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Facebooks ZukunftspläneIm Zweifel für den Profit

Kommentar von Svenja Bergt

Facebook investiert zu wenig in die Sicherheit der Nutzer:innen. Extreme Inhalte und Hassreden werden nicht konsequent genug unterbunden.

Mark Zuckerberg nach der Präsentation des Metaverse Foto: Facebook/reuters

D er Facebook-Konzern nennt sich neuerdings Meta und will mit einem Metaversum-Konzept die Basis dafür schaffen, dass die Menschheit eines Tages quasi in konzerneigenen Diensten lebt. Die Zukunftspläne von Facebook/Meta-Chef Mark Zuckerberg, dem virtuelle Welten für Arbeit und Freizeit vorschweben, sollen nach digitaler Revolution klingen. Tatsächlich aber wirken Zuckerbergs Ankündigungen wie verzweifelte Signale, die der Welt zeigen sollen, dass Facebook überhaupt eine Zukunft hat.

So will sich das Online-Netzwerk unter anderem auf Jüngere fokussieren. Als ob Snapchat- und Tiktok-sozialisierte Nut­ze­r:in­nen auf einmal das Tool der Elterngeneration attraktiv finden würden, nur weil das mehr auf bildbetonte Inhalte setzt. Und also ob – Stichwort Metaversum – irgendjemand heute vorhersagen könnte, was internetmäßig das nächste große Ding sein wird. Nein – Zuckerbergs Botschaft richtete sich vor allem an die Investoren: Hey, mit uns ist noch zu rechnen.

Dass er es nötig hat, diese Botschaft zu senden, das erzählt einiges. Man scheint im Unternehmen sehr wohl wahrzunehmen, dass es in der öffentlichen Debatte für Facebook/Meta und mit seinen zum Konzern gehörenden Diensten Instagram und Whatsapp gerade nicht gut aussieht. Um nicht zu sagen: vermutlich so schlecht wie noch nie. Denn mit dem internen Material der Whistleblowerin Frances Haugen hat eine Veröffentlichungswelle begonnen, die absehbar noch einige Zeit andauern wird.

Schon jetzt hat sie den Ton gesetzt für die drei Kernprobleme, mit denen wir uns als Gesellschaft dringend auseinandersetzen müssen. Erstens: Die Dienste sind toxischer als bislang bekannt. Die Nutzung von Instagram kann der psychischen Gesundheit insbesondere junger Nut­ze­r:in­nen schaden. Facebook selbst schafft es nicht, Inhalte wie Hassreden und Falschinformationen konsequent zu bekämpfen, was in einigen Ländern bereits zu Gewaltausbrüchen geführt hat.

Svenja Bergt

ist Redakteurin im Ressort Wirtschaft und Umwelt und kümmert sich dort um Netzthemen. Sie hält es für eine der besonders problematischen Praktiken des Konzerns, dass Facebook auch Daten von Menschen sammelt, die selbst gar keine Facebook-Dienste nutzen.

Fake News lieber ignorieren

Zweitens: Der Konzern ist sich der Probleme bewusst – entscheidet sich aber lieber fürs Ignorieren als fürs Gegensteuern. Und das führt zu drittens: Profit geht vor – vor Ethik und Regeltreue, vor Gesundheit und gesellschaftlichem Frieden. Dieser Dreiklang und die daraus resultierende öffentliche Debatte ist es, die diese Veröffentlichungsserie von früheren Skandalen – etwa dem Datenschutz-Eklat um Cambridge Analytica – unterscheidet.

Je mehr Druck aus der Öffentlichkeit kommt, desto einfacher wird es, harte Regeln festzuschreiben

Der Konzern kann jetzt nicht von Einzelfällen sprechen, im Notfall Kleinigkeiten einräumen und sagen, man habe bereits daraus gelernt, Konsequenzen gezogen und all das Beanstandete würde künftig nie wieder vorkommen. Dazu sind die Vorwürfe zu viele, zu umfassend, zu tiefgreifend und zu präzise in der Beschreibung der Ignoranz, mit der der Konzern intern auf bekannte Problematiken reagiert.

„Ich habe immer wieder gesehen, wie Facebook damit umgeht, wenn es einen Konflikt zwischen Profit und Sicherheit gibt“, sagte Whistleblowerin Haugen bei ihrer Anhörung im US-Senat. „Facebook löst diese Konflikte regelmäßig zugunsten seines Profits.“ Zwar steht die Veröffentlichungswelle noch am Anfang, in den kommenden Wochen werden weitere Details erwartet. Doch schon jetzt passiert etwas: Strategien wie Zerschlagung oder Entflechtung sind plötzlich Teil der Debatte.

Dabei sind das sicher keine Maßnahmen, die übermorgen umgesetzt werden. Aber in dieser Debatte entsteht nach und nach ein Bild am Horizont: Schaut mal, das da hinten sind auch Möglichkeiten, wenn alles andere nichts hilft. Dabei ist nicht einmal gesagt, dass eine Zerschlagung sämtliche Probleme löst, es ist sogar recht wahrscheinlich, dass das nicht der Fall ist. Aber sie ist ein Druckmittel in einem Prozess, in dem die Kräfteverhältnisse zwischen IT-Konzernen, Nut­ze­r:in­nen und Regulierern sehr ungleich verteilt sind.

Vergleich mit Rauchen

Der Zeitpunkt, die Macht von Facebook/Meta und anderen Digital-Giganten einzuschränken, ist noch aus einem anderen Grund günstig: Das erste von zwei zentralen Gesetzespaketen der EU-Kommission, die sich just mit der Macht der IT-Konzerne befassen, durchläuft gerade die Ausschüsse des EU-Parlaments, die Verhandlungen von Parlament und Ministerrat stehen noch bevor. Je mehr Druck aus der Öffentlichkeit kommt, desto einfacher wird es den Verhandlungsparteien fallen, harte Regeln festzuschreiben.

Whistleblowerin Haugen verglich die Nutzung von Facebook und Instagram mit dem Rauchen von Zigaretten. Der Vergleich funktioniert noch weitergehend: Auch die Tabakindustrie wusste intern schon lange sehr genau, wie schädlich ihre Produkte sind – und vertuschte es. Aus Profitinteresse. Dass Online-Plattformen im Vergleich zu Zigaretten mehr Nutzen haben, macht ihre Regulierung noch schwieriger – denn ein simples Verbot wäre kaum umsetzbar und wahrscheinlich auch nicht zielführend.

Psychologische Untersuchungen kommen etwa zu dem Schluss, dass die Kommunikation über Plattformen soziale Verbindungen stärkt, dass Nut­ze­r:in­nen sich eingebundener fühlen. Doch solange die Plattform-Betreiber die positiven Effekte betonen, aber die negativen negieren und die Vorwürfe einfach zurückweisen, ist nicht zu erwarten, dass die Konzerne ihre Geschäftspolitik aus freien Stücken ändern werden.

Um so wichtiger ist es, das aktuelle Zeitfenster zu nutzen. Und es gibt sogar eine Alternative zum Zerschlagungs- oder Verbots-Szenario. Denn womöglich ist es sinnvoller, Facebook und Co zum Offenlegen ihrer Algorithmen zu zwingen. Und damit der Mechanismen, denen wir uns als Nut­ze­r:in­nen unterwerfen. Es wäre ein Zug, der auch für alle anderen Plattform-Riesen gelten sollte: radikale Transparenz als Antidot.

Sollte tatsächlich eines Tages ein nennenswerter Teil der Menschheit seine Zeit im Metaversum eines Unternehmens verbringen, welches auch immer das dann sein wird, dann wäre diese Transparenz noch viel zentraler, als sie es heute bereits ist.

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3 Kommentare

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  • 2G
    26152 (Profil gelöscht)

    Facebook ist auch so ein Indikator dafür, dass aus einer fixen Idee ganz schnell ein Selbstläufer wird, der, wie in diesem Fall, dem Initiator in kürzester Zeit viel Geld und "Ruhm" verschafft, und ihm dann auch relativ schnell über den Kopf wächst!



    Davon abgesehen stellt sich so ein Mensch dann ziemlich schnell auf die neue Begegebenheiten ein, macht dazu noch einen wichtigen und allwissenden Gesichtsausdruck, als wäre es eine schwere und kritische Geburt gewesen, und schon ist der Supermann geboren und stellt etwas "Wichtiges" dar, bzw. gehört ab dann zur elitären Vereinigung all derer, die ihr Glück gar nicht fassen können, und ihr Einkommen erst recht nicht!



    An der Stelle auch schonmal schöne Grüße an Herrn Gates, der es auch recht gut verstand, aus dem Wissen und den Ideen anderer Kapital zu schlagen, um es dadurch letztlich zu einem der reichsten Menschen auf diesem Planeten zu schaffen!

  • Ob eine Offenlegung der Algorithmen etwas bringt, darf doch bezweifelt werden.



    Dem Normalnutzer sagt das nichts; und wenn Experten nach Analyse feststellen, dass die Menschen sich gläsern machen und in einer informellen Blase stecken, dann wäre das ja nichts neues, jenseits von wissenschaftlichen oder quantitativen Kleinigkeiten ...

    Wenn wir uns einig sind, dass die Menschheit etwas wie "soziale Netzwerke" braucht/will, (weswegen man das auch nicht verbieten kann), dann darf man die Ausgestaltung nicht einem einzelnen Konzern überlassen, der das proprietär umsetzt.

    Es bräuchte fachkundige Arbeitsgruppen, etwa aus Universi†äten, staatlich gefördert, die ein offenes System entwickeln, bei dem nicht nur Algorythmen open source vorliegen, sondern auch die Schnittstellen; wo eine freie Wahl des Anbieters gegeben ist. Analog zu Telefon, Email oder WWW: egal wer meinen Server betreibt oder wo ich meinen Internetanschluss habe, jeder kann mit jedem, über klar definierte Protokolle; wo natürlich auch geregelt ist wann wie welche Daten mit wem ausgetauscht werden.

    Aber vermutlich wäre das den Regierungen und Lobbyisten gar nicht so recht. Wenn es um das Löschen oder Unterdrücken missliebiger Inhalte (seis politischer oder urheberrechtlich Art) geht, ist es doch einfacher mit einem einzelnen Konzern zu verhandeln, als mit einem Netzwerk verbundener Server auf der ganzen Welt.



    Vielleicht ist es also gar nicht gewollt, am eigentlichen Problem etwas zu ändern und das Offenlegen der Algorithmen soll nur staatlichen Stellen helfen, ggf Druckmittel gegen facebook zu haben...?

  • "Im Zweifel für den Profit"

    Natürlich. Facebook ist ein privates, gewinnorientiertes Unternehmen.

    Der Sinn von Investitionen ist im Kapitalismus nun mal die Erzielung von Gewinn. Diese Binsenweisheit ist schon seit über 100 Jahren bekannt.