brandenburg sind erste Warnhinweise. Das ungerechte an diesen Wasserrationierungen: Sie treffen fast ausschließlich Privathaushalte, nicht aber die Großindustrie, die – je nach Schätzungen – etwa zwei Drittel bis vier Fünftel des Wassers verbraucht.

In einer Zukunft des notwendigen Verzichts im Sinne der Gemeinschaft sollte den größten Akteuren der freien Marktwirtschaft jedoch keine Sonderstellung seitens der Politik eingeräumt werden. Das Problem jedoch ist, dass man die Konzerne aktuell kaum regulieren kann.

Aus einer Untersuchung des Recherchezen­trums Correctiv geht hervor, dass der Wasserverbrauch vieler Konzerne bis lange in die Zukunft vertraglich gesichert ist. Die Tagebaue von RWE verbrauchen in etwa so viel Wasser wie 11 Millionen Bürger:innen. Bis zum Kohleausstieg, also nach aktueller Gesetzeslage bis spätestens 2038, zahlt der Konzern aber nur 5 Cent pro Kubikmeter Wasser. Getoppt wird RWE vom Chemieriesen BASF, dem Unternehmen mit dem höchsten Wasserverbrauch in Deutschland. Die aktuellen Verträge billigen BASF bis zu 1,6 Milliarden Kubikmeter Wasser pro Jahr zu, heißt es in der Recherche. Das entspreche in etwa dem Verbrauch von 35 Millionen Privathaushalten. Kostenpunkt: 0,75 Cent pro Kubikmeter Wasser.

Andere Großkonzerne zahlen vermutlich gar nichts für das abgespeiste Fluss- und Grundwasser, denn nicht alle Bundesländer haben gesetzliche Regelungen dazu. So konnte Thüringen dem Rechercheteam nicht zurückmelden, wie viel Grundwasser private Großverbraucher entnehmen, da das Land keine Zahlen dazu führt.

Wahrscheinlichkeit für Hitzejahre steigt

Staatliche Wassereinschränkungen würden also vermutlich nicht die größten Verbraucher treffen. Mit jedem Zehntelgrad Erwärmung steigt die Wahrscheinlichkeit für Hitzejahre und damit die Wasserknappheit sukzessive an. Der ebenfalls immer öfter vorkommende Starkregen nützt dem Grundwasserspeicher, woraus der Großteil des Trinkwassers entnommen wird, wenig. Im Gegenteil: Das Wasser versickert nicht, sondern fließt über die Flüsse ab. Anstelle von Stark­regen bräuchte es anhaltenden, leichten Regen, der Jahr für Jahr regelmäßig fällt. Das wird durch die Klimakrise immer unwahrscheinlicher.

Ex­per­t:in­nen wie die Nabu-Pressereferentin Alexandra Rigos in Berlin rechnen damit, dass das Italien-Szenario auch in Teilen Deutschlands real wird. Wann genau, ist schwer abzuschätzen. Doch wenn sich die Dinge so weiterentwickeln wie bisher, so Rigos, werde Trinkwasser irgendwann nicht mehr zum Planschen im Pool oder zum Blitzeblankwaschen des Autos genutzt werden können.

Es ist eine echte Umweltsauerei, sein Auto mit Unmengen von Leitungswasser zu waschen oder das Planschbecken im Garten jeden Tag neu zu befüllen. Aber es ist eine noch größere Sauerei, die immer knapper werdende Ressource Wasser fast ausschließlich an die Industrie zu verscherbeln.

Verteilung knapper Ressourcen

Die Situation in Deutschland und in Italien ist nicht vollends vergleichbar, nicht alles spricht für die gleichen Auflagen hierzulande. Das marode Versorgungsnetz in Italien verliert 42 Prozent seines Wassers laut einer Studie des italienischen Versorgungsamtes Istat. Viel Trinkwasser versickert wegen undichter Leitungen und Zisternen auf dem Weg zum Ziel.

Das deutsche Versorgungsnetz ist deutlich besser in Schuss. In einigen Teilen versickere zwar auch hier viel Trinkwasser, doch seien es bis vor die Haustür eher um die 10 Prozent, schätzt Grundwasserforscher Andreas Hartmann von der TU Dresden. Das ändert aber nichts daran, dass die Ressource schwindet.

Auch wenn Einschränkungen wie in Italien für die meisten Menschen in Deutschland noch Zukunftsmusik sind: Wenn sie notwendig werden, ist eine gerechte Aufteilung der knapper werdenden Ressource Wasser wichtig für das Vertrauen in die Demokratie. Die Verteilung knapper Ressourcen ist schließlich eine der Kernaufgaben demokratischer Systeme.

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8 Kommentare

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  • "Wie viel Prozent des weltweit verfügbaren Trinkwassers fließen in die Landwirtschaft?



    69% des weltweit verfügbaren Süßwassers werden heute in der Landwirtschaft verbraucht. Auf die Industrie entfallen 19% während lediglich 12% der Wasserentnahme auf das Konto der Haushalte und Gemeinden gehen." Weltagrarbericht. Wenn hier irgend jemand sparen sollte, dann die Landwirtschaft mit vernünftiger Bewässerung - da ist das Einsparpotential zehnmal höher als in der Industrie.

