Siegel für faire Textilien: Siegel drauf: Der Knopf wird grüner
Mehr soziale und ökologische Qualität – das fordert das Entwicklungsministerium von beteiligten Firmen. Aber es gibt auch Kritik.
Gisela Burckhardt von der Arbeitsrechte-Organisation Femnet hält dagegen. Sie kritisiert: „Der Grüne Knopf 2.0 garantiert den Verbraucherinnen und Verbrauchern keine wesentlichen Verbesserungen in der Lieferkette.“
Das Siegel gibt es jetzt seit zwei Jahren. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) hat es vorangetrieben, um die Arbeits- und Umweltbedingungen in der weltweiten Textilproduktion zu verbessern. Rund 80 Unternehmen zeichnen Produkte mittlerweile mit dem Grünen Knopf (GK) aus, darunter Aldi, Esprit, Jack Wolfskin, Lidl, Rewe und Tchibo. Wichtige Ketten wie H&M fehlen. Der Marktanteil von GK-Produkten dürfte hierzulande unter 2 Prozent liegen.
Teilnehmende Firmen müssen 20 Kriterien auf Unternehmensebene einhalten. Dazu gehört, dass sie Risiken für die Menschenrechte der Beschäftigten in ihren Lieferketten verringern und einen Beschwerdemechanismus anbieten, damit sich Arbeiterinnen und Arbeiter aus dem Ausland in der Firmenzentrale Gehör verschaffen können. Zusätzlich gibt es 26 Kriterien, die die Produkte erfüllen müssen, die den Grünen Knopf tragen. Dabei ist beispielsweise wichtig, dass bestimmte gefährliche Chemikalien nicht verwendet oder Mindestlöhne gezahlt werden.
Verschärfte Anforderungen
Die Weiterentwicklung des Urspungskonzepts zum Grünen Knopf 2.0 war von Anfang an geplant. In den vergangenen Monaten fand ein Konsultationsprozess statt, an dem Unternehmen und zivilgesellschaftliche Organisationen teilnahmen. Neu ist jetzt beispielsweise, dass die Anforderungen für die Verwendung bestimmter Chemie- und Pflanzenfasern verschärft werden. So sollen GK-Produkte keine Angorahaare von Ziegen und Kaninchen mehr enthalten, weil damit Tierquälerei verbunden sein kann. Auch „bestimmte Fluor- oder Acrylfasern sind dann wegen ihrer umweltschädlichen Wirkung ausgeschlossen“, sagte BMZ-Abteilungsleiter Michael Krake. Das gelte ebenso für genveränderte Baumwolle. Kritische Organisationen wie Femnet, Südwind und Inkota bemängeln die neuen Faserkriterien als nicht weitreichend genug.
Sie kritisieren außerdem, dass nicht die gesamte Lieferkette erfasst sei, sondern nach wie vor nur die beiden letzten Produktionsstufen des Nähens und Färbens der Kleidungsstücke. Das BMZ weist diese Kritik zurück. Durch die ausgeweiteten Faserkriterien würden nun beispielsweise auch der Anbau der Baumwolle stärker reguliert und etwa Kinderarbeit auf den Feldern wirkungsvoller ausgeschlossen. Die Auseinandersetzung dreht sich zudem um die Verdienste, die die Zulieferfirmen ihren Beschäftigten zahlen.
Krake: „Ein Fortschritt beim Grünen Knopf 2.0 im Vergleich zur ersten Version wird darin bestehen, dass die Unternehmen innerhalb von zwei Jahren eine Strategie erarbeiten müssen, um existenzsichernde Löhne in den Zulieferfabriken umzusetzen.“ Diese Existenzlöhne liegen höher als die oft zu niedrigen staatlichen Mindestlöhne in Ländern wie Bangladesch oder Kambodscha. „Eine solche Strategie wird ganz konkrete Schritte zur Umsetzung enthalten“, so Krake.
Keine Mindestfortschritte
Femnet-Aktivistin Burckhardt war dagegen skeptisch: „Die Unternehmenskriterien verlangen nur Fortschritte bei der Umsetzung einer allgemeinen Unternehmensstrategie für Lohnerhöhungen, aber keine Mindestfortschritte in Form von tatsächlich höheren Löhnen für Arbeiterinnen und Arbeiter.“ Sie befürchtete, dass die hiesigen Firmen an ihren theoretischen Plänen gemessen werden, nicht aber an der konkreten Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Fabriken.
Viele kritische Anmerkungen zum Entwurf der neuen Konzeption machte auch der Beirat des Grünen Knopfes, dem unter anderem Michael Windfuhr vom Deutschen Institut für Menschenrechte angehört. In einigen Bereichen sah er aber auch Fortschritte. Wahrscheinlich noch in diesem November wird das BMZ den neuen Kriterienkatalog billigen. In der zweiten Hälfte 2022 können dann die ersten Produkte nach GK 2.0 in den Geschäften hängen.
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