Andreas Speit Der rechte Rand: Was völkische Siedler mit Wehrsportlern zu tun haben
Die Polizei hat bei einer rechtsextremen Wehrsportgruppe in Niedersachsen Waffen, Waffenteile und Munition sichergestellt. Die Staatsanwaltschaft Lüneburg wirft den neun Beschuldigten zwischen 37 und 53 Jahren die „Bildung einer bewaffneten Gruppe“ vor. Diese habe Anschläge auf Migranten geplant. Die besondere Brisanz: Sechs der Verdächtigen sind Reservisten der Bundeswehr.
„Es besteht der Anfangsverdacht, dass eine fremdenfeindliche Motivation handlungsleitend gewesen sein könnte“, sagte eine Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft. Zu den persönlichen Hintergründen der Beschuldigten, eventuellen Bezügen der Gruppe nach außen und zur konkrete Gestalt der Gruppe mochte sie nichts Weiteres sagen.
So bleibt offiziell offen, ob die Gruppe Kontakte in die rechte Szene hat. Der mutmaßliche Anführer, Jens G., soll aber aus dem Netzwerk der völkischen Siedler der Lüneburger Heide kommen, wie die Journalistin Andrea Röpke und der Vertreter der Antifaschistischen Aktion Lüneburg/Uelzen, Olay Meyerm der taz sagten.
Der Oberstleutnant soll 2016 an einem Maitanz bei einer völkischen Siedlerfamilie in Edendorf teilgenommen haben. Rund 200 Gäste aus dem rechtsextremen Milieu waren am 30. April zu einer abgelegenen Scheune zu dem Fest gekommen –von der NPD über die Identitäre Bewegung und den Sturmvogel bis zur AfD (taz berichtete). Für Meyer und Röpke ist das ein Hinweis auf die Militanz der siedelnden, selbsternannten Patrioten.
„In den Familien wird eben nicht bloß vermeintlich unpolitisches, germanisches Brauchtum gepflegt“, sagt Meyer. Der verdächtige Anführer arbeitet als Zimmermann in der niedersächsischen Gemeinde Wedemark und ist stellvertretender Kreisvorsitzender der Reservistenkreisgruppe Hannover. Meyer und Röpke wiesen darauf hin, dass G. auch Mitglied der rassistischen „Artgemeinschaft – Germanische Glaubensgemeinschaft“ ist.
Andreas Speitarbeitet als freier Journalist und Autor über die rechte Szene nicht nur in Norddeutschland.
G. soll laut dem Spiegel enge Kontakte zu einem zivilen Referenten des Bundesverteidigungsministeriums unterhalten haben. Bei einer routinemäßigen Sicherheitsüberprüfung war der Militärische Abschirmdienst (MAD) bei dem Referenten, der ein Beamter und kein Soldat ist, auf Hinweise einer rechtsextremen Gesinnung gestoßen.
Bei den Ermittlungen entdeckte der MAD auf dem Mobiltelefon des Referenten die Kontakte zu dem nun verdächtigten Anführer der Wehrsportgruppe. Das Verteidigungsministerium hat dem Referenten in der Abteilung „Strategie und Einsatz“ mittlerweile alle Zugänge zu sensiblen Informationen gesperrt.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen