Geflüchtete an der EU-Außengrenze: Belarus räumt Grenzlager
Nach unklaren Aussagen aus Minsk verbreiten sich Gerüchte. Berlin dementiert. Indes entspannt sich die Lage an der belarussisch-polnischen Grenze.
„Diese Meldung ist falsch“, sagte Seehofer nach einem Treffen mit Polens Innenminister Mariusz Kaminski. Hybride Bedrohungssituationen würden immer auch genutzt, um falsche Informationen in der Öffentlichkeit zu streuen.
Zuvor hatten Äußerungen einer Sprecherin des belarussischen Machthabers Alexander Lukaschenko für Verwirrung gesorgt. Lukaschenko habe gefordert, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen „humanitären Korridor“ für 2.000 Migranten in die EU aushandeln solle, sagte Natalja Eismont. Im Gegenzug dazu habe der oft als „letzter Diktator Europas“ kritisierte Machthaber bei einem der beiden Telefonate mit der Kanzlerin angeboten, sich um die Rückkehr von 5.000 Migranten in ihre Heimatländer zu bemühen.
Aus Berliner Regierungskreisen hieß es jedoch bereits kurz darauf: „Deutschland hat dem nicht zugestimmt. Es handelt sich um ein europäisches Problem, bei dem Deutschland nicht alleine vorgeht.“ Aus der EU-Kommission hieß es am Abend auf die Frage, ob auf europäischer Ebene Gespräche über eine Aufteilung von 2.000 Migranten geführt würden: „Der EU-Kommission ist nicht bekannt, dass es irgendwelche Diskussionen dieser Art gibt.“
Unmut über Merkels Telefonate
Die Gespräche zwischen Merkel und Lukaschenko, die am vergangenen Montag und Mittwoch stattfanden, sorgten unterdessen weiter für Unmut. „Wenn es in dem Telefonat darum ging, wie die Migranten aus Belarus zurück in ihre Heimatländer gebracht werden, dann ist jede Initiative in dieser Richtung im Sinne Polens“, sagte Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Es dürfe aber „in dieser Krise keine Entscheidung über unsere Köpfe hinweg gefällt werden“.
Litauens Außenminister Gabrielius Landsbergis bezeichnete Gespräche mit Lukaschenko als einen „gefährlichen Weg“: „Diktatoren und autoritäre Menschen sind dafür bekannt, dass sie sich nicht an das Gesetz halten“, sagte Landsbergis litauischen Medien zufolge. Die Bundesregierung hatte den Dialog verteidigt und erklärt, dass es darum gehe, die katastrophale Lage für Tausende Menschen vor Ort zu verbessern.
Belarus räumt Lager
In Belarus hat der Grenzschutz unterdessen ein provisorisches Flüchtlingslager an der Grenze zu Polen geräumt. Am Donnerstag seien alle Migranten aus dem Lager nahe dem Grenzübergang Bruzgi in ein nahegelegenes Logistikzentrum gebracht worden, erklärte der belarussische Grenzschutz im Messenger-Dienst Telegram. Die Behörden veröffentlichten auch Fotos des offenbar verlassenen Lagers, in dem rund 2.000 Menschen tagelang bei eisigen Temperaturen ausgeharrt hatten.
Die Flüchtlinge, darunter viele Kurden aus dem Nordirak, hatten das Lager in einem Waldgebiet unweit des Grenzübergangs Bruzgi errichtet. Am Dienstag hatten polnische Sicherheitskräfte dort Tränengas und Wasserwerfer gegen Flüchtlinge eingesetzt, die Steine geworfen hatten. Der polnische Grenzschutz bestätigte nun die Evakuierung des Lagers.
Am Dienstagabend waren bereits mehr als tausend Menschen aus dem Lager in eine riesige Lagerhalle gebracht worden. Doch rund 800 weitere hatten nach Angaben der belarussischen Behörden bei Temperaturen unter 0 Grad weiter in Zelten oder an Lagerfeuern im Freien geschlafen. Diese Migranten wurden wegen „schlechter werdender Wetterbedingungen“ nun ebenfalls in die Lagerhalle gebracht, wie der belarussische Grenzschutz mitteilte. Dort erhalten sie demnach warmes Essen und warme Kleidung.
200 Festnahmen an der Grenze
Die Lage an der Grenze war zuletzt äußerst angespannt. Polen hat einen Grenzzaun errichtet und mehr als 15.000 Sicherheitskräfte an der Grenze zusammengezogen. Sie nahmen nach Angaben aus Warschau in der Nacht zum Donnerstag rund 200 Flüchtlinge fest, die versucht hatten, die Grenze nach Polen zu überqueren.
Nach Angaben des polnischen Grenzschutzes versuchten insgesamt rund 500 Migranten, die Grenze zu überqueren. Dabei seien fünf Menschen, die alle zur selben Familie gehörten, verletzt worden. Die Verletzten, darunter drei Kinder im Alter von sieben bis neun Jahren, wurden in ein Krankenhaus gebracht.
Unterdessen brachte ein erster Rückführungsflug am Donnerstag 431 Menschen in den Irak zurück, darunter viele Frauen und Kinder. Die Iraqi-Airways-Maschine startete in Minsk und landete am Abend in Erbil, der Hauptstadt der nordirakischen Kurdenregion. Nach belarussischen Angaben sollen 5.000 der rund 7.000 in Belarus gestrandeten Menschen in ihre Heimat zurückgeschickt werden.
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