  • Auch bei der Bewässerung von Golfplätzen und Tourismus-Ressorts, Campingplätzen, Hotelanlagen etc.etc.etc. werden unglaubliche Mengen Wasser verballert. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Trinkwasser oder um das Oberflächenwasser von Flüssen und Bächen handelt. Aber wer will schon in der Öde Urlaub machen, im brown Golf spielen, seinen Pool als skatepark für die Öffentlichkeit hergeben oder, oder oder. Um effektiv Wasser zu sparen, müssten die Reichen verzichten! Deswegen passiert auch hier nichts! FTS

  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Verteilung knapper Ressourcen""



    ==



    Kann doch jeder im Garten oder auf dem Balkon heraus finden was passiert, wenn zu wenig Regen fällt: Der Boden wird hart und staubig - und der Versuch misslingt, diesen Zustand durch eine Gießkanne umzukehren: Das Wasser fließt ab ohne in den Boden einzusickern.

    Der Knackpunkt ist nicht Verdichtung, sondern der physikalische Prozess staubiger Trockenheit - die das Wasser aus der Gießkanne schlichtweg abperlen lässt ohne in den Boden einzudringen.

    Klartext: Was allein hilft ist vorsichtige Durchfeuchtung des Bodens bis in den Wurzelbereich der Pflanzen - und vorsichtiges tröpfelndes Gießen um den Zustand der Durchfeuchtung des Erdreiches zu erhalten. Ist dieser Zustand erreicht, wachsen Kräuter, Gemüse und Zierplanzen und Bäume



    wie verzaubert - manchmal lässt sich das zusätzlich hervorschiessende Grün durch intelligente Bewässerung



    schon einen Tag später per Augenschein besichtigen.

    Ohne Wasser kein Wachstum - hier ist das Küstengebiet, Teile des Westens und das bayrische Voralpengebiet ausgenommen - dort fällt noch (?) genügend Regen oder mehr Regen als vor dem Klimawandel.

    Der Rest der Bundesrepublik muß bewässert werden - und zwar dauerhaft und stetig - damit der Boden nie völlig trocken fällt und wenn es dann mal regnet, das Wasser nicht nutzlos abfliessen kann.

    Das bedeutet: Herstellung von Süßwasser aus Meerwasser aus der Ost - und Nordsee - welches regional in großen und vielen kommunal bewirtschafteten unterirdischen Kavernen gespeichert wird.

    Die zu speichernde Menge und die Menge der künstlich auszubringenden Bewässerung sollte sich an den Regenmengen orientieren die zwischen 1970 - und dem Jahr 2000 kommunal gefallen sind um zu verhindern, das der Grundwasserspiegel fällt.

    In Spanien sind bereits 900 Meerwasserentsalzungsanlagen im Einsatz. Ohne diese Anlagen wäre Spanien heute schon in vielen Teilen des Landes unbewohnbar und verödet.

    • @06438 (Profil gelöscht):

      Nicht nur intelligente Bewässerung, auch intelligente Begrünung hilft.



      Superkurzer Rasen ist nach 3 Wochen tot, fertig, Betonboden. Wenn man stattdessen auf den Standort abgestimmte Wildblumen- oder Wildkräutermischungen sät, diese zu Beginn ausreichend versorgt und im Anschluss nur selten mäht, dann spenden sie sich ihren eigenen Schatten, halten den Boden durchlässig und binden das Regenwasser effektiv - auch bei stärkerem Niederschlag.



      Da müssen alle Kommunen ran und vielleicht auch ein paar Gartenbesitzer.



      Ist aber natürlich nur ein Baustein fürs Ganze.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Das zeigt alles auf eine Jahrzehnte lange Ignoranz. Wenn dann in der Not reguliert werden muss, trifft es die Schwächsten am stärksten. Unökologisch ist unsozial.

    Wie soll die Rationierung/Deckelung bei Haushalten von Neukunden praktisch umgesetzt werden? Wie kennt der Versorger den Stand des Verbrauchs? Mittels fernablesbarer Wasseruhr? Kommt dann jemand vom Wasserversorger und dreht vor dem Haus den Hahn ab? Oder wird das künftig mit ferngesteuerten Hähnen an der fernablesbaren Wasseruhr gearbeitet?



    Und wenn mehrere Partien im Haus wohnen?

  • Vielleicht wäre eine Bestandsaufnahme angebracht. Könnte gleich mit der Grunderwerbssteuer gemacht werden

    • @Thomas Derrek:

      Sorry Grundsteuer

  • Die Landwirtschaft ist neben Industrie einer der größten Wasservernichter:



    - Ohne Sinn und Verstand werden ganzjährig Felder drainiert um dann im Sommer über Trockenheit zu klagen



    - Die Ackerböden sind wenig humös und verdichtet, nehmen wenig Wasser auf und speichern es nicht



    - Die Felder werden dann bei Dürre durch kostenlose Entnahmen aus angrenzenden Gewässern beregnet



    - Das grösste Problem ist jedoch die großflächige Vergiftung der Grundwasserbrunnen mit Nitrat aus Gülle und Kunstdünger: Dieses Wasser ist für den Menschen und Tier nicht mehr nutzbar.

    Der Anteil gerade der deutschen industriell geprägten Landwirtschaft am Ökozid wird allenthalben unterschätzt.



    In den 70er war die Industrie sicherlich Wasserverschmutzer No 1.



    Heute ist es die Massentierhaltung mit chemiegrstütztem Intensivanbau und Gülleverklappung.