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Haushalt für EntwicklungJeder achte Euro soll wegfallen

Die Regierung will die Entwicklungshilfe um 1,6 Milliarden Euro kürzen. Ministerin Schulze hofft auf eine nachträgliche Steigerung.

Ministerin Schulze Anfang März im Unicef-Camp für Geflüchtete an der rumänisch-ukrainischen Grenze Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Berlin taz | Der von der Bundesregierung eingebrachte Haushaltsentwurf sieht Kürzungen in Höhe von rund 1,6 Milliarden Euro für den Entwicklungshilfeetat vor. Dieser soll in diesem Jahr nur noch 10,85 Milliarden Euro betragen, gegenüber 12,43 Milliarden Euro im Vorjahr. Damit fiele jeder achte Euro weg.

Um diese Kürzung zu kompensieren, muss die zuständige Ministerin für Entwicklung und Zusammenarbeit, Svenja Schulze, SPD, an zahlreichen Stellen sparen. So will ihr Haus laut Entwurf 55 Millionen Euro weniger für die Bekämpfung von Fluchtursachen ausgeben, 60 Millionen Euro sollen bei der Bekämpfung von Hunger gestrichen werden, für das zivilgesellschaftliche, kommunale und wirtschaftliche Engagement hat Schulze 100 Millionen Euro weniger eingestellt.

Die entwicklungspolitische Sprecherin der Linken, Cornelia Möhring, bezeichnete den am Mittwoch vorgestellten Entwurf als „entwicklungspolitische Katastrophe“. „Für die Aufrüstung der Bundeswehr stehen in diesem Jahr 75 Milliarden Euro zur Verfügung – doch ausgerechnet bei der Entwicklungszusammenarbeit soll radikal gekürzt werden“, so Möhring. Auch der entwicklungspolitische Verband Venro hat vor einer Kürzung der Mittel des Entwicklungsministeriums gewarnt.

Im Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel eigentlich darauf verständigt, dass die Ausgaben für Krisenprävention, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit im Maßstab eins zu eins wie die Ausgaben für Verteidigung steigen sollen. Gegenüber der Augsburger Allgemeinen forderte Schulze am Mittwoch mehr Mittel für ihr Ressort. Die Welt laufe angesichts des Krieges in der Ukraine auf Hungersnöte zu. Sie sei zuversichtlich, dass im Ergänzungshaushalt mehr Geld bereitgestellt werde.

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1 Kommentar

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  • Ein Kommentar des SWR, M. Stempfle, in den tagesthemen brachte es auf diesen Punkt. Entwicklungshilfe wird den Krieg in der Ukraine nicht beenden. Danach, Lambrecht als Verteidigungsministerin und Politikerin solle nicht über die Waffenkäufe entscheiden, sondern das dem Generalinspekteur der Bundeswehr überlassen.

    Man sieht die geballte Unbedarftheit des Hauptstadtjournalismus.

    Entwicklungshilfe ist der falsche Begriff.



    Afrika und Asien machen in Anzahl die Mehrheit der Weltbevölkerung und Absatzmärkte aus.



    Sie sind DIE Rohstoffquelle für Europa.

    An der "Entwicklungshilfe", so hatten es China und Russland erkannt, ist die geopolitische Bedeutung und Verbindung für die Zukunft geschaffen.

    China baut, wie das British Empire einst, die Infrastruktur in Afrika. Eisenbahnen, Häfen, gesamte Verkehr- und Energie- und digitale Infrastruktur. China vergibt dafür zusätzlich an die afrikanischen Staaten Kredite.

    Russland liefert Waffen nach Indien, in afrikanische Staaten, in den Nahen Osten. Und unterstützt in vielen Ländern politische und militärische Kräfte, die Regierungen stürzen oder destabilisieren, wenn sie demokratisch orientiert sind.

    Entwicklungshilfe ist keine Wohltat Europas; es braucht einen Demokratie-Stabilisierungspakt im Interesse von Sicherheit und des wirtschaftlichen Wohlstands in Europa. Es ist unser Interesse in Indien, Pakistan, Asien und Vorderasien, auf dem Balkan und in afrikanischen Staaten zu einer Demokratisierung und Stabilisierung von freiheitlich demokratischen Regierungen zu sorgen.

    Weizenlieferungen und Nahrungsmittel und Energie müssen in betroffene Staaten von europäischer Seite, aus demokratischen Staaten kommen, um jede weitere Abhängigkeit von totalitären Systemen zu unterbinden.

    JETZT. Ein Sonderfonds der EU.

    Das ist mindestens genauso prioritär wie Waffenlieferungen an die Ukraine.