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Salzeinleitung in Weser und WerraKeine Verringerung trotz Beschluss

Weser und Werra sind versalzen. Verantwortlich ist der Düngemittelhersteller K+S, doch der will seine Salzeinleitung nicht reduzieren.

Am Ende landet Salz im Süßwasser: Der Kali-Abraumberg und die Werra im osthessischen Philippsthal Foto: Uwe Zucchi/dpa

Göttingen taz | Die Weser und ihre Quellflüsse Werra und Fulda versalzen weiter. Während sich Umweltverbände wie der BUND dafür einsetzen, dass wie 2016 beschlossen endlich die Salzmenge reduziert wird, verfolgt die Kali-Industrie aber ein anderes Ziel. Der Düngemittelproduzent K+S, der für die viel zu hohe Salzbelastung im Grund- und Oberflächenwasser des Wesereinzugsgebiets verantwortlich ist, ficht die Machbarkeit der damaligen Einigung nicht an. Bereits im April 2020 stellte das Unternehmen den förmlichen Antrag, Salzmengen einleiten zu dürfen, die weit über den damals vereinbarten Werten liegen.

Seit gut 100 Jahren wird an Weser, Werra und Fulda Salz zur Herstellung von Pflanzendüngestoffen abgebaut. Die größten Produktionsgebiete liegen im hessisch-thüringischen Werra­gebiet. Weil nur ein Teil des gewonnenen Materials als Wertstoff verwendet wird, fallen in hohem Maße salzhaltige Abfälle an. Große Mengen von Salzabwässern werden in die Flüsse eingeleitet.

Ein steigender Salzgehalt bringe den Stoffwechsel von Süßwassertieren durcheinander, sagen Umweltschützer. Speziell in der Werra sei die gesamte Süßwasserfauna und -flora in Bedrängnis geraten. Bei einer Befischung durch das Land Niedersachsen wurden dem BUND zufolge im vergangenen Jahr in der Werra nur acht Arten, in der Oberweser immerhin 25 Arten festgestellt. Die Krankheitsrate im Fischbestand in der Werra war mit über elf Prozent überdurchschnittlich, in der Oberweser sind es immerhin noch vier Prozent. Auffällig sei auch, dass das seltene Bachneunauge den Oberlauf der Werra nur bis dorthin die Werra besiedelt, wo das Salzabwasser eingeleitet wird.

Zusätzlich werden in Hessen immer noch Salzabwässer im tieferen Untergrund verpresst. Weser und Werra werden hauptsächlich von der Kali-Industrie mit Salz belastet. Andere Salzeinleitungen, etwa aus häuslichen Abwässern oder durch Streusalz, spielen nur eine untergeordnete Rolle, erklärt die Flussgebietsgemeinschaft Weser in Hildesheim. Sie koordiniert die gemeinsamen Arbeiten der Anrainer-Bundesländer zum Wasserschutz im Wesereinzugsgebiet. Im noch wenige Monate gültigen Bewirtschaftungsplan 2015–2021 hatte die Gemeinschaft den „Masterplan Salzreduzierung“ in Kraft gesetzt.

Bis heute wurde keine Verminderung des Salzgehaltes erreicht

Heiner Baumgarten, BUND-Landeschef in Niedersachsen

Die Differenzen zwischen den 2016 vereinbarten Zielwerten und den von K+S beantragen Werten sind laut BUND gewaltig: Die Bundesländer planen, dass der Chloridgehalt am Leitpegel Gerstungen in Thüringen ab 2022 nur noch 1.580 Milligramm je Liter Werra-Wasser betragen soll und bis Ende 2027 auf 1.170 Milligramm abgesenkt wird. K+S will aber nur bewirken, dass die Einleitung 2022 bei 2.500 Milligramm bleibt und dann bis Ende 2027 auf 1.950 Milligramm sinkt.

Bis zum Jahresende müssen sich die Bundesländer auf den neuen Bewirtschaftungsplan Salz 2021–2027 verständigen. Der Plan muss sicherstellen, dass die drei Flüsse gemäß den Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie bis zum Ende des Jahres 2027 den sogenannten „guten ökologischen Zustand“ erreichen. Die Richtlinie definiert den Zustand eines Oberflächengewässers als gut, wenn nur geringe Abweichungen von einem Zustand vorliegen, der ohne störende menschliche Einflüsse bestehen würde.

Die BUND-Landesverbände fordern von den Umweltministern der Länder, sich klar dafür einzusetzen, die Salzeinträge in Werra und Weser konsequent zu reduzieren: „Seit über 10 Jahren wird intensiv über die Verringerung der Salzfrachten in Werra und Weser diskutiert, doch bis heute wurde keine Verminderung des Salzgehaltes erreicht“, sagt der niedersächsische BUND-Landeschef Heiner Baumgarten und appelliert an Umweltminister Olaf Lies (SPD): „Erteilen Sie den Wünschen des Unternehmens K+S nach Abschwächung der Grenzwerte und Zielmarken eine Absage.“

Jörg Nitsch, BUND-Landesvorsitzender in Hessen, sagt, mit dem Bewirtschaftungsplan Salz würden die Weichen für die Zukunft gestellt. Die Politik sei aufgerufen, einen deutlichen Rückgang der Salzeinträge aus der Kaliproduktion umzusetzen. Sie dürfe dem Wunsch von K+S, den bisherigen Plan abzuschwächen, nicht folgen.

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2 Kommentare

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  • Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass die Politik die Umwelt-Auflagen möglichst verzögert, verwässert, wegmoderiert oder einfach aussitzt. Die beachtlichen Subvetionen für große Betriebe der industriellen Landwirtschaften kommen sicher nicht von ungefähr 😉



    Hat die taz dazu irgendwelche Infos?

  • Interessant, Herr Paul. Nur bleibt im Artikel trotz mehrerer Verweise unerwähnt, wer denn den "Beschluss" gefasst, um den es laut Titel geht, wer "wie 2016 beschlossen" die Beschließenden waren, bzw. wer denn die Zielwerte "vereinbart" hat, über die im Text berichtet wird.



    Schade. Denn damit fehlen grundlegende Informationen, um die im Beitrag erhobenen Vorwürfe nachvollziehen und die Rolle von K+S wirklich sinnvoll beurteilen zu können.