Billigfleischbremse in Bremer Kliniken: Weniger Fleisch auf dem Teller

Die kommunalen Krankenhäuser in Bremen kochen viel öfter vegetarisch als 2018. Bei Schulen und Kitas bleibt dagegen unklar, was auf den Teller kommt.

Vegane Bolognese in einer Mensa

Bremens Gemeinschaftskost sollen weniger fleischlastig werden Foto: Monika Skolimowska/dpa

Bremen taz | Die vier kommunalen Krankenhäuser in Bremen haben den Fleischanteil in ihrem Essen in den vergangenen drei Jahren um fast zwei Drittel reduziert. Und alle Milchprodukte dort kommen schon seit 2018 von einer Bio-Hofmolkerei aus dem Umland. Das geht aus einer 30-seitigen Zwischenbilanz der rot-grün-roten Landesregierung zum „Aktionsplan 2025“ hervor.­ Mit ihm will Bremen seine Gemeinschaftsverpflegung schrittweise auf bis zu 100 Prozent Bio-Produkte umstellen.

Die Mensen der Kitas und Schulen indes tun sich auch vier Jahre nach dem entsprechenden Senatsbeschluss noch schwer damit. Dabei will Bremen mit seiner Billigfleischbremse bundesweit Vorreiter sein – dieser Status sei nun „in Gefahr“, warnt der Senat.

„Klassiker“ wie das Hühnerfrikassee oder Grünkohl mit Kassler gebe es auch weiterhin, sagt Irina Rackow, als Abteilungsleiterin für die Speisenversorgung in Bremens kommunalen Kliniken zuständig – „das ist schon wichtig“. Aber statt Wurstaufschnitt gebe es nun morgens und abends vegane Aufstriche, statt 120 nur noch 80 Gramm Fleisch pro Mahlzeit, dafür aber mehr Gemüse und Sättigungsbeilagen. Und zumindest beim Hühnerfrikassee und der Rinderbolognese habe das Fleisch nun auch Bio-Qualität, sagt Rackow. Insgesamt sank der Fleischanteil in den vier Krankenhäusern der Gesundheit Nord (GeNo) seit 2018 um 60 Prozent.

Zudem sind sie nun auch von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zertifiziert, was bedeutet, dass regulär maximal dreimal die Woche Fleisch auf dem Speiseplan steht, dazu einmal Fisch und ansonsten vegetarische Kost. Bundesweit gibt es laut DGE noch 84 weitere Kliniken, die auch schon nach diesem Standard kochen.

„Keine negativen Rückmeldungen“

„Wir müssen an unserem Klientel dran bleiben“, sagt Rackow, und da gebe es eben einen Trend weg vom Fleisch: „Wer vegetarisch oder vegan isst, soll sich hier nicht als Sonderling fühlen“. Die neuen Menüs würden von den Pa­ti­en­t*in­nen auch gut angenommen – „wir hatten keine negativen Rückmeldungen“, so Rackow.

Der Aktionsplan sieht zudem vor, dass der Bio-Anteil bei tierischen wie pflanzlichen Lebensmitteln in den GeNo-Kliniken in diesem und im kommenden Jahr bei 15 Prozent liegen muss, ab 2024 bei 20 Prozent. Das klingt nach einem überschaubaren Anteil – sei aber „eine Herausforderung“, so Rackow, und „nicht einfach“ umzusetzen. 2021 lag die Quote noch bei zehn Prozent.

Bremen wollte bundesweit zum Vorbild werden – dieser Status ist nun „in Gefahr“

„Unstrittig“ sei, so die GeNo, dass die Umstellung das Essen teurer mache. Diese Mehrkosten allein für das laufende Jahr beziffert der Senat auf 121.000 Euro, das Geld dafür muss die klamme GeNo allerdings selbst erwirtschaften. Denn die Landesregierung hat einst beschlossen, dass ihr Aktionsplan “aufwendungsneutral“ umzusetzen ist, „um die Akzeptanz der Umstellung zu gewährleisten“, wie es in der Zwischenbilanz heißt. Fleisch in Bio-Qualität koste aber fast das Doppelte, sagt Rackow. Deswegen hat man sich im Senat nun auf eine Lesart geeinigt, wonach „kein zusätzlicher Aufwand für die Verbraucher*innen“ entstehen soll.

Ein zehnmonatiges Modellprojekt in drei Kinder- und Familienzentren ergab schon 2017/18, dass die Mahlzeiten, die nur mit Bio-Produkten aus der Region gekocht wurden, etwa 15 Prozent teurer waren.

„Keine belastbaren Zahlen“

Das bundesweite Interesse an der Billigfleischbremse sei „enorm“, sagt der Senat, und selbst der Grünen-Politiker Jan Saffe, einer ihrer Vorkämpfer, findet „beeindruckend“, was die GeNo leistet. „Ratlos“ hingegen macht ihn, dass die Umstellung der kommunalen Kita- und Schulküchen noch weit hinterher hinkt. Für die Kitas gibt es laut Senat bislang „keine belastbaren Zahlen“ zu der Frage, wo wie viel Biokost verkocht wird, zudem sei es in der Pandemie „praktisch unmöglich“ gewesen, die Küchenmitarbeitenden weiterzubilden, auch die Infrastruktur der Küchen wird als unzureichend beschrieben.

Ähnlich sieht es bei den Schulen aus: Auf Nachfrage könnten „keine genauen Quoten zum Einsatz von Bio-Lebensmitteln benannt werden“, so der Senat, regelmäßige Gespräche mit den Schulcaterern gibt es auch keine, und nur in 16 Prozent der Verträge sind schon Bio-Quoten fürs Schulessen verankert. Auch über Mehrkosten an den Schulen weiß der Senat nichts.

In ihrer Zwischenbilanz fordert die Landesregierung von sich nun „konsequenten Handlungsdruck“ ein, um auch wirklich nationaler Vorreiter bei Bio-Essen zu werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.