Commonwealth-Gipfel in Ruanda: Mit besonderer Note

Mit Ruanda richtet erstmals ein Land, das nie britische Kolonie war, den Commonwealth-Staatengipfel aus. Direkt hinter der Grenze herrscht Krieg.

Grenzübergang in Goma von Kongo nach Ruanda

Der Grenzübergang in Goma von Kongo nach Ruanda, wo es am Freitag einen bewaffneten Zwischenfall gab Foto: reutersreuters

BERLIN taz | Unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen haben am Sonntag in Kigali die Veranstaltungen rund um den Commonwealth-Gipfel begonnen, der am kommenden Freitag und Samstag in der ruandischen Hauptstadt stattfindet. Sowohl für die Nachfolgeorganisation des britischen Empire als auch für Ruanda ist „Chogm 2022“ eine Premiere.

Es ist nicht nur der erste Commonwealth-Gipfel in Ruanda, sondern auch der erste, der nicht in einer ehemaligen britischen Kolonie stattfindet. Das wird dem Ereignis eine besondere Note geben, wenn Ende der Woche Boris Johnson und Prinz Charles dazustoßen.

5.000 Delegierte sind in die herausgeputzte ruandische Hauptstadt geströmt, wo am Sonntag mit einem Jugendforum der Gipfelreigen startete. Der Gipfel hätte eigentlich schon 2020 stattfinden sollen, wurde aber wegen der Covid-19-Pandemie verschoben.

Ruanda übernimmt nun für zwei Jahre den Vorsitz des Staatenbundes, der 54 Mitglieder mit 2,5 Milliarden Menschen umfasst, deren Verbindung hauptsächlich in der gemeinsamen Kolonialvergangenheit besteht – aber eben inzwischen auch Länder umfasst, die sich über das Commonwealth einfach dem englischen Sprach- und Rechtsraum anschließen wollen.

Aufflammen der Gewalt im Kongo

Um so wichtiger ist es für Ruanda als Commonwealth-Neuling – es ist das jüngste Mitglied des Staatenbundes, beigetreten 2009 –, dass dieser Gipfel makellos abläuft. Sein Auftakt fällt zusammen mit einem dramatischen Aufflammen von Bürgerkriegsgewalt direkt jenseits der Grenze in der Demokratischen Republik Kongo, wo die von Ruanda zumindest moralisch unterstützte Rebellenbewegung M23 (Bewegung des 23. März) erneut zu den Waffen gegriffen hat.

Ein Überschwappen von Gewalt nach Ruanda ausgerechnet in der Commonwealth-Gipfelwoche wäre für Ruandas Regierung peinlich, zumal manche Gipfelgäste teure Reisen zu den seltenen Berggorillas in den Vulkanen an Kongos Grenze im Programm haben.

Die M23 verjagte am vergangenen Montag Kongos Armee aus der kongolesischen Handelsstadt Bunagana jenseits der Vulkane mit den Berggorillas. Am Wochenende stand sie wenige Kilometer vor der Distrikthauptstadt Rutshuru.

In der Provinzhauptstadt Goma direkt an Ruandas Grenze und in Kongos ferner Hauptstadt Kinshasa hat das zu Massenprotesten gegen Ruanda geführt. Videos zeigen aufgehetzte Jugendliche mit Macheten, es gab gewaltsame Übergriffe auf Tutsi.

Die UN-Mission im Kongo und die kongolesische Regierung haben die Hetze verurteilt, und der katholische Bischof von Goma rief in einem am Sonntag in den Kirchen verlesenen Hirtenbrief dazu auf, „ethnischen Hass, Agitation, Exklusion des Anderen und Gewalt zu vermeiden“.

Wird die Gewalt nach Ruanda getragen?

Die Lage könnte schnell zum Krieg mit Ruanda eskalieren. Am Freitag überquerte ein von der Front gegen die M23 zurückgekehrter kongolesischer Soldat in Goma die Grenze nach Ruanda und eröffnete das Feuer auf die ruandischen Grenzer, von denen er zwei verwundete, bevor er selbst erschossen wurde.

Nun hat Kongos Regierung die Grenze geschlossen, Kongos Präsident Felix Tshisekedi hat den britischen Premierminister Johnson aufgefordert, Druck auf Ruanda auszuüben. Tshisekedi steht unter Druck, da Scharfmacher in Kinshasa offen zum Krieg mit Ruanda aufrufen.

Besonders bedenklich erscheint da ein Vorfall am Samstag, als im Nationalpark Nyungwe im Südwesten Ruandas ein Reisebus beschossen wurde. Der Fahrer und ein Fahrgast wurden getötet.

Ruandas Behörden machten die im Kongo basierte Rebellengruppe FLN (Nationale Befreiungsfront) verantwortlich, bewaffneter Arm einer Hutu-Exilpartei, deren Mitgründer Paul Rusesabagina vergangenes Jahr wegen Terrorismus zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde.

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