Krise der Skispringer: Die 37-Schanzen-Tournee

Kurz vor Olympia ist viel von einer Krise im deutschen Skisprung die Rede. Dabei ist das ein weltweites Phänomen. Der Ausweg: Regeneration.

Ein Skispringer in der Luft, dahinter die Wälder, an denen er vorbeirauscht

Die Schönheit des Skisprungs: Andrzej Stekala aus Polen Foto: ap

Von Absturz ist die Rede, von Tiefpunkt, von Krise oder von desolatem Zustand. Grund ist, dass beim Skisprung-Weltcup in Bischofshofen, ein paar Tage nach der und kein bisschen so wichtig wie die Vierschanzentournee, im deutschen Skispringerteam der Männer nicht viel gelingen wollte.

Stefan Kraft, Weltmeister

„Ich hänge die ganze Zeit oben wie ein Moorhuhn, das nicht getroffen wird.“

Severin Freund stürzte, ohne genau zu wissen, warum. Markus Eisenbichler wurde disqualfiziert, weil sein Anzug nicht den Regeln entsprach, und Karl Geiger sprang so lala auf Platz acht. Und Andreas Wellinger hüpfte gerade mal auf Platz 19.

Der Bundestrainer, wird berichtet, sei frustriert, dabei ist das, was so kurz nach dem ersten Saisonhöhepunkt, Vierschanzen, und so kurz vor dem zweiten Saisonhöhepunkt, Winterolympia in Peking, so ungewöhnlich nicht. Und unerklärlich schon gar nicht. Der Vierschanzensieger Ryōyū Kobayashi aus Japan sprang für seine aktuellen Verhältnisse auch nicht gerade gut und wurde nur Vierter.

37 Wettkämpfe in einer Saison

Und ein Klassespringer wie der Weltmeister Stefan Kraft aus Österreich, bei dem es schon bei der Vierschanzentournee nicht richtig lief, hat seine Sprünge vom Wochenende so beschrieben: „Ich hänge die ganze Zeit oben wie ein Moorhuhn, das nicht getroffen wird.“ Kraft zieht aus der Analyse, „null Flugsystem“ zu haben, den klugen Schluss, die nun im polnischen Zakopane und im deutschen Titisee-Neustadt anstehenden Weltcupspringen ausfallen zu lassen und bis zu den Olympischen Winterspielen in Peking kaum etwas zu tun. Vorsichtiges Training, Erholung, Regeneration. Kraft tankt Kraft, sozusagen.

Ähnlich hat es schon während der großen Tournee zum Jahreswechsel das polnische Team mit Kamil Stoch gemacht. Der Vierschanzensieger von 20/21 wurde aus dem laufenden Wettkampf genommen, weil es nicht gut für ihn lief: Ruhe sei nun wichtig, teilte der Verband mit, und nach der Regenerationsphase wolle man das Training wieder aufnehmen – erst im Kraftraum und erst dann auf der Schanze. Weltklassespringer hätten in dieser Saison, wollten sie das volle Programm mitnehmen, 37 wichtige Wettkämpfe absolvieren müssen: plus Olympia plus WM. Dazu kommt der immer wiederkehrende Stress bei verschobenen oder abgesagten Konkurrenzen.

Bei den Frauen, die nicht so sehr im Fokus stehen und immer noch nicht bei der Vierschanzentournee mitspringen dürfen, wären es 27 Wettkämpfe – auch hier: plus Olympia. Immerhin wurden hier schon vier Springen abgesagt. Bei den Männern wurden bis zur WM erst zwei gecancelt. Weniger von ökonomischen Zwängen behelligt zu werden, hat auch Vorteile.

Bei so einem Programm und dem enormen Erwartungsdruck nimmt es nicht wunder, wenn die Sportler und Sportlerinnen eine Auszeit brauchen. Wenn sie es selbst nicht merken und auch der Trainer nichts sagt, dann meldet sich halt der Körper.

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