die dritte meinung: Die Bundesregierung muss ihre Blockade beim Impfpatentschutz aufgeben, sagt Pia Schwertner
Pia Schwertner ist Kampagnen-Koordinatorin bei Oxfam Deutschland und arbeitet unter anderem zum Thema Impfgerechtigkeit.
Diesen Donnerstag und Freitag treffen sich die Staatschefs der EU und der Afrikanischen Union (AU) zu einem Gipfeltreffen. Dabei wird es auch um die Herstellung der Corona-Impfstoffe gehen. Der Elefant im Raum: Die EU und allen voran Deutschland blockieren die Initiative zur Aussetzung des Patentschutzes auf Covid‑19-Impfstoffe und lassen Afrika bei der globalen Impfstoffverteilung im Stich.
Schätzungen zufolge sind seit Jahresbeginn eine Viertelmillion Menschen auf dem afrikanischen Kontinent durch Covid-19 gestorben. Erst 11 Prozent der afrikanischen Bevölkerung haben zwei Impfungen erhalten. Bisher hat die EU keine Anstalten gemacht, den Impfstoffmangel anzugehen. Die Preisgestaltung der Impfstoffe wird allein den Pharmaunternehmen überlassen, die diese vorrangig an reiche Länder verkaufen und für eine Impfstoffdosis das bis zu 24-Fache des Produktionspreises verlangen. Lediglich ein Prozent der Exporte von Biontech ging nach Afrika.
Die neue Bundesregierung muss ihre Blockade der Aussetzung des Patentschutzes aufgeben und aufhören, die Profitinteressen der Pharmakonzerne über das Leben von Menschen zu stellen. Der im Oktober 2020 von Südafrika und Indien bei der Welthandelsorganisation (WTO) eingebrachte Antrag für einen sogenannten TRIPS Waiver – also die befristete Aussetzung von Eigentumsrechten an Anti-Covid-Mitteln – würde den Weg freimachen, um die Produktion von Impfstoffen, Tests und Medikamenten massiv zu steigern.
Insbesondere mRNA-Impfstoffe sind gut für einen schnellen Technologietransfer geeignet; bereits bestehende Produktionsanlagen könnten innerhalb von sechs Monaten umgebaut werden. Das Argument, die Herstellung sei zu kompliziert und der Produktionsaufbau dauere zu lang, ist nur ein fadenscheiniger Vorwand der Pharmaunternehmen, um ihre astronomischen Gewinne zu schützen. Es konnten bereits 120 Unternehmen aus Afrika, Asien und Lateinamerika identifiziert werden, die in der Lage sind, den Impfstoff herzustellen. Es gilt nun, keine Zeit mehr zu verlieren.
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