Bombenanschläge in Uganda: Rauch über Kampala
Im Zentrum der ugandischen Hauptstadt gehen zwei Bomben hoch. Die Zahl der Toten und Verletzten bleibt zunächst unklar.
Mehrere Explosionen erschütterten am Dienstag vormittag die geschäftige Innenstadt von Kampala. Die Lage auf dem zentralen Constitution Square entlang der Hauptstraße blieb lange unklar, der Staub legte sich nur langsam. Aufnahmen von Überwachungskameras, die die Polizei veröffentlicht hat, zeigen, wie ein Mann in schwarzer Kleidung und einem vollgepackten Rucksack auf dem Rücken einem Sicherheitscheckpoint unter einer Palme unweit des Eingangs zum Polizeihauptquartier nähert. Dann fliegt alles in die Luft. Das Gebiet ist nun weiträumig abgesperrt.
Zwei weitere Bomben explodierten in der Parliamentary Avenue vor einem Hochhaus nur wenige hundert Meter von der Einfahrt des Parlamentsgebäudes entfernt. Die Polizei bestätigt später zwei getrennte Selbstmordattentäter-Teams. Die Überwachungsaufnahmen zeigen, wie sich ein Mann auf dem Gehweg in die Luft sprengt; zwei weitere Männer in Schwarz fahren auf einem Motorrad vorbei und lassen einen weiteren Sprengsatz explodieren. Leichen liegen auf der Straße. Die Polizei bestätigt auf einer Pressekonferenz: drei tote Selbstmordattentäter.
Berichte über eine dritte Explosion, dieses Mal auf dem Zentralmarkt, konnten nicht bestätigt werden. Doch kursierten noch Gerüchte über weitere Bomben in einem weiteren Gebäude in der Innenstadt, die von der Polizei gezielt zur Explosion gebracht worden seien.
Die Zahl der Toten und Verletzten bleibt unklar. Die Polizei nennt 33 Verletzte, die ins staatliche Krankenhaus Mulago eingeliefert wurden, davon 15 Polizisten. Fünf seien in kritischem Zustand. Neben den drei Attentätern seien auch drei Zivilisten ums Leben gekommen, so die vorläufige Bilanz.
Die Polizei ist dabei, die Innenstadt weiträumig abzuriegeln. Sie schickt Passanten und Ladeninhaber nach Hause. Einen vierten mutmaßlichen Selbstmordattentäter hat sie nach eigenen Angaben bis in den Vorstadtslum Bwaise gejagt und festgenommen; in seinem Haus habe man eine Sprengstoffweste gefunden.
Der Schreck sitzt tief, denn die Ugander müssen jetzt realisieren: Dies ist nur ein weiteres Kapitel in einer Serie von gezielten Anschlägen, die Uganda in den vergangenen Wochen heimsuchten. Anfang Oktober explodierte eine kleine Bombe an einer Polizeistation. Verletzt wurde niemand, doch bekannte sich der Islamische Staat zu den Anschlägen. Er nannte seine „Soldaten des Kalifats“ als Täter.
Ende Oktober starb eine junge Frau, als eine Bombe in einem Grillrestaurant am Stadtrand von Kampala in die Luft ging. Kurz darauf sprengte sich ein mutmaßlicher Attentäter selbst in einem Reisebus in die Luft. Wieder bekannte sich der IS.
Ugandas Präsident Yoweri Museveni machte die ugandischen Rebellen der ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte) verantwortlich. „Wir werden sie jagen“, verkündete er vergangene Woche offiziell.
Die ADF war ursprünglich eine ugandische islamische Rebellengruppe, die sich seit 20 Jahren in den Rwenzori-Bergen entlang der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo versteckt hält. Schon in den 1990er Jahren beging sie Bombenanschläge in Kampala. 2015 wurde ihr Anführer Jamil Mukulu in Tansania verhaftet und nach Uganda ausgeliefert. Er steht dort vor Gericht wegen Terrorismus.
Seit 2019 gehört die ADF unter der Führung von Mukulus Nachfolger Musa Baluku laut eigenen Angaben sowie IS-nahen Medien zum „Islamischen Staat – Provinz Zentralafrika“ (ISCAP), die sich von Somalia bis Mosambik und Kongo erstrecken soll. Analysten, lokale Geheimdienstler und UN-Experten sind sich jedoch uneinig darüber, wie eng lokale ADF-Kämpfer tatsächlich mit dem internationalen IS-Netzwerk zusammenarbeiten.
Im September war nahe der ugandisch-kongolesischen Grenze ein Jordanier verhaftet worden, der mutmaßlich ADF-Kämpfer trainieren sollte. Einige Analysten sehen darin einen klaren Beweis für die Zusammenarbeit des IS mit der ADF. Die US-Regierung hat die ADF im März auf ihre Terrorliste als Teil des IS aufgenommen, ebenso die islamistischen Aufständischen im Norden Mosambiks.
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