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Rückläufiger TrendImmer weniger Sozialwohnungen

Weiterhin fallen mehr Wohnungen aus der öffentlichen Förderung als Sozialwohnungen gebaut werden. Geld der Ampelkoalition soll das ändern.

Seltener Ablick in Deutschland: Wohnungsbau, hier eine Baustelle in Lübeck Foto: Felix Koenig/54 Grad/imago

Wenn er nicht gerade Kli­ma­ak­ti­vis­t*in­nen mit Nazis vergleicht, verspricht Bundeskanzler Olaf Scholz auch gern unhaltbare Dinge: Es klang schön, als er als SPD-Spitzenkandidat im Wahlkampf am 10. Juni 2021 auf dem Deutschen Mietertag sagte: „Wohnen ist eine der großen sozialen Fragen unserer Zeit“ und deswegen einen Aufbruch versprach.

Die SPD forderte, Mieten in angespannten Wohnungsmärkten einzufrieren, und versprach 400.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen, davon 100.000 Sozialwohnungen. Während aber wirksame Preisregulationen zugunsten der gut 48 Millionen zur Miete lebenden Menschen in Deutschland Verhandlungsmasse für die Koalition mit der FDP gewesen sein dürften, finden sich im Koalitionsvertrag nur noch die ambitionierten Neubauziele wieder.

Aber auch die wackeln: Es ist absehbar, dass die versprochenen 400.000 neuen Wohnungen zunächst nicht erreichbar sind. Auch angesichts von Lieferengpässen nach der Coronakrise und dem Ukraine-Krieg und dem schon zuvor bestehenden Fachkräftemangel und einer überlasteten Bauwirtschaft. Zudem steigen Grundstückspreise dort, wo die Wohnungsnot am dringendsten ist: in Großstädten.

Allerdings war auch bereits vor dem Ukraine-Krieg absehbar, dass die versprochenen 100.000 öffentlich geförderten Wohnungen und die restlichen 300.000 dann wohl teuren Wohnungen ein leeres Versprechen waren. 2021 sank die Zahl der fertig gestellten Wohnungen um vier Prozent auf 293.000 neue Wohnungen, wobei die Zahl der Baugenehmigungen auf einem Rekordhoch von 850.000 Wohnungen liegt. Dennoch wird das Ziel für 2022 voraussichtlich verfehlt werden.

Tiefstand bei den Sozialwohnungen

Insbesondere jedoch im Bereich des sozialen Wohnungsbau scheint es unwahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren die Ziele erreicht werden: Die Vorgaben von 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr sind zwar ambitioniert und nach Ansicht von Ex­per­t*in­nen geeignet, um den Mangel zu beseitigen.

Aber im sozialen Wohnungsbau zeigt sich, dass der Trend der letzten Jahre rückläufig ist: Allein im Jahr 2020 fielen rund 56.000 Wohnungen aus der Sozialbindung, weil die öffentliche Förderung im sozialen Wohnungsbau in der Regel nach einem gewissen Zeitraum ausläuft. Neu errichtet wurden in dem Jahr lediglich 23.0000 – macht ein Minus von 33.000 Wohnungen für 2020. Die Zahlen ergeben sich aus einer der taz vorliegenden kleinen Anfrage der Linken Bundestagsabgeordneten Caren Lay. Laut der Antwort von Staatssekretärin Cansel Kiziltepe für Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) liegen für das Jahr 2021 noch keine Daten vor.

Die Sozialwohnungen haben damit einen Tiefstand erreicht: Rund 1.1 Millionen gab es 2020. Zehn Jahre zuvor waren es noch 1,5 Millionen, Tendenz sinkend. Allein in der vergangenen Legislatur unter der schwarz-roten Regierung von Merkel und Scholz fielen unterm Strich 140.000 Sozialwohnungen weg – trotz zunehmender Wohnungsnot.

Wie viele Wohnungen in den nächsten zehn Jahren aus der Sozialbindung fallen werden, weiß die Bundesregierung aktuell laut Auskunft nicht – auch weil die Länder für soziale Wohnraumförderung zuständig sind und Wohnungen mit kommunalen Bau- und Wohnungsgesellschaften bauen sollen. Überhaupt klingen die Antworten so, als wenn die Bundesregierung vorsorglich schon mal die Länder in die Pflicht nehme, denen sie im sozialen Wohnungsbau „eine große Verantwortung“ zuschreibt.

Der Bund stellt lediglich Subventionen für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung: 14,5 Milliarden Euro hat die Ampel-Regierung von 2022 bis 2026 eingeplant – um das „Abschmelzen des Sozialwohnungsbestandes zu bremsen und umzukehren“ wie es in der Antwort heißt. Es ist immerhin eine deutliche Steigerung der bisherigen Mittel.

Förderung zu niedrig angesetzt

Ob dies ausreicht, ist allerdings fraglich. Eine vom Pestel-Institut im Auftrag von Sozialverbänden, IG Bau und dem Mieterbund durchgeführte Studie kommt auf einen Subventionsbedarf von mindestens 5 Milliarden Euro Förderung jährlich – auch weil die Preise angesichts von Inflation und Lieferengpässen deutlich stiegen. Wenn man dann noch den Klimaschutz und ökologische Anforderungen ernst nehme, brauche es gar 8,5 Milliarden jährlich für den sozialen Wohnungsbau, heißt es dort.

Caren Lay von der Linken hält entsprechend das Investitionsprogramm des Bundes für nicht ausreichend. Sie sagte der taz: „Der soziale Wohnungsbau muss gerettet werden.“ Die Bundesregierung engagiere sich zu wenig gegen den Wegfall von Sozialwohnungen. Es sei „organisierte Verantwortungslosigkeit, nicht genug Mittel bereitzustellen“ und die Schuld für nicht nicht erreichte Ziele schon jetzt bei den Ländern zu suchen. „So wird es schwer, überhaupt eine Zunahme an sozialen Mietwohnungen zu erreichen“, so Lay.

Die Linke forderte ein öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild mit zehn Milliarden Euro jährlich. Ebenso forderte Lay die schnelle Umsetzung der neuen Wohngemeinnützigkeit, die aktuell noch von der Ampel-Regierung geprüft wird. Das ist eine Initiative der Grünen, die Anreize und Förderungen schaffen will, damit Wohnraum dauerhaft sozialgerecht bleibt.

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2 Kommentare

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  • Das System ist falsch.



    Überall muss nachgebessert werden und trotzdem bleibt ein Großteil der Bürger auf der Strecke.

  • "Wohnen ist eine der großen sozialen Fragen unserer Zeit"

    Nein, nein. Ihr habt den Scholz nur falsch verstanden.

    Was er meint: wo sollen die armen Investoren ihre Rendite herkriegen? Die Zinsen sind ganz, ganz unten. Staatsanleihen bringen's auch nicht. Aktien sind riskant; gelegentlich macht 'ne solide deutsche Firma 'nen Wirecard und...

    Dann gibt es noch Bitcoin und das Zeugs, aber das wird einem ständig von russischen Hackern geklaut.

    Woher also? Na klar! Bauenbauenbauen. Solide, und wenn's beim Mieter nicht ganz reicht, springt der Staat mit Wohngeld schon ein.

    Sozial für die, die es schon haben.