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Schulen in der OmikronwelleBerlin setzt Präsenzpflicht aus

Eltern dürfen ihre Kinder zu Hause beschulen, wenn sie das wollen. Die Bildungssenatorin reagiert auf Aufhebung der Quarantäne für Schulkinder.

Nur noch positiv getestete SchülerInnen werden nach Hause geschickt Foto: picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Berlin taz | Die Präsenzpflicht an den Berliner Schulen wird zunächst bis Ende Februar ausgesetzt. Das teilte Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) am Montag mit. „Nachdem die Amtsärzte angekündigt haben, die Kontaktnachverfolgung für Schülerinnen und Schüler zu beenden und direkte Kontaktpersonen nicht mehr in Quarantäne zu schicken, halte ich die temporäre Aussetzung der Präsenzpflicht für angemessen“, sagte Busse. Man wolle so „besorgten Eltern“ entgegen kommen und zugleich „für all diejenigen, die zur Schule gehen möchten“ die Betreuung sicherstellen.

Die Bildungsverwaltung reagiert damit auf einen Vorstoß der AmtsärztInnen, der am Wochenende für einige Verwirrung unter Schulleitungen und Eltern gesorgt hatte. Vergangene Woche hatten sich die Gesundheitsämter darüber abgestimmt, nur noch positiv getestete SchülerInnen in Isolation zu schicken – aber die Quarantäne für deren Kontaktpersonen in der Schule aufzuheben. Auch der Sitznachbar einer infizierten Schülerin muss also nicht mehr in Quarantäne – egal ob geimpft oder nicht.

Fraglich bleibt indes auch am Montag, ob die AmtsärztInnen diesen Alleingang überhaupt wagen durften. Exakt denselben Vorstoß hatten die Gesundheitsämter nämlich bereits im August letzten Jahres versucht – und wurden von der damaligen Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) flugs wieder zurückgepfiffen: Das Infektionsschutzgesetz gebe eine solche Sonderregelung für SchülerInnen nicht her.

Das ist immer noch so: Die Berliner Gesetzeslage sieht für SchülerInnen eine Quarantäne vor, wenn sie Kontaktperson sind. Nach fünf Tagen können sie sich mittels Schnelltest freitesten. Die Gesundheitsverwaltung reagierte am Wochenende denn auch etwas überrumpelt auf das Vorgehen der AmtsärztInnen: Man befinde sich noch in der Abstimmung, wie sich die geltende Gesetzeslage und die neue Linie der Gesundheitsämter genau verbinden ließe, so eine Sprecherin. Wie Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) das gemeinsame Vorpreschen der Bezirke eigentlich bewertet, blieb am Montag unklar.

Berufung auf das RKI

Die AmtsärztInnen berufen sich indes auf das Robert Koch-Institut, das bereits seit Mitte Januar die Aufhebung der Quarantäne für Kontaktpersonen generell fordert. „Es ist nun ein Stadium der Epidemie erreicht, bei dem man sich auf die Alten und Kranken und nicht auf die Jungen und Gesunden konzentrieren muss. Auch wenn es manche Eltern nicht akzeptieren wollen: Gesunde Kinder gehören nicht zur vulnerablen Gruppe“, verteidigte der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid am Montag die neue Berliner Linie, die übrigens auch für Kita-Kinder gelten soll.

Der Landeselternausschuss Kindertagesstätten befürchtet nun, dass Eltern, die ihre Kinder als Kontaktpersonen trotzdem zu Hause behalten wollen, keine Quarantänebescheinigung für den Arbeitgeber mehr bekommen. Senatorin Busse sagte, die Bildungsverwaltung werde eine Quarantäne „übergangsweise“ auf einem entsprechenden Formular bescheinigen. „Dieses kann dem Arbeitgeber vorgelegt werden, um zu dokumentieren, dass Eltern das Kind zu Hause betreuen müssen.“

Busse betonte auch: Der Präsenzunterricht solle die Regelform bleiben. Wollen Eltern ihre Kinder doch lieber im Homeschooling betreuen, reiche aber eine „formlose“ schriftliche Mitteilung an die Schule, die dann „Lernangebote unterbreiten“ müsse. In Kraft trete die Regelung quasi ab sofort – beziehungsweise am Dienstag.

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1 Kommentar

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  • Zwei Jahre Corona, ein neuer Senat und noch immer Verwaltungsschlamassel hoch drei. Vor allem die heute-auf-morgen-Entscheidungen nerven nur noch. Man darf doch gespannt bleiben, wie Arbeitgeber und Gerichte mit so einer Bescheinigung der Bildungsverwaltung umgehen werden - und wie hochwertig die "Lernangebote" der Schulen dann am morgigen Dienstag sein werden.