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Care-Arbeit in CoronazeitenAuffällig unauffällig

Simone Schmollack
Kommentar von Simone Schmollack

Die Familienministerin hat hohe Erwartungen in Sachen familienpolitischer Modernisierung geweckt. Doch ein grünes Genderparadies ist nicht in Sicht.

Rund ein Fünftel der Mütter verkürzte einer Umfrage zufolge die Arbeitszeit in der Pandemie Foto: Julian Stranteshculte/dpa

M änner machen mehr Haus- und Sorgearbeit, freuten sich nach den ersten Lockdowns gleichstellungsorientierte Verbände und Ak­ti­vis­t:in­nen. Väter kochten plötzlich öfter, brachten den Müll raus, beschulten und bespaßten die Kinder. Doch das Blatt hat sich gewendet: Rund ein Fünftel der Mütter verkürzte einer Umfrage zufolge die Arbeitszeit wegen der Kinderbetreuung in Zeiten von Corona.

Männer, ließe sich schlussfolgern, scheinen nach wie vor doch eher an der eigenen Karriere orientiert zu sein als am Wohl der eigenen Familie. Frauen ziehen sich deswegen stärker aus dem Job zurück – irgendjemand muss sich ja um die Wohnung und die Kinder kümmern. Ein unauflösbarer Konflikt? Zumindest eine zutiefst fatale Betrachtungsweise, die progressive Menschen gern zurückweisen.

Konservative sehen die Chance eher im Privaten: Frauen müssen die gerechte Aufteilung der Care-Arbeit mit ihren Partnern selbst aushandeln. Beides ist weder eine Antwort und noch weniger eine Lösung. Der Schlüssel liegt vor allem in politischen Maßnahmen. Die Ampelregierung ist diesbezüglich vorgeprescht. Ein Ziel sei, so heißt es im Koalitionsvertrag, mehr Frauen in Erwerbsarbeit zu bekommen.

Auch sonst hat sich die grüne Familienministerin Anne Spiegel viel vorgenommen: Väter sollen nach der Geburt ihres Kindes eine zweiwöchige bezahlte Auszeit bekommen, die seit Jahren debattierte Kindergrundsicherung ist im Koalitionsvertrag festgeschrieben, und die sogenannte soziale Verantwortungsgemeinschaft, eine FDP-Idee, findet bei der Ministerin Zuspruch.

Nur: Bislang ist die Grüne, an die sich Hoffnungen auf eine familienpolitische Modernisierung knüpfen, auffallend unauffällig. Bis auf den § 219a, der jetzt aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden soll, fiel sie weder mit einem wegweisenden Gesetzentwurf noch mit einer familienpolitischen Reform­idee auf. Und nun verkürzen Frauen auch noch ihre Arbeitszeit. Das grüne gendergerechte Paradies hatte man sich anders vorgestellt.

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Simone Schmollack
Ressortleiterin Meinung
Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.
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1 Kommentar

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  • "ein grünes Genderparadies ist nicht in Sicht."

    Echt?



    Es ist auch kein anderes Paradies in Sicht. Das ist und bleibt eine Traumvorstellung.



    Oder eine auf ewig in die Zukunft verschobene Verheissung.

    Konkret zu der unterlegten Umfrage und deren Schlussfolgerung:

    "..Männer, ließe sich schlussfolgern, scheinen nach wie vor doch eher an der eigenen Karriere orientiert zu sein als am Wohl der eigenen Familie. Frauen ziehen sich deswegen stärker aus dem Job zurück.."

    Diese einseitige Schlussfolgerung ist nur richtig, wenn man die Frauen als reagierende Wesen annimmt. Vielleicht waren sie aber auch die agierenden Partner und bevorzugen das Kümmern um die Kinder solange das Geld reicht und der Mann wird gezwungen im Job weiter zu kommen.