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Lieferkettenprobleme deutscher FirmenWirtschaft im Staccato-Modus

Laut Minister Habeck halten die Lieferkettenprobleme an: Der Mittelstand leidet weiterhin unter den Folgen von Corona, Krieg und Brexit.

Laut KfW-Bericht 2022 besonders von Lieferengpässen betroffen: die Bauwirtschaft Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa

Berlin taz | Erstaunliche drei Viertel der kleinen und mittleren Produktionsbetriebe hierzulande leiden unter Lieferengpässen. Sie bekommen etwa Vorprodukte, die sie dringend brauchen, nur verzögert. Diese aktuelle Zahl hat die öffentliche KfW-Bankengruppe am Montag veröffentlicht. Ursachen sind die Coronapandemie, der russische Krieg, aber auch der Brexit. „Staccato“ nennt das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne): „Es läuft nicht mehr glatt durch, es wird produziert, dann wird abgebrochen.“

Eine Reihe von Programmen hat die Regierung mittlerweile aufgelegt, um die Firmen zu unterstützen. Bei Beratungen mit mehr als 40 Mittelstandsverbänden verwies Habeck am Montag auf Bürgschaften und Sonderkredite der KfW. Andererseits betonte er, dass die Politik nicht jede Auswirkung der schwierigen weltwirtschaftlichen Situation mit Milliarden Euro abfedern könne.

Der sogenannte Internationalisierungsbericht 2022 der KfW zeigt, dass neben dem verarbeitenden Gewerbe auch die Bauwirtschaft besonders betroffen ist. In dieser Branche haben ebenfalls drei Viertel der Firmen Lieferprobleme. Seit September vergangenen Jahres hat sich die Lage für sie nicht entspannt. Besser sieht es dagegen im Dienstleistungssektor aus. Insgesamt litten in diesem März 42 Prozent der kleinen und mittleren Betriebe unter brüchigen Lieferketten – im vergangenen September waren es 48 Prozent. Mit ihrem Mittelstandspanel untersucht die KfW regelmäßig die Situation der kleinen und mittleren Firmen bis zu 500 Millionen Euro Jahresumsatz.

Die meisten Probleme bereiten immer noch die Ausläufer der Coronapandemie. Aktuell, weil viele Unternehmen nichts produzieren und sich die Schiffe vor den Häfen stauen. Hinzu kommen die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine. Metall-Rohstoffe wie Palladium oder Titan aus Russland fehlen, die Preise steigen. Produzenten mit Sitz in der Ukraine können nicht wie gewohnt liefern. Und die ukrainischen Fahrer, die normalerweise die Lkw durch Europa steuern, müssen an die Front. Wobei sich die Folgen des Krieges noch in Grenzen halten. Nur rund drei Prozent der kleinen und mittleren Firmen kaufen oder verkaufen in Russland.

Resilienz von Lieferketten wird wichtiger

Viele Mittelständler rechnen laut KfW damit, dass die Probleme nicht schnell verschwinden, sondern mehr als sechs Monate andauern. Ihre Kundinnen und Kunden spüren das nicht nur, weil die Firmen Liefertermine verschieben, sondern auch, weil sie die Preise erhöhen. Ein Viertel der Betriebe will zu dieser Variante greifen.

Als Konsequenz aus den Missständen rät die öffentliche Förderbank dem Mittelstand: „Neben der Effizienz dürfte zukünftig auch der Resilienz von Lieferketten ein höherer Stellenwert zukommen.“ Konkret bedeutet das unter anderem, die Firmen sollten China durch Handelspartner in anderen Staaten ausbalancieren. Achim Wambach, Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim, nennt etwa Nord- und Südamerika sowie Indien. Knapp ein Drittel der hiesigen Klein- und Mittelunternehmen bezieht Vorprodukte und -leistungen aus dem Ausland.

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