piwik no script img

DIE PKK BRAUCHT EINEN AUSWEG – UND DIE BEVÖLKERUNG HOFFNUNGLeuchttürme für die kurdische Türkei

Droht im kurdisch bewohnten Südosten der Türkei ein Rückfall in den Bürgerkrieg? Die Zeichen der letzten Wochen sind zumindestens bedrohlich. Die militärischen Auseinandersetzungen nehmen zu, und die Politik, jedenfalls die Regierung in Ankara, bleibt untätig und überlässt den Militärs das Feld. Das erinnert fatal an die frühen 90er-Jahre – und doch ist heute alles anders.

Gekämpft wird nicht mehr mit dem Ziel, einen Teil des Landes in einen kurdischen Staat zu verwandeln. Vielmehr will die PKK erreichen, dass die türkische Regierung, wenn auch indirekt, mit ihr verhandelt und einen politischen Ausweg aus der auf Dauer unhaltbaren Lage in ihrem Zufluchtsgebiet im Nordirak anbietet. Die kurdische Bevölkerung ist mehrheitlich überhaupt nicht daran interessiert, dass die gesamte Region wieder zu einem Kriegsgebiet wird, sondern hofft im Gegenteil, dass mit dem relativen Frieden die Wirtschaft ein wenig in Gang kommt. Hier liegen denn auch die Versäumnisse der Regierung Erdogan. Die Zulassung kurdischer Sprachkurse hat die Lage entspannt, aber viel wichtiger ist, endlich die versprochenen Gelder für den Wiederaufbau und die Rückkehr in die zerstörten Dörfer bereitzustellen und stärker als bislang Industrieansiedlungen im Südosten zu unterstützen.

Das eigentliche Problem ist nicht mehr die PKK. Ein Rest der Guerilla wird weiterbomben. Das Problem bleibt die fehlende Perspektive für die vielen, die der militärischen Gewalt von beiden Seiten überdrüssig sind. Es ist richtig von der EU, darauf hinzuweisen. Noch besser wäre es aber, die türkische Regierung bei konkreten Projekten im Südosten finanziell zu unterstützen, um wenigstens ein paar Leuchttürme der Hoffnung zu errichten. Solange die Mehrheit der kurdischen Bevölkerung einschließlich ihrer politischen Vertreter in der legalen kurdischen Partei Dehap die PKK-Angriffe ablehnt, werden diese eine bestimmte Intensität nicht übersteigen. Wirklich gefährlich wird es erst, wenn der Frust über die schlechte Lebenssituation in Verzweiflung darüber umschlägt, dass sich nichts ändert. JÜRGEN GOTTSCHLICH

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen