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Skandale und Konflikte

Wo steht die AfD Berlin nach 5 Jahren Abgeordnetenhaus?

Dass die AfD wie in anderen Landesparlamenten einiges auch im Abgeordnetenhaus (AGH) verändern würde, war gleich zu Beginn der Legislatur im Herbst 2016 klar. Entgegen dem vom mittlerweile abgesägten Parteichef und Noch-Fraktionsvorsitzenden Georg Pazderski propagierten angeblich bürgerlichen „Berliner Kurs“ in Richtung Koalitionsfähigkeit fielen gleich mehrere Abgeordnete mit rechtsextremen Eskapaden auf.

Ein besonderer Fall ist dabei der völkische Rassist Andreas Wild. Der forderte 2016, Geflüchtete in Lagern unterzubringen, ist Höcke-Fan und redet vom „Schuldkult der Deutschen“. Wild wurde im Juli 2017 offiziell wegen Kontakten in die rechtsextreme Szene aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen – ein auf Landesebene bestätigtes Parteiausschlussverfahren ist derzeit noch beim Bundesvorstand anhängig. Bei einer Gedenkveranstaltung zum 80. Jahrestag der Reichspogromnacht trug er eine Kornblume am Revers, das Erkennungssymbol der historischen Nazis in Österreich. Auch danach trug Wild die Kornblume noch im AGH und musste diese nach Ordnungsrufen des Präsidenten Ralf Wieland (SPD) ablegen.

Dennoch bekommt Wild nach seinen rechtsextremen Reden teilweise noch Applaus aus Reihen der AfD. Und trotz seines Ausschlusses aus der Fraktion hatte die Partei kein Problem damit, Wild nun als ihren Direktkandidat für Steglitz-Zehlendorf aufzustellen. Dort grinst dessen Gesicht weiter von zahlreichen Wahlplakaten der AfD. Das hat er wohl vor allem der Landeschefin Kristin Brinker aus demselben Bezirksverband zu verdanken, die mithilfe der Stimmen des offiziell aufgelösten rechtsextremen Flügels und damit auch von Wild und seinem Umfelds die Wahl zur Vorsitzenden gegen den erklärten Flügel-Gegner Georg Pazderski und Beatrix von Storch gewonnen hat.

Radikale Tendenzen

Obwohl Spitzenkandidatin Brinker eigentlich als liberale Finanzpolitikerin gilt und keine allzu extremen Reden hält, zeigt sich auch mit dem Fall Wild, dass sie ihr Wahlversprechen an die rechtsextremen Strömungen der Partei hält und die Flügel-Leute wie Thorsten Weiß und Jeanette Auricht stärker einbinden wird. Die nächste Fraktion dürfte unter ihrer Führung mangels Abgrenzung eine deutlich extremere sein. Brinker kommt dabei die Rolle eines vermeintlich bürgerlichen Feigenblatts zu.

Die nicht übersehbaren radikalen Tendenzen, die im Übrigen mittlerweile selbst der Verfassungsschutz sieht, haben allerdings nicht dazu geführt, dass die AfD in Berlin an Stimmen verliert. In Umfragen liegt die Partei um die 10 Prozent. Ihr erneuter Einzug ins AGH ist damit sicher. Gareth Joswig

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