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Eingebürgerte Athleten bei OlympiaWaschechte Katarer

Um den sportlichen Ruhm Katars zu mehren, werden viele Sportler eingebürgert. Die Beachvolleyballer präsentieren sich als wahre Mustermigranten.

Cherif Younousse war mal Senegalese. Jetzt baggert er für Katar Foto: Felipe Dana/ap

Tokio taz | Die Sonne brennt über den Trainingsplätzen der Beachvolleyballer. Die Grillen zirpen wie wild. Es geht auf die 12 Uhr zu. Schon beim Zuschauen fließt einem der Schweiß in Strömen. Für das Viertelfinale am Mittwoch will das Beachvolleyballteam aus Katar mit Ahmed Tijan und Cherif Younousse sich wohl noch einmal besonders extreme Wettkampfhärte aneignen.

Das Meer in der Pazifikbucht von Tokio ist nur ein paar Volleyballaufschläge weit entfernt. Doch hier wird hart gearbeitet. Acht Leute sind damit beschäftigt, Katars Medaillenhoffnung auf Sand auf Trab zu halten oder zumindest zