: Afrika muss abwarten und Tee trinken
Der Krieg in der Ukraine und die Isolierung Russlands treffen Ostafrikas Exporte hart. Blumen, Gewürze, Kaffee, Tee – überall bricht ein großer Teil der Nachfrage weg
Aus Kampala Simone Schlindwein
Die Folgen der Sanktionen gegen Russland aufgrund des Ukraine-Krieges sind in Ostafrika bereits spürbar. Bei der wöchentlichen Tee-Auktion in der kenianischen Hafenstadt Mombasa am Indischen Ozean, einem der größten Umschlagplätze des Kontinents, fielen die Preise für ein Kilo Tee vergangene Woche auf ein Rekordtief: 2,30 US-Dollar – der fünfte wöchentliche Rückgang in Folge, nach einem Vierjahreshoch von 2,62 im Februar.
Der Grund: Die russischen Importeure fehlten bei der Auktion. Russland ist der fünftgrößte Abnehmer von kenianischem Tee nach Pakistan, Ägypten, Großbritannien und den Arabischen Emiraten. So herrschen an der Teebörse ein Überangebot und nur geringe Nachfrage – das ließ die Preise in den Keller sinken, und ein Viertel des Angebots blieb unverkäuflich.
Ähnlich desolat für Ostafrikas Exportwirtschaft sieht es aus bei Schnittblumen, Frischobst und Kaffee. Auch dafür ist Russland ein großer Abnehmer. All diese Waren können nun aufgrund der weitreichenden Sanktionen gegen Moskau nicht mehr verschifft werden. „Passagier- und Frachtflugzeuge können die Region nicht anfliegen. Sie können den ukrainischen Luftraum nicht überfliegen und unsere Exporte nach Russland erreichen Moskau größtenteils über Polen“, so Johnson Weru, Staatssekretär des kenianischen Handelsministeriums. „Unser Handel mit Russland wird definitiv von dieser Schließung des Luftraums betroffen sein.“
Exporte im Wert von rund 87 Millionen US-Dollar gehen allein aus Kenia jährlich nach Russland. Schnittblumen sind nach Tee die größte Quelle für Deviseneinnahmen für Kenia. Laut Kenias Blumen-Rat, der zentralen Agentur zum Export von Schnittblumen, erwirtschaftete der Blumensektor im Jahr 2020 etwa umgerechnet fast eine Milliarde US-Dollar. Doch das internationale Bezahlungssystem Swift hat Russland aus seinen Diensten ausgeschlossen, internationale Kontoüberweisungen von und nach Russland sind nicht mehr möglich.
Jetzt bleiben die ostafrikanischen Länder auf ihren Waren sitzen. Auch ugandische Kaffeeexporte nach Russland in Höhe von schätzungsweise sieben Millionen US-Dollar sind betroffen. Erst im November vergangenen Jahres hatte eine russische Delegation Ugandas Kaffeeproduzenten besucht und einen Deal beschlossen: Russland will der größte Abnehmer für Robusta-Kaffee aus Uganda werden – Bohnen geringerer Qualität werden zu russischem Kaffeepulver verarbeitet. Kaffee und Gewürze im Wert von über zehn Million US-Dollar exportierte Uganda schon 2020 nach Russland – das fällt jetzt weg.
Für die Länder Ostafrikas bedeutet dies einen enormen Verlust an Devisen. Der US-Dollar wird knapper und teurer, Importpreise steigen, dadurch wird die Inflation angeheizt, die aufgrund der Langzeitfolgen der Coronapandemie und der monatelangen Schließung der Wirtschaft ohnehin hoch ist.
Nun fürchten Ostafrikas Wirtschaften auch einen Anstieg der Öl- und Benzinpreise. Diese liegen aufgrund der wochenlangen Streiks der Lastwagenfahrer wegen hoher Coronatestkosten an den Grenzen ohnehin auf einem Rekordhoch. 5.000 ugandische Schilling, umgerechnet 1,27 Euro, kostet der Liter Benzin derzeit in Ugandas Hauptstadt Kampala – für Normalverdiener ist Tanken jetzt unerschwinglich.
Kenia belässt deswegen eine Benzinpreissubvention in Kraft. Und Tansanias Energieministerium teilte mit, dass der seit Juli 2021 auferlegte Aufschlag von 0,043 USD auf einen Liter Benzin, Diesel und Kerosin abgeschafft wurde, da die Regierung den internationalen Markt im Auge behält.
Obwohl die tansanische Regierung dadurch 13 Millionen US-Dollar an monatlichen Einnahmen verliert, sei die Aussetzung notwendig, „um die Bürger vor den Auswirkungen der globalen Ölpreise weltweit zu schützen“, so das Ministerium. „Wenn diese Entscheidung nicht getroffen worden wäre, wären die Tankstellenpreise in Tansania ab März aus verschiedenen Gründen, einschließlich des sich entwickelnden Krieges in Osteuropa, viel zu hoch geworden.“
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