Die Wahrheit: Kaka mit Sahne
Aus dem Reich des Völkerballhumors: In schwedischen Kaffeehäusern können alberne Deutsche sich an Wandsprüchen erfreuen.
I ch sage immer: „Sa här fikar man! Ta en kaka!“ Beziehungsweise sage ich das nicht, denn ich spreche kein Schwedisch. Die meisten Gäste, die das aus Schweden stammende Kaffeehaus in der Nähe der Berliner Friedrichstraße besuchen, können aber auch kein Schwedisch. Und kichern demzufolge ebenso über die Fikar-Kaka-Sprüche, die ich dort neulich als Deko an der Wand entdeckte und mich darob fast an meinem Kaka mit Sahne verschluckte.
Wie soll denn so ein schwedisches Café-Franchise auch ahnen, dass Deutsche derartig pubertär sein können und schon beim Klang alltäglicher Worte losprusten? Deutsche gehen schließlich normalerweise zum Lachen in den düsteren Sechziger-Jahre-Partykeller, in dem Zweite-Weltkriegs-Marschlieder sich mit Best-of-Fips-Asmussen abwechseln. Manchmal versuchen sie es zwar mit ein paar deadly jokes, aber was daraus folgt, ist bekannt. Und überhaupt: „Wi ask sä questions.“
Aber auch in anderen Humorkulturen hat die Albernheitsskala Abstufungen. Kürzlich habe ich das Youtube-Video eines asiatisch-gelesenen Mannes angeschaut, der sich über Amerikaner lustig macht. Er zieht sich die Augen mit den Fingern auseinander und sagt: „Look, look, I’m american! I think I’m gonna use my credit card! Do you have any non-dairy?“
Als ich gerade wie ein vietnamesisches Schulmädchen losgackern wollte, schlug meine deutsche Ernsthaftigkeit zu und ich recherchierte, dass der Gag aus einer „South Park“-Folge von 1998 stammt, in der zwei chinesische Völkerballkommentatoren angesichts eines Spiels der South Park Dodgers mit antiamerikanischen Beleidigungen um sich werfen. Und gleichzeitig, denn darum ging es in der konsequent in alle Richtungen politisch unkorrekten Serie stets, sämtliche antiasiatischen Rassismen auf sich vereinen.
Ich musste trotzdem ein wenig glucksen, vielleicht auch nur, weil es lustig ist, wenn Erwachsene ihre Stimmen verstellen, egal ob beim Räuber Hotzenplotz, bei den Muppets oder bei „South Park“. Zuweilen muss ich sogar angesichts der Abu-Ghraib-Musik giggeln, die abends aus der Nebenwohnung herüberschallt und bei der ein erwachsener Mann so tut, als sei er Tod, Teufel und Alduin der Weltenfresser in Personalunion und hätte am Aufnahmetag seines neuen Albums auch noch echt schlechte Laune gehabt. Natürlich assoziiere ich dann nicht Abu Ghraib, sondern Alduin den Weltenfresser, manchmal, wenn die Assoziationsketten nicht aufhören wollen, auch noch Balduin, den Schrecken von Saint Tropez.
Aber apropos Hotzenplotz. Einer der besten, zum Glück nicht-rassistischen Gags aller Zeiten stammt von Otfried Preussler: Kasperl und Seppel schreiben „Vorsicht, Gold!“ auf eine Holzkiste mit Sand, um damit Hotzenplotz zu ködern und dessen „Räuberhöhle“ ausfindig zu machen. Und das klappt. Den Trick sollte man bei den Big-Maple-Leaf-Goldmünzen- und Grünes-Gewölbe-Juwelendieben versuchen. Um endlich herauszukriegen, wo das Zeug geblieben ist.
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