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Schwere Schlappe für die RegierungSchweiz begrenzt Tabakwerbung

Tabakwerbung, Medien und mehr: In mehreren Abstimmungen haben die Wäh­le­r*in­nen am Sonntag Pläne der Regierung abgelehnt.

Der Abstimmung über ein Medienpaket war eine hitzige Debatte vorausgegangen Foto: dpa

Bern dpa | In der Schweiz muss gegen den Willen der Regierung die Tabakwerbung weiter eingeschränkt werden. Bei einer Volksabstimmung sprachen sich am Sonntag nach Hochrechnungen 57 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Vorlage aus, die die Regierung zur Ablehnung empfohlen hatte.

Sie steckte noch zwei weitere Niederlagen ein: Ihr Medienpaket mit staatlichen Subventionen für Zeitungen, Zeitschriften und Online-Medien scheiterte ebenso wie die geplante Abschaffung einer Unternehmer-Abgabe, mit der dem Staat im Jahr 250 Millionen Franken (knapp 240 Mio Euro) entgangen wären.

Tabakwerbung muss nun überall dort verboten werden, wo Kinder und Jugendliche sie sehen können. So darf es in der Öffentlichkeit keine Plakate mit Tabakprodukten mehr geben, ebenso ist Werbung an Kinos, in Medien oder an Sportplätzen tabu. Bislang ist Tabakwerbung nur in Radio und Fernsehen untersagt, und solche, die sich direkt an Minderjährige richtet. Der Regierung ging das zu weit.

Die Schweiz ist ein wichtiger Standort für die Tabakindustrie. Die größten Tabakkonzerne der Welt haben Niederlassungen dort. Es wird Tabak angebaut, verarbeitet und exportiert. Die Branche untergrabe die Präventionspolitik und nehme Einfluss auf die Tabakgesetzgebung, schreibt die Eidgenössische Kommission für Tabakprävention.

In einem Index über die Anstrengungen von Regierungen, den Einfluss der Tabakindustrie zu begrenzen, belegte die Schweiz 2021 den vorletzten Platz unter 80 Ländern. Deutschland kam auf Platz 59.

Sorgen um Unabhängigkeit der Medien

Mit dem Medienpaket wollte die Regierung im Jahr 151 Millionen Franken (rund 144 Millionen Euro) zur Unterstützung von Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen Verfügung stellen. Viele leiden am Anzeigen- und Abonnentenschwund und kämpfen ums Überleben.

Unter anderem sollte die schon bestehende Unterstützung für die Zustellung ausgebaut werden. Erstmals sollten Online-Medien unter bestimmten Bedingungen direkt Geld erhalten. Gegner warnten, dass die Medien damit ihre Unabhängigkeit verlören und nicht mehr neutral über die Regierung berichten würden. Nach Hochrechnungen lehnten 56 Prozent der Wählerinnen und Wähler die Pläne ab.

Eine vierte landesweite Vorlage wurde erwartungsgemäß deutlich abgelehnt. Die Initiative von Tierschützern sah ein radikales Tierversuchsverbot vor. Auch Produkte, die unter Anwendung von Tierversuchen entwickelt wurden, sollten nicht mehr importiert werden dürfen. 79 Prozent lehnten das nach Hochrechnungen ab.

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2 Kommentare

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  • Bin ziemlich sicher, dass jede kommerzielle Werbung im öffentlichen Raum verboten würde, wenn’s darüber eine Volksabstimmung gäbe (auch außerhalb der Schweiz).

    „ Aufgrund dieser Abhängigkeiten ist eine breite, öffentliche und fundamentale Debatte über Werbung und ihren Einfluss auf Information und Meinungsfreiheit, kaum möglich, da alle gängigen Medien davon betroffen sind. „Die Vorstellung, dass die wirtschaftliche Basis der Medien, des Journalismus und der Kommunikation, nämlich die Werbung, besorgniserregende Auswirkungen auf die Demokratie haben könnte, wird aus dem Spektrum legitimer Debatten ausgegrenzt [ebenso, wie] Kapitalismus als Thema in der US-amerikanischen politischen Kultur tabu ist.““

    Upton Sinclair lesen!

  • Werbung für den Konsum von Drogen ist einfach unangemessen. Das man darüber überhaupt diskutieren muss...