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Brauchtum weltweitBettdecke über'n Kopf an Halloween

Ich bin kein Fan von Halloween. Bettdecken mit Baumwollbezug wären mir als weltweites Brauchtum lieber. Oder auch der mexikanische „Tag der Toten“.

Cooler als Halloween: Ein Schädel, wie er beim mexikanischen „Tag der Toten“ zum Einsatz kommt Foto: dpa/EUROPA PRESS | Ricardo Rubio

I n nicht einmal zwei Wochen ist es wieder so weit: Wie, bitte sehr, konnte sich dieses Halloween-Fest in der ganzen Welt verbreiten? Nur der Valentinstag ist noch bekloppter. Aber da klingeln wenigstens nicht ständig Leute an der Tür, die Süßigkeiten wollen.

Warum hat sich denn nicht stattdessen die Bettdecke im Baumwollbezug globalisiert? Wie kann es sein, dass auch nur ein einziger Amerikaner, der jemals unter einer frisch bezogenen Baumwoll-Bettdecke geschlafen hat, danach auf sein Bett freiwillig wieder mehrere Schichten glibberiger Synthetik-Laken friemelt? Schlimmstenfalls befindet sich dazwischen sogar noch eine Polyesterwolldecke, auf der die Betttücher überhaupt nur halten, weil sie von ihr elektrostatisch angezogen werden oder natürlich, weil man sie unter der 70 Kilo schweren Matratze eingekeilt hat.

Mal eben ins Bett hüpfen ist da nicht. Man muss mühsam unter die Schichten robben, ohne sie durcheinander zu bringen und ist dann gezwungen, flach auf dem Rücken zu liegen mit nach vorne gepressten Fußspitzen. Wer kann denn so schlafen? Ich muss jedenfalls immer sofort das ganze Gelöt mit Gewalt unter der Matratze herauszerren, um mich auf die Seite zu drehen, um einen Fuß raus strecken zu können. Nachts friere ich dann zwischen einem heillos verwurschtelten Lappenhaufen oder habe die Ekel-Wolldecke direkt auf der Haut. Nee, danke.

Als ich mal ein Weilchen in Mexiko studiert habe, ließ ich mir von meinen Eltern als Erstes eine Bettdecke nachschicken und dann erst Schwarzbrot. Für Schwarzbrot konnte ich wirklich niemanden begeistern, aber um meine Bettdecke haben sich bei meiner Abreise alle Mitbewohner gekloppt. Die Bettdecke hat unerklärlicherweise seitdem keinen weltweiten Siegeszug angetreten. Stattdessen feiern wir jetzt Halloween.

privat
Birte Müller

ist Illustratorin, Autorin und Mutter von Willi (14) mit Downsyndrom und Olivia (12) mit Normalsyndrom. Im Februar hat sie das Kinderbuch „Wie krank ist das denn?“ mit Yannick de la Pêche veröffentlicht.

Ikea-Tasche voll Süßigkeiten

In Mexiko habe ich übrigens Halloween das erste Mal wahrgenommen. Bei den Feierlichkeiten zu Allerheiligen am 1. November hörte ich viele Mexikaner schimpfen, dass es das alte Brauchtum vom Tag der Toten infiltriere. Ich muss sagen, dass ich einen Feiertag, an dem sich die gesamte Familie trifft und mit besonderem Essen, Musik und viel Alkohol gemeinsam an die Verstorbenen denkt, eine noch coolere Idee finde als die Bettdecke. Aber nein, wir feiern Halloween.

Aber ganz ehrlich: So richtig stören tut mich Halloween nicht. Den „Tag der Toten“ würde ich nur eben viel toller finden.

Mich nervt eigentlich nur die beschmierte Haustür, das ewige Klingeln und die Ikea-Tasche voll Süßigkeiten, die unsere Tochter nach Hause schleppt. Und dieser behämmerte Süßes/Saures- und der Geister/Kleister-Spruch. Na ja, so gesehen stört mich Halloween vielleicht doch.

Mit den Unmengen von Süßigkeiten haben wir das Problem, dass sie bei uns niemals aufgegessen werden. Aber ich kann das Zeug auch unmöglich wegwerfen. Also mache ich Ende Oktober Inventur und gebe den Haufen vom Vorjahr zurück in den Zuckerkreislauf unserer Siedlung. Nur dank Corona wurde dieser Teufelskreis letztes Jahr endlich durchbrochen. Ich stellte alles in einem Eimer an die Straße, der sofort verschwand. Yes!

Unser Sohn Willi hält übrigens auch nicht viel von Halloween. Verkleidete Menschen vor der Tür findet er einfach „falsch“. Er macht keinen Schritt nach draußen. Würden Pizza und Würstchen verteilt, sähe die Sache vielleicht anders aus ­– aber mit Weingummi oder Lollis lässt er sich nicht locken.

Trotzdem grabscht Willi begeistert in die aufgehaltenen Tüten der Kinder, die bei uns klingeln, und bevorratet sich. Wir finden das lustig. Aber wenn man sieht, wie sich so manches Kind ernsthaft vor dem „Behinderten“ gruselt, macht das auch keinen Spaß.

Also schalten wir Klingel und Lichter aus. Willi darf im Wohnzimmer in voller Lautstärke Mozarts Requiem anschauen und wir machen Feuer im Garten.

Alle Kinder, die sich ums Haus herum trauen und ein Gedicht aufsagen, werden freundlich empfangen und reich beschenkt mit mehr oder weniger ollen Süßigkeiten. Und danach freue ich mich auf meine Bettdecke.

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