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Vorwürfe wegen BezahlsystemEU droht Apple mit hoher Strafe

Apple hat eine starke Marktstellung. Die EU-Kommission glaubt, dass das Unternehmen Innovationen beim mobilen Zahlen mit Smartphones behindert.

Das Smartphone hat schon viele Funktionen, seit einiger Zeit lässt es sich auch zum Bezahlen nutzen Foto: Richard Drew/ap

Nutzt Apple seine starke Marktstellung bei Smartphones, um seiner digitalen Geldbörse Apple Pay Vorteile zu verschaffen? Die EU-Kommission hat vorige Woche ein Beschwerdeschreiben an Apple verschickt, das für Apple noch teuer werden kann. Das Smartphone hat schon viele Funktionen. Man kann Telefonieren, Zeitung lesen, Fotografieren und inzwischen auch an der Ladenkasse seine Einkäufe bezahlen. Banken haben hierzu entweder eigene Apps entwickelt oder sie nutzen die digitalen Geldbörsen von Google (Google Pay) oder Apple (Apple Pay).

In der Regel erlauben Banken das kontaktlose Zahlen bei Beträgen bis 25 Euro ohne weitere Authentifizierung (etwa durch eine PIN). Die Kun­d:in hält nur das Smartphone nahe an das Terminal im Laden, schon ist die Zahlung angewiesen. Diese verschlüsselte Nahfeldkommunikation (Near Field Communication, NFC) nutzt die RFID-Technologie und ist heute der Standard beim mobilen Bezahlen. Das iPhone 6, das 2014 auf den Markt kam, war das erste Apple-Smartphone, das einen NFC-Chip aufwies. Apple sorgte jedoch dafür, dass nur seine eigene Geldbörse Apple Pay diese NFC-Schnittstelle nutzen kann.

Die Apps von Banken dürfen auf iPhones nicht auf die NFC-Technologie zugreifen. Auch Entwickler von konkurrierenden digitalen Geldbörsen erhalten keinen NFC-Zugriff. Apple begründet dies mit Sicherheitsbedenken. Allerdings gibt es diese Beschränkungen beim konkurrierenden Betriebssystem Android von Google nicht, das auf über 70 Prozent der Smartphones läuft. Die EU-Kommission hatte schon im Juni 2020 eine förmliche Untersuchung gegen Apple eingeleitet. Zuvor hatte sich zum Beispiel der Zahlungsdienst Paypal beschwert, der zwar eine digitale Geldbörse für Android-Smartphones entwickeln konnte, nicht aber für Smartphones mit dem iOS-Betriebssystem von Apple.

Jetzt hat die EU-Kommission ihre Untersuchung vorläufig abgeschlossen. Sie kam zum Zwischenergebnis, dass Apples Verhalten den Wettbewerb behindert und Verbraucher damit benachteiligt. iPhone-Nutzer:innen hätten keine Auswahl, welche digitale Geldbörse sie nutzen; für sie stehe nur Apple Pay zur Verfügung.

Fehlender Wettbewerb könnte Fortschritt verhindern

Der fehlende Wettbewerb hindere auch Innovationen, kritisierte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Während digitale Geldbörsen auf Android-Phones auch ergänzende Services anbieten, wie „buy now, pay later“ oder leicht zugängliche Finanzübersichten, fehlten solche bei Apple Pay. Nach Ansicht Vestagers sind sogar Android-Kund:innen von Apples Blockade negativ betroffen. Da die Entwicklung einer mobilen Zahlungs-App teuer ist, hätten schon manche Firmen auf diesen Schritt verzichtet. Das Risiko sei zu groß, wenn man nur Android-Kund:innen, nicht aber iPhone-Nutzer:innen erreicht.

Apple kann zu den Vorwürfen der EU-Kommission nun Stellung nehmen. Wenn die Kommission am Ende immer noch überzeugt ist, dass Apple eine marktbeherrschende Stellung missbraucht hat, kann es eine Geldbuße verhängen. Maximale Höhe: 10 Prozent des Vorjahresumsatzes von Apple (das 2021 einen Jahresumsatz von 365 Mrd. Euro erzielte). Sollte Apple nicht reagieren, könnte die Kommission zusätzlich tägliche Zwangsgelder in Höhe von 5 Prozent des Tagesumsatzes anordnen. Apple könnte gegen solche Sanktionen aber auch Rechtsmittel beim Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg einlegen.

Für die EU-Kommission ist dieses Verfahren nur ein Vorspiel für die Anwendung des Digital Markets Act, eine EU-Verordnung, die kurz vor der Verabschiedung steht und wohl ab Anfang 2023 gelten wird. Dann sind Digital-Konzerne, die als Gatekeeper gelten, direkt verpflichtet, die Interoperabilität (Zusammenarbeitsfähigkeit) ihrer Hard- und Software sicherzustellen. Dazu gehöre auch der NFC-Zugang beim mobilen Bezahlen, betonte Kommissarin Vestager.

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3 Kommentare

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  • ..und:

    Wallets machen keinen Profit. Der Profit wird mit den Kreditkarten gemacht, die in der Wallet gespeichert sind.



    Also Profit der Banken, nicht von Apple.

    Es geht also um *rein hypothetische* Vorteile: falls jemand eine andere imaginäre Wallet App - die kostenlos ist und keinen Profit generiert - schreiben möchte die mit Apple Wallet konkurriert hätte diese derzeit keinen Zugriff auf NFC.

    Die EU will also die Benutzerfreundlichkeit und Vorteile von Apple Wallet für alle Endnutzer einschränken - um fair zu hypothetischen Entwicklern einer hypothetischen App zu sein, die in der Realität nicht existiert (und beispielsweise bei Android, wo die App NFC Zugriff hat, super erfolgreich wäre).

    Mal angenommen es gäbe diese superinnovativen App Entwickler wirklich, sie hätten eine gute Idee, die vom Zugriff auf NFC abhängt - in solchen Fällen lässt Apple *immer* mit sich reden - der App Store war anfangs auch nicht offen für Entwickler - denn innovative Apps sind ein echter Geschäftsvorteil für Apple.

  • Argh, dass kommt dabei heraus wenn 12-o'clock-flasher versuchen, sich in technologischen Fortschritt einzumischen.

    NFC gibt's bei Android seit 2011, war aber immer komplett erfolglos, wegen der nutzerunfreundlichen Bedienung.

    Laut Daten von 2017 wird ApplePay global bei 90% von kontaktlosen Geldtransaktionen verwendet - das bei einem Android Marktanteil der vielfach höher ist als der von Apple.



    Apple hält keinen einzigen Android Benutzer davon ab, GooglePay etc. zu verwenden. Anti-competitive??

    Wallet ist keine App, es ist Teil des Betriebssystems - verständlich, das Politiker nicht in der Lage sind, den Unterschied zu verstehen...

    Die Kreditkarte von *jeder* Bank kann mit Wallet verwendet werden. Wenn's nur Apple's eigene Kreditkarte wäre, wäre die Aufregung verständlicher..

    Die Zahlungen laufen übrigens nicht ohne Authentifizierung ab, die Authentifizierung - mit Fingerabdruck oder Gesichtserkennung - ist ein entscheidender Teil des Zahlungsvorgangs. Auch Teil des Betriebssystems, nicht mit einer App gelöst. Einfach genug für den Endnutzer, dass man das schon mal übersehen kann.

    Wer schon mal eine App wie die der Postbank verwendet hat wird vielleicht verstehen das solche extrem nutzerfeindlichen Apps von planlosen Entwicklern keine Chance haben sich durchzusetzen, ausser es wird - entgegen Nutzerinteressen - von Politikern erzwungen...

  • Wie ist denn das mit den 30% Umsatzbeteiligung die Apple für jede Finanztransaktion von einem iGadget haben will [Stichwort "in App Käufe"] ?

    Und so "by the way" veläuft das eh im Sande.



    Dass Behörden in Sachen Kartelle und Wettbewerbsverzerrung völlig machtlos sind sieht man am besten daran, dass Leuchtmittel (vulgo: Glühbirnen) nach wie vor eine Lebensdauer von nur 1000 Stunden haben.

    (de.wikipedia.org/wiki/Phoebuskartell)