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Römische Bäder in SanssouciTüren öffnen sich

Die Römischen Bäder im Park Sanssouci sollen saniert werden. Die Ausstellung „Denk x Pflege“ führt an Orte, die bisher verschlossen waren.

Königlicher Geschmack: Friedrich Wilhelm IV. baute Thermen nach römischem Vorbild in Potsdam Foto: Leo Seidel

Berlin taz | Große Gartenanlagen sind eigentlich immer Versuche zur Wiedergewinnung eines irdischen Paradieses. Für den Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. (1795–1861), den Romantiker auf dem Thron, lag das Paradies in Italien, und zwar in einem Italien der römischen Antike.

Als er zu Weihnachten 1825 von seinem Vater ein direkt südlich an den friderizianischen Park Sanssouci angrenzendes Areal geschenkt bekam, sollte hier für den damaligen Kronprinzen ein Idealbild eines schönen Lebens Wirklichkeit werden. Der zeichnerisch versierte Italienschwärmer entwickelte weitgehend selbst die Pläne, während Karl Friedrich Schinkel (1781–1841) für die Architektur und Peter Joseph Lenné (1789–1866) für die umgebende Gartengestaltung mit dem Prinzen kooperierten und dabei halfen, dessen Ideen umzusetzen.

Schloss Charlottenhof und das zugehörige Gärtnerhaus samt Thermen, die sogenannten Römischen Bäder, entstanden innerhalb von etwa zwei Jahrzehnten sukzessive ab 1829, unmittelbar nach einer Italienreise des Kronprinzen. Seit 1990 gehören diese Anlagen als Teil des Gesamtkomplexes von Sanssouci zum Weltkulturerbe der Unesco.

Ein Plan des fertiggestellten Areals aus der Mitte des 19. Jahrhunderts ist nun auch in einer Ausstellung der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten in den Römischen Bädern zu sehen, die allerdings nicht nur der Vergangenheit des Gebäude‑ und Gartenkomplexes gewidmet ist, sondern auch und vor allem der Zukunft. Denn sämtliche Teile der Anlage – das Gärtner‑ und Gehilfenhaus, die Thermen, der Seepavillon und die darin, darum und dazwischen liegenden Gärten – sind stark beschädigt und sanierungsbedürftig.

Denkwürdige Einblicke

Denkmal Bevor die Römischen Bäder im Schlosspark Sanssouci für mehrere Jahre wegen nötiger Bau- und Restaurierungsarbeiten geschlossen werden, zeigt die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg dort bis zum 31. Oktober die Ausstellung „Denk x Pflege“.

Einblicke Die Ausstellung ist von Dienstag bis Sonntag, 10 bis 17.30 Uhr, geöffnet und führt in einem Rundgang durch das Ensemble der Römischen Bäder. Dabei erhalten Interessierte erstmals wieder Einblicke in einige Räume und Bereiche, die seit Jahren verschlossen waren. (taz)

Jetzt schlägt die Stunde der Denkmalpflege. Die Restaurierung und Ertüchtigung für einen „angenehmen“ Aufenthalt zukünftiger Besucher ist beschlossen. 15,3 Millionen Euro stehen dafür bereit.

Die Aufgabe ist durchaus komplex und aufwendig. Was wird hier also unternommen? Darum geht es unter dem Titel „Denk x Pflege“ in der Ausstellung, die allgemeinverständlich erklären will, was ab November vor Ort passieren soll, wenn die „Bäder“ voraussichtlich bis 2024 zwecks Restaurierung geschlossen bleiben werden.

Die Leerstellen am Ort

Zuvor kann man jetzt in 15 Stationen durch die Anlage wandeln, auch an Orte, die bislang gerade wegen der baulichen Schäden verschlossen bleiben mussten. Allenthalben begegnen einem auf dem Rundgang Kästen mit Abbildungen von fotografierten Objekten auf rotem Grund. Die Kästen zeigen die Leerstellen des Ortes, wo ursprüngliche Ausstattungsstücke in den letzten Jahren fehlten.

Bei dem wiederzugewinnenden Originalzustand orientieren sich die Restauratoren am Zustand von circa 1860. Einige Stücke aus der Ausstattung der Anlage – wie eine große, im Freien stehende Schale, von der nur noch der Fuß existiert – sind offenbar seit um 1945 verschollen. Anderes wurde durch Klima und Witterung so geschädigt, dass es eingelagert werden musste.

Dazu gehört auch der Mosaikfußboden in den sogenannten Thermen, nach Vorbildern aus Pompeji gefertigt. In den Thermen wurde allerdings trotz der dort aufgestellten Prunkbadewanne – ein Geschenk von Zar Nikolaus I. – niemals gebadet. Die Thermen sollten vielmehr das Bild eines luxuriösen römischen Hofhauses wiedergeben, dessen Vorbilder in Pompeji erst wenige Jahre zuvor wieder ausgegraben worden waren.

Die Thermen in Sanssouci waren zu Zeiten Friedrich Wilhelms IV. Zierwerk, gebadet wurde dort nicht Foto: Leo Seidel

Das Gärtnerhaus dagegen ist die Nachahmung eines italienischen Gutshauses, als legeres Pendant zum nahegelegenen Schloss Charlottenhof in streng klassizistischen Formen. Rings um dieses turmgekrönte Wohnhaus für den Gärtner und das angeschlossene Gehilfenhaus erstreckten sich ursprünglich tatsächlich Gärten, in denen italienisches Gemüse und Zierblumen gezogen wurden. Auch gab es allerlei Federvieh, das den Eindruck eines ländlichen Anwesens verbreiten sollte. Interessanterweise werden bei diesen außenliegenden Gärten durch die sonst so skrupulös arbeitende Denkmalpflege Abstriche bei der Rekonstruktion gemacht, weil – so die Begründung– der immense Pflegeaufwand heute nicht mehr geleistet werden könne.

Die Schlösserstiftung habe derzeit ohnehin einen „Sanierungsstau“, erklärte deren Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr beim Pressetermin zur Schau Ende April. Das heißt: Der normale Unterhalt der Anlagen, so Vogtherr, könne den permanenten Verfall der Substanz an Schlössern und Gärten gar nicht aufhalten, geschweige denn kompensieren. Sonderinvestitionsprogramme mit Mitteln von Bund, Berlin und Brandenburg sind daher aufgelegt worden, wovon nun auch die Römischen Bäder profitieren.

Auch wenn der erste Eindruck auf marode Gemäuer, auf mit Hausschwamm befallene Wände und abgeplatzte Wandmalereien auf den jetzigen Besucher schockierend wirken mag: Es gibt doch eine ganze Menge, immerhin 90 Prozent, das bei den Römischen Bädern noch original vorhanden ist, darunter viele antike Objekte. Auch zwölf der einst 17 Gemälde im Seepavillon existieren noch.

Der in Form eines griechischen Tempels gehaltene Pavillon direkt am ehemaligen Maschinenteich ist allerdings ein besonderer Problemfall, weil jede Öffnung für Besucher ein „artgerechtes“ Klima für den Bau – nach einem Entwurf von Schinkel im Übrigen – und für die Gemälde an den Wänden ringsum beeinträchtigen würde. Hier muss die Denkmalpflege abwägen, wie Lösungen gefunden werden können – oder ob der Pavillon nur von außen einzusehen sein kann. Ähnliches gilt auch für die Frage nach Barrierefreiheit. Hier sind detaillierte Antworten noch offen.

Denn offenbar will der Blick hinter die Kulissen und auf die Arbeit der Planer und Gutachter, es sind ungefähr zwei Dutzend beteiligt, eher die Problemlage anschaulich machen, die eine solche Sanierung stellt. Vieles, ja eigentlich fast alles, könnte man in der Behandlung dieses Sanierungsfalles anders machen. Wird etwa bei der Rekonstruktion der verlorenen Nutzgärten gespart, so muss andererseits schon zur aktuellen Ausstellung unbedingt ein „Coffee-Bike“ bereitstehen. Aber vielleicht braucht es ja heute einen Espresso und Eis, um in die „Italiensehnsucht“ früherer Zeiten einzustimmen.

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