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Remake von „Szenen einer Ehe“Fantum statt Kalkül

Die Ehe ist heute noch genau so kompliziert wie vor 50 Jahren. Hagai Levi hat Ingmar Bergmans Serie „Szenen einer Ehe“ ambitioniert neu inszeniert.

Szenen einer Ehe: Jonathan (Oscar Isaac) und Mira (Jessica Chastain) Foto: HBO

Die Serie „The Walking Dead“ hat ihren Zenit wohl überschritten, und doch sind die Untoten präsenter denn je, ob ABBA oder Thomas Gottschalk oder „Gossip Girl“. Im Kino ist gerade der vor zwei Dekaden ermordete „Soprano“ Christopher Moltisanti neu geboren worden (im Prequel „The Many Saints of Newark“), und in der Süddeutschen Zeitung hat sich ein vom neu verfilmten „Kevin – allein zu Haus“ genervter Redakteur zu dem apodiktischen Urteil hinreißen lassen, Remakes kennten nur Kalkül.

Nein, das kann man so nicht stehen lassen, gibt es da doch auch ein paar wenige höchst inspirierte Exempel großer Könner. Mit einem guten Remake verhält es sich wie mit der gelungenen Coverversion eines Songs – es ehrt das Original, indem es sich signifikant davon unterscheidet.

Man denke an Jim Jarmuschs „Ghost Dog“ (als Remake von Melvilles „Der eiskalte Engel“). Oder an Luca Gua­da­gni­nos „A Bigger Splash“ (als Neuverfilmung von Jacques Derays „La Piscine“): Was für eine wunderbare Idee, die Handlung vom seine glamourösen Jetset-Tage lange hinter sich wissenden Saint-Tropez auf die entlegene Insel Pantelleria zu verlegen.

Hinzu kommt, dass das Original eher den Ruf eines kolportagehaften Star-Vehikels denn eines Meisterwerks hat. Da kann man was draus machen, ohne Gefahr zu laufen, sich die Finger zu verbrennen.

Säulenheiliger der Filmgeschichte

Womit wir – endlich – beim eigentlichen Anlass dieses Textes wären: Der (durch die israelische Serie „BeTipul“ und das gleich von ihm selbst besorgte amerikanische Remake „In Treatment“) maximal renommierte Showrunner Hagai Levi hat sich an einem Remake in fünf Teilen von Ingmar Bergmans bald fünfzig Jahre alter sechsteiliger Fernsehserie „Szenen einer Ehe“ versucht – die deutsch synchronisierte Fassung davon gibt es seit heute auf Sky. Welcher Teufel mag ihn geritten haben, sich ausgerechnet an diesem Säulenheiligen der Filmgeschichte zu vergreifen?

Die Serie

„Szenen einer Ehe“, fünf Folgen, Sky

Zumal es vor zwei Jahren erst Noah Baumbachs „Marriage Story“ gab, den man als Referenz auf „Scenes from a Marriage“ begreifen darf. Zumal Levi selbst mit der großartigen Serie (in 53 Folgen) „The Affair“ bereits seine eigene, ausführliche Reflexion über das Thema Ehe abgeliefert hat.

Zur Erinnerung: Bergmans Original beginnt damit, dass eine Magazin-Journalistin das vermeintliche Musterehepaar interviewt. Sie wendet sich dabei auch schon einmal direkt in die Kamera, die zugleich die Kamera ihres Team-Kollegen ist. Die Folgen von Levis Remake beginnen jeweils mit einem Gang durch das als solches erkennbare Filmset, in dem die Schauspieler (Jessica Chastain und Oscar Isaac statt Liv Ullmann und Erland Josephson) dann unvermittelt zu spielen beginnen. Netter Einfall, wie auch der, eine Rockband „Sarabande“ zu nennen: nach Bergmans Fortsetzungsfilm zur Serie.

Neue Rollenverteilung

Das Interview führt diesmal eine Doktorandin, die darüber promoviert, „how gender norms affect monogamous marriages“. Nie käme es ihr in den Sinn, eine Aussage des Mannes zu kommentieren wie weiland die Journalistin: „Ich fürchte, das ist etwas zu fortschrittlich für unsere weiblichen Leser.“ Die grüne Farbe des Samtsofas ist geblieben, nicht aber der nach Boston verlegte Handlungsort. Und die Rollenverteilung. Nicht nur ist es nun die Frau, die als „primary provider“ das Geld nach Hause bringt. Jetzt ist es auch sie, die ihn verlässt, für einen anderen, deutlich jüngeren Mann.

Hagai Levi hat den Stoff so kunst- wie maßvoll modernisiert. Aber was hat er sich nur dabei gedacht? Dazu muss man vielleicht zuerst einmal fragen: Was hat Bergman sich dabei gedacht? Bergman, der selbst fünfmal verheiratet war und neun Kinder hatte, nicht nur mit seinen Ehefrauen, von dem man also sagen kann, dass er so seine Probleme hatte mit der monogam gedachten Ehe, während er der Institution Ehe doch bemerkenswert treu blieb. „Scener ur ett äktenskap“ (so der schwedische Originaltitel) war wohl Bergmans sehr persönliche Betrachtung über die Ehe und deren Komplikationen.

Und dass sich an denen, bei allem gesellschaftlichen Wandel, nicht wirklich grundlegend etwas geändert hat, findet sich nun durch Levis Remake bestens belegt. Man kann ihn verstehen in seinem Fantum. Nur dass die fortbestehende Aktualität des Originals eben auch die eigentliche Überflüssigkeit des Remakes belegt. So gut gemeint, gemacht und gespielt es auch sein mag.

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