Bremen plant Coronabonus für Kinder: Endlich etwas Anerkennung
Eine Gutscheinkarte für alle 0- bis 18-Jährigen soll Freizeitspaß ermöglichen, der in Corona ausgefallen ist. Das ist Symbolpolitik – aber gute.
Kinder in Bremen sollen ab Sommer ein Stück Freiheit in die Hand gedrückt bekommen: Die „FamilienCard“ soll nach Plan der rot-grün-roten Koalition eine Art Universalgutschein für kindgerechte Aktivitäten sein. Es ist kein Sozialticket, nix, wofür man erst Bedürftigkeit vorweisen müsste. Die Karte geht, so der Plan, an jedes Kind, an alle zwischen 0 und 18. Ein kleiner Ausgleich soll sie sein für zwei richtig fiese Jahre. Sie wird, so die Idee, der Coronabonus der Kinder.
Coronabonus? Um gerade einmal 60 Euro geht es fürs Jahr 2022, um noch mal 60 Euro fürs nächste. Peanuts, kann man meckern, pisseliger Kleinscheiß, kaum ein Tropfen auf dem heißen Stein. Reine Symbolpolitik. Und klar: 5 Euro im Monat, das ist nicht die Summe, die Familien durch harte Zeiten hilft. Aber der Vorwurf ist wohlfeil. Dass Eltern eine fettere Unterstützung und dauerhaft armutsfeste Löhne und Sozialleistungen verdienen: geschenkt.
Dass aber Kinder nach zwei Jahren Pandemie unmittelbar berücksichtigt werden, kann man trotzdem gutheißen. Die Gutscheine gehen eben nicht für Miete, Energiekosten, für Kleidung und andere Notwendigkeiten drauf, sondern nur für das, was Spaß macht und in der Coronazeit hintenüber gefallen ist.
Kinder leiden unter der Pandemie
Es ist ein Allgemeinplatz, dass Kinder in der Pandemie zu kurz gekommen sind – aber ein wissenschaftlich belegter. In der Copsy-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf 2021 gaben vier von fünf Kindern an, dass sie sich durch die Pandemie belastet fühlen; Depressionen und psychosomatische Beschwerden wie Kopf- und Bauchschmerzen waren die Folge. Fast jedes dritte Kind zeigte nach zehn Monaten Pandemie psychische Auffälligkeiten.
Zugegeben: Es allen recht zu machen, das war und ist schwer. Distanzunterricht kann eine Qual sein, gerade für die, bei denen die Bedingungen zu Hause nicht stimmen; Maske tragen im Unterricht ist über einen ganzen Schultag hinweg mindestens ungemütlich; und jetzt, wo all dies Ungemach langsam abgeschafft wird, ist die Alternative auch ziemlich übel: Sie heißt Durchseuchung und spiegelt sich in Inzidenzen, die aktuell fast doppelt so hoch sind, wie die der Durchschnittsbevölkerung.
Gleicht die FamilienCard irgendetwas davon aus? Natürlich nicht. Aber sie ist ein Zeichen: Wir sehen euch, wir zollen euch Respekt, und wir schulden euch was. Symbolpolitik? Ja, bitte! Bleibt noch ein Appell an die Eltern: Wenn eure Kinder groß genug sind, gönnt ihnen das Erlebnis, selbst über die Karte zu verfügen. Sie haben sich das verdient.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!