Sportkarriere mit Kindern: Kampf der Mütter
Die Sprinterikone Allyson Felix feierte bei den Olympischen Spielen ein Comeback. Seitdem wird in den USA mehr über Mutterschaft und Leistungssport gesprochen.
Wenn du schwanger wirst, ist das der Todeskuss für eine Sportlerin“, sagt Phoebe Wright, 800-Meter-Läuferin aus den USA. Sie brachte voriges Jahr einen Jungen zur Welt. Wright, 32, ist nicht mehr aktiv, aber andere Weltklasseathletinnen und Mütter sind es nach wie vor – und das kommt oftmals einer äquilibristischen Übung auf dem Drahtseil gleich.
Bei den Olympischen Spielen wurde das Thema Mutterschaft so ausgiebig diskutiert wie vielleicht noch nie bei einem sportlichen Großereignis. Und das lag auch an Allyson Felix, der US-Ikone der Frauen-Leichtathletik, die in Tokio mit 35 eine Bronzemedaille über 400 Meter gewann. Felix ist mit sieben Gold-, drei Silbermedaillen und einer bronzenen Plakette die bis dato erfolgreichste Leichtathletin aller Olympischen Spiele.
Der erlaufene Ruhm ist freilich schnell erloschen, wenn es darum geht, als Mutter im System des Leistungssports den nötigen Schutz, die Ruhe und jene Unterstützung zu erhalten, die es braucht, um nach der Schwangerschaft nahtlos an die Karriere anzuknüpfen. Als Felix im Jahr 2018 nach einer nicht komplikationsfreien Schwangerschaft, die in einer Geburt per Not-Kaiserschnitt gipfelte, die rückhaltlose Unterstützung ihrer Sponsors Nike verlor, machte sie die Schofeligkeit des Sportartikel-Riesen öffentlich.
Nike passte seine Standards daraufhin an, Allyson Felix ging jedoch eigene Wege mit ihren Bekleidungsmarken Athleta und Saysh. Außerdem legte sie mit der Women’s Sports Foundation einen Fonds auf zur Unterstützung von sportelnden Müttern, die auch während der Wettkämpfe und Trainingseinheiten ihre Kleinen betreuen müssen. Die Summe: 200.000 Dollar. Eine Profiteurin ist unter anderem die US-Marathonläuferin Aliphine Tuliamuk, die 10.000 Dollar erhielt.
14 Liter Milch abgepumpt
Das Geld hätte wohl auch die kanadische Basketballspielerin Kim Gaucher gut gebrauchen können, die aufgrund der strengen Tokioter Einreisebestimmungen dazu verdammt war, entweder auf die Spiele zu verzichten oder auf das Stillen ihres Babys. Das Olympia-Organisationskomitee ließ sich erweichen und eine Betreuungsperson einreisen. Anders machte es die britische Bogenschützin Naomi Folkard, die vor den Olympischen Spielen 14 Liter Milch für ihre Tochter abgepumpt hatte.
Die kanadische Boxerin Mandy Bujold wiederum zog sogar vors internationale Sportgericht CAS in Lausanne – mit Unterstützung der kanadischen Regierung, ihres Nationalen Olympischen Komitees und Boxing Canada. Sie hatte wichtige Qualifikationswettkämpfe zur Olympiateilnahme wegen ihrer Mutterschaft verpasst. Die Faustkämpferin bekam recht. „Es war einer der größten Kämpfe in meiner Karriere“, schrieb sie danach, „und außerdem der bedeutungsvollste Fight überhaupt.“ Sie verlor dann zwar bei Olympia in der ersten Runde gegen die Serbin Nina Radovanovic und beendete ihre Karriere, aber sie hatte ein Zeichen gesetzt.
Einen anderen Weg ging die US-Basketballerin Breanna Steward, die in Tokio mit Team USA Gold gewann und zur besten Spielerin des Turniers gewählt wurde. Zwei Tage nach ihrer Rückkehr nach Seattle wurde sie Mutter, allerdings hatte sie sich mit ihrer Partnerin Marta Xargay, einer ehemaligen Basketball-Spielerin aus Spanien, für das Modell einer Leihmutterschaft entschieden.
Die Geschichte von Tochter Ruby wurde nun ausführlich in der New York Times erzählt, die Kosten von über 150.000 Dollar blieben aber unerwähnt. Steward griff bei der In-vitro-Fertilisation auf eine von ihr im Jahr 2019 eingefrorene Eizelle zurück. Die Women’s National Basketball Association ermöglicht das seit Kurzem ihren Spielerinnen, gleichzeitig wurden im neuen Vertrag, der mit der Spielerinnengewerkschaft WNBPA geschlossen wurde, die Rechte von Müttern und Schwangeren („Pregnancy Disability Benefit“, „Childcare Assistance Program“, „Family Planning“) erheblich gestärkt.
Es sollte im gesamten Leistungssport nicht mehr zu solchen Nöten kommen, von denen 800-Meter-Läuferin Alysia Montano wiederholt berichtet hat. Sie lief während ihrer beiden Schwangerschaften jeweils Wettkämpfe. „Aus finanzieller Not“, wie sie bekannte. 2014 ging sie sogar hochschwanger bei den US-amerikanischen Meisterschaften in Sacramento an den Start. Ansonsten wären ihre Sponsorengelder deutlich gekürzt worden, rechtfertigte sie sich damals.
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