Streik der Pflegenden in Berlin: Folgerichtig und sinnvoll

Die Beschäftigten der landeseigenen Berliner Krankenhausbetriebe treten in den unbefristeten Streik. Und ihr Druck hat schon Wirkung gezeigt.

Die Beschäftigten von Vivantes und Charité haben für den Streik gestimmt Foto: dpa

Was lange angekündigt wurde, wird nun wahr: Seit Donnerstag sind die Berliner Klinikbeschäftigten in einem unbefristeten Arbeitskampf. Mit dem Er­zwin­gungsstreik wollen sie ihre Forderungen – einen Tarifvertrag, Entlastung für die Pflegenden und eine Bezahlung gemäß des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst TVöD für alle Beschäftigten der Tochtergesellschaften – in den nächsten zwei Wochen durchsetzen.

Erst nachdem die Gewerkschaft Verdi die Urabstimmung über den unbefristeten Arbeitskampf angekündigt hatte, bewegte sich die Vivantes-Klinikleitung. Am Montag schlug sie ein System vor, in dem der Leistungsumfang der Krankenhäuser je nach vorhandenem Personal gedeckelt würde.

Der Vorschlag ist konstruktiv und zielführend. Mit ihm als Verhandlungsgrundlage kann eine für Personal und Pa­ti­en­t:in­nen menschenwürdige Pflege möglich werden. Im gleichen Atemzug hatten Vivantes und Charité aber verkündet: Kommt es zu Streiks, enden auch die Gespräche. Entsprechend entrüstet zeigte sich Vivantes dann auch, als sich über 98 Prozent der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten am Montag dennoch für den Arbeitskampf aussprachen.

Doch die Entscheidung der Beschäftigten ist folgerichtig, denn der Vivantes-­Vorschlag sieht nach wie vor keine Konsequenzen für den Fall vor, dass die Klinik­leitung die nötige Personalbemessung unterschreitet. Auch strategisch ist der Streik richtig, weil es zu dem Vivantes-Vorschlag nicht trotz, sondern wegen des Drucks kam.

Dass es nun zur 180-Grad-Wende kam, zeigt: Der kollektive Druck wirkt

Vor der Streikverkündung hatte Vivantes über Monate verkündet, eine Entlastung der Pflegenden sei leider nicht drin, da sonst – so der Tenor von so mancher Pressemitteilung – Berlins Krankenversorgung zusammenbrechen und Vivantes pleitegehen würde. Dass es nun zur 180-Grad-Wende kam, zeigt: Der kollektive Druck wirkt. Die Drohung, die Gespräche einzustellen, besteht wohl ähnlich wie das Horrorszenario eines zusammenbrechenden Gesundheitssystems vor allem aus einem: heißer Luft.

Die Beschäftigten haben jetzt die Zügel in der Hand. Indem sie für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen, üben sie auch Druck auf die Politik aus, das Gesundheitssystem endlich aus dem Joch des Kapitalismus zu befreien. Die Stadtgesellschaft sollte das Klinikpersonal, wo es nur geht, unterstützen.

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