Fotografie-Ausstellung in Grimma: „Provinz“ im besten Sinne
Am Zaun des Polizeireviers Grimma hängen Werke des Fotografen Bernhard Weber. Sie zeigen eine Wahrhaftigkeit, die manchen Medien fehlt.
“Warten auf’n Bus“ ist eines der wunderbarsten Fernsehformate der letzten Zeit. Es zeigt, wie banal und philosophisch die Frage nach Stadtaffe und Landei verhandelt werden kann. Und das immer mit einem zutiefst menschlichen Blick auf den stinknormalen Alltag und seine Protagonist*innen.
Wer diesen Sommer in der sächsischen Kleinstadt Grimma unterwegs ist, rasselt völlig unerwartet an der Bushaltestelle Köhlerstraße in ein ganz ähnliches Erlebnis. Denn mitten an der Straße hängen am langen Zaun rund um das ziemlich große Polizeirevier Fotos von Bernhard Weber. „Der Provinzfotograf, der die Zeit im Bild anhält“, hat die Lokalzeitung über Weber geschrieben. Wobei Provinz hier ausdrücklich positiv gemeint ist. Denn auf den Fotos aus sechs Jahrzehnten ist zu sehen, was woanders oft fehlt.
Sie zeigen lebensnah den Alltag auf dem Land und in den Dörfern, manchmal auch in der großen Stadt Leipzig. Wobei Webers Blick immer für die Menschen da ist. Die Aufnahme der strickenden Wirtin in einer Dorfkneipe von früher, die nur aus ein paar hölzernen Bierkisten und dem zu DDR-Zeiten obligatorischen Schild „Kein Ausschank von Alkohol an Kraftfahrer“ besteht.
Als Pop-up-Bar wäre das heute der hippe Scheiß. „Volkspolizei blitzt“, vermutlich aus den 80er Jahren, ist so ein anderes Bild. Mit einem klobigen Kasten, so groß wie eine Mikrowelle sitzt ein Polizist hinter der Mauer und sieht zu, wie ein Kleinlaster in die Falle fährt.
Friseurbesuch und Polizeigewalt
Mehr noch als diese heiter-ironischen Bilder sind es die Aufnahmen, die Weber von ganz normalen Menschen gemacht hat, die gerade in Schwarz-Weiß eine packende Authentizität verströmen.
„Was soll der lange Satz?“, sagt die Mitbewohnerin. „Die Botschaft ist Wahrhaftigkeit!“ Da sind Bäuer*innen, Brigadefeiern, Schüler*innen an der Tafel, Rentner*innen beim Frisör und Menschen beim Volksfest. Da sind die Bilder der Wende, der Abzug der russischen Truppen 1992 und natürlich die Hochwasser von 2002 und 2013. Aktiv ist der 1940 geborene Weber immer noch. Aus dem letzten Jahr gibt es Aufnahmen vom Protest gegen einen Auftritt von Björn Höcke in Grimma. Darauf ist zu sehen, wie die Polizei gegen Demonstrant*innen vorgeht. Alles schön am Polizeizaun in Grimma noch bis in den Oktober hinein zu sehen.
Viele Menschen hadern heute mit „den Medien“, weil sie sich und ihren Alltag darin nicht wiederfinden. „Vielleicht wird die Lebenswirklichkeit der Menschen in den Medien nicht richtig dargestellt, weil sie zu sachlich berichten“, meint die Mitbewohnerin.
Und natürlich gibt es am Zaun auch das Bild einer Bushaltestelle, dieser (O-Ton „Warten auf’n Bus“) „verdammten Schnittstelle zwischen Pampa und intelligentem Leben“.
Leser*innenkommentare
Ria Sauter
Gast
Diese Bilder, zusammen mit "Warten auf n Bus" sollte man im Parlament zeigen, mir Anwesenheitspflicht.
Ringelnatz1
Kann es sein, das der Fotograf Gerhard Weber heißt?
Guter Beitrag.
Ich wühle mich gerade durch die- Deutsche Fotothek-1401 Bilder von Gerhard Weber.
www.deutschefototh...7538/df_gw_0000445
Weber, Gerhard: Jugendbrigade. Alter Stall, um 1970/1985
Genau, Genau! Wiedermal supi-quadro!
Die Personen, die Mimik alles was auf dem Bild zu sehen ist stimmt.
Mach mit bleib fit!
www.deutschefototh...7622/df_gw_0000529
Weber, Gerhard: Gebäudewirtschafts BH, um 1970/1985
www.deutschefototh...7650/df_gw_0000557
Ihr Foristen der taz.(judke, Freubeuter, Willi...) schaut euch gefälligst die Bilder an.! Sind genug da! Zoom und Bildbeschreibung anklicken!!
Eins noch.
Weber, Gerhard: NAK-FDJ Leitung, um 1970/1985
www.deutschefototh...7810/df_gw_0000717
Ringelnatz1
@Ringelnatz1 Packen es sonst nicht1:
www.deutschefototh...GW3Wyen4s1vvL04qp8
Rainer B.
@Ringelnatz1 Früher nannte man das kurz und knapp „Sozialistischen Realismus“.