Arbeitsbedingungen bei Lieferando: Es sind Selbstverständlichkeiten
Lieferando setzt nur um, was ohnehin geltendes Recht ist. Einen Grund zum Jubeln gibt es nicht.
Hat keinen Grund zum feiern: Lieferando-Fahrer in Berlin Foto: Stefan Zeitz/imago
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Lieferando gibt sich arbeitnehmer:innenfreundlich. Von einem „einzigartigen Gesamtpaket aus einer unbefristeten Direktanstellung, erstklassigen Bezahlung und einzigartigen Ausrüstung“, schwadroniert der Essenslieferdienst. Klingt super, die rund 10.000 Lieferando-Kurier:innen können jubilieren, oder?
Bei näherer Betrachtung fällt der Jubel verhaltener aus. Denn unter einer „erstklassigen Bezahlung“ versteht das Unternehmen, dass seine Fahrer:innen seit Jahresbeginn einen Basisstundenlohn von 11 Euro pro Stunde erhalten – also weniger als der von der Ampelkoalition noch für dieses Jahr angekündigte allgemeine Mindestlohn von 12 Euro.
Lieferando hebt allen Ernstes besonders hervor, dass dieser geringe Stundenlohn unabhängig davon gezahlt werde, wie viel die Fahrer:innen ausliefern, ob sie gerade auf eine Bestellung warten, krankgeschrieben oder im Urlaub sind – was zeigt, wie verkommen die Branche ansonsten ist. Das gilt auch für den Umstand, dass für Unternehmen in diesem Bereich unbefristete Beschäftigungsverhältnisse etwas Außergewöhnliches sind.
„Einzigartige Ausrüstung“ bedeutet für Lieferando, dass den Kurier:innen bis Ende März das Angebot gemacht werden soll, ihnen das Arbeitsgerät – also ein Fahrrad und ein Smartphone – zu stellen. Das sollte ohnehin selbstverständlich sein.
Management wehrte sich
Doch Lieferando macht dieses Angebot nicht freiwillig. Was die PR-Abteilung des Unternehmens unerwähnt lässt: Das Management hat sich gegen die entsprechenden Forderungen seiner Beschäftigten heftig gewehrt. Selbst als ein Lieferando-Betriebsrat mit seiner Klage vor dem hessischen Landesarbeitsgericht recht bekam, lenkte es nicht ein, sondern zog lieber vor das Bundesarbeitsgericht.
Das entschied im vergangenen November, dass der Arbeitgeber Fahrradlieferant:innen Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss. Dieses Urteil wird jetzt umgesetzt. Mehr nicht.
Lieferando ist also nicht der schlimmste Lieferdienst in Deutschland. Ein Grund zum Feiern ist das jedoch nicht.
Arbeitsbedingungen bei Lieferando: Es sind Selbstverständlichkeiten
Lieferando setzt nur um, was ohnehin geltendes Recht ist. Einen Grund zum Jubeln gibt es nicht.
Hat keinen Grund zum feiern: Lieferando-Fahrer in Berlin Foto: Stefan Zeitz/imago
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Lieferando gibt sich arbeitnehmer:innenfreundlich. Von einem „einzigartigen Gesamtpaket aus einer unbefristeten Direktanstellung, erstklassigen Bezahlung und einzigartigen Ausrüstung“, schwadroniert der Essenslieferdienst. Klingt super, die rund 10.000 Lieferando-Kurier:innen können jubilieren, oder?
Bei näherer Betrachtung fällt der Jubel verhaltener aus. Denn unter einer „erstklassigen Bezahlung“ versteht das Unternehmen, dass seine Fahrer:innen seit Jahresbeginn einen Basisstundenlohn von 11 Euro pro Stunde erhalten – also weniger als der von der Ampelkoalition noch für dieses Jahr angekündigte allgemeine Mindestlohn von 12 Euro.
Lieferando hebt allen Ernstes besonders hervor, dass dieser geringe Stundenlohn unabhängig davon gezahlt werde, wie viel die Fahrer:innen ausliefern, ob sie gerade auf eine Bestellung warten, krankgeschrieben oder im Urlaub sind – was zeigt, wie verkommen die Branche ansonsten ist. Das gilt auch für den Umstand, dass für Unternehmen in diesem Bereich unbefristete Beschäftigungsverhältnisse etwas Außergewöhnliches sind.
„Einzigartige Ausrüstung“ bedeutet für Lieferando, dass den Kurier:innen bis Ende März das Angebot gemacht werden soll, ihnen das Arbeitsgerät – also ein Fahrrad und ein Smartphone – zu stellen. Das sollte ohnehin selbstverständlich sein.
Management wehrte sich
Doch Lieferando macht dieses Angebot nicht freiwillig. Was die PR-Abteilung des Unternehmens unerwähnt lässt: Das Management hat sich gegen die entsprechenden Forderungen seiner Beschäftigten heftig gewehrt. Selbst als ein Lieferando-Betriebsrat mit seiner Klage vor dem hessischen Landesarbeitsgericht recht bekam, lenkte es nicht ein, sondern zog lieber vor das Bundesarbeitsgericht.
Das entschied im vergangenen November, dass der Arbeitgeber Fahrradlieferant:innen Fahrrad und Mobiltelefon als notwendige Arbeitsmittel zur Verfügung stellen muss. Dieses Urteil wird jetzt umgesetzt. Mehr nicht.
Lieferando ist also nicht der schlimmste Lieferdienst in Deutschland. Ein Grund zum Feiern ist das jedoch nicht.
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Kommentar von
Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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