Morddrohungen gegen Aktivist*innen: Fleischfabrik-Streit spitzt sich zu
In Bückeburg plant die Edeka-Tochter Bauerngut ein Logistikzentrum im Landschaftsschutzgebiet. Gegner*innen erhielten nun erneut Drohschreiben.
Hamburg taz | Schon seit über einem Jahr engagiert sich der Verein „Landschaftsschutz Schaumburg“ und die Bürgerinitiative „Wir lieben Bückeburg“ in der niedersächsischen Kleinstadt für den Erhalt eines Landschaftschutzgebiets: Die Fleischfabrik Bauerngut, Tochterunternehmen des Lebensmittelkonzerns Edeka Hannover-Minden, will ein Hochregallager auf der grünen Wiese errichten (taz berichtete). Doch das Engagement hat erbitterte Feinde: Umweltschützer*innen haben kürzlich Morddrohungen erhalten – nicht zum ersten Mal.
Bauerngut will das Hochregallager wenige Hundert Meter entfernt vom Schlachtbetriebsgelände errichten. Allerdings ist die vorgesehene Wiese Teil eines Landschaftschutzgebiets, das wiederum unmittelbar an ein Naturschutzgebiet grenzt. Die Kapazitätsgrenzen am derzeitigen Standort seien erschöpft, so das Unternehmen.
Mitte Oktober hatte ein Vorstandsmitglied des Vereins „Landschaftsschutz Schaumburg“ ein erstes Drohschreiben erhalten, in dem auch seine Familie bedroht wurde. Nach einem Vorstandwechsel erhielten die neuen Vorstandsmitglieder ebenfalls wenige Tage später Morddrohungen an ihre Privatadresse. Der Verein ist davon überzeugt, dass die Drohungen im Zusammenhang mit dem Engagement gegen das Logistikzentrum stehen. In beiden Fällen wurde bei der Polizei Strafanzeige erstattet.
Bereits Anfang des Jahres ging auch bei der Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen ein Drohschreiben ein, nachdem sie sich gegen das Bauvorhaben positioniert hatte. Ob eine Verbindung zwischen den verschiedenen Drohungen besteht, ermittelt nun die Staatsschutzabteilung der Polizei.
Nun muss sich auch der niedersächsische Landtag mit dem Hochregallager auseinandersetzen
Das Bauprojekt polarisiert in der Region nicht zuletzt, weil Bauerngut in der Vergangenheit mit dem Wegzug gedroht hatte, sollte das Hochregallager nicht an dem geplanten Standort entstehen. Bis zu 850 Arbeitsplätze und Gewerbesteuern stünden auf dem Spiel. 80 neue Arbeitsplätze sollen dagegen durch das neue Hochregallager geschaffen werden. Neben der Lagerung von vor Ort hergestellten Produkten und Rohstoffen soll das neue Lager auch von regionalen Lieferanten genutzt werden, die bisher direkt an den Einzelhandel liefern.
Die Gegner*innen des Bauvorhabens befürchten eine Störung des Landschaftsschutzgebiets und negative Auswirkungen auf das nahe gelegene Naturschutzgebiet Hofwiesenteiche, das ein wertvolles Feuchtgebiet ist. Auch der Lieferverkehr, der durch den Bau zunehmen würde, ist ihnen ein Dorn im Auge. Es wäre aus ihrer Sicht ein weitaus höheres Aufkommen als die von Bauerngut benannten 12 zusätzlichen LKW pro Tag.
Von den Drohungen einschüchtern lassen möchten sich der Verein „Landschaftsschutz Schaumburg“ und seine Mitglieder nicht. In dieser Woche wollen sie eine Petition an den neugewählten Bürgermeister von Bückeburg, Axel Wohlgemuth (CDU), und an den Stadtrat übergeben. Rund 2.100 Menschen hatten online eine Petition des Vereins gegen den Bau des Hochregallagers unterzeichnet. Knapp 850 der Unterzeichner*innen leben direkt in Bückeburg.
Der Verein fordert die Stadt auf, sich gegen die Baupläne zu stellen. Die hatte bereits beantragt, den Schutzstatus für die Fläche beim Landkreis aufzuheben. Sie solle stattdessen die Suche nach einem alternativen Standort für das Hochregallager aufnehmen. Zusätzlich hat der Verein in der vergangenen Woche eine weitere Beschwerde beim niedersächsischen Landtag eingereicht, sodass sich nun auch die Landespolitik mit der Thematik auseinandersetzen muss.
Leser*innenkommentare
Rainer B.
Wenn dort ein Landschaftsschutzgebiet ist, dann ist dort ein Hochregallager doch gar nicht genehmigungsfähig.
46057 (Profil gelöscht)
Gast
@Rainer B. Was ist mit der Tesla-Fabrik im Wasserschutzgebiet? Hat die bereits fast vollständig betriebsbereite Fabrik schon eine Baugenehmigung?
Rainer B.
@46057 (Profil gelöscht) So weit ich weiß nicht.
Günter Witte
@Rainer B. Was ist der Unterschied zwischen Hochregallager und einem E-Autowerk ?
Oder haben Ausländische Milliardäre andere rechte in Deutschland ??
Rainer B.
@Günter Witte In einem Hochregallager werden Waren gelagert und in einem E-Autowerk werden E-Autos gebaut.
Ausländische Milliardäre haben in Deutschland auch keine anderen Rechte, können aber größere Investitionsrisiken eingehen als Nicht-Milliardäre.
Es wäre nicht das erste Mal, das Neubauten wegen fehlender Genehmigungen wieder abgerissen werden mussten.
fly
Fotos lügen nicht.
Aber im Rücken des Foto ist die Fleischfabrik und "Wiese mit Feldwegen" liegt an der Bundesstrasse 83, die kurz darauf in die B 65 mündet bzw. zur A2 führt. Und es liegen nur relativ wenig Häuser daran. Es gibt deutlich schlechtere Orte für ein Lager.
Frage ist aber, braucht man es wirklich? Vielleicht geht der Fleischkonsum ja doch mal zurück. Muss man dafür versiegeln? Noch herrscht halt die Wachstumsideologie vor.
Und Drohungen, woher auch immer, gar gegen das Leben, gehen gar nicht. Hoffentlich ermittel der Staatsschutz mal richtig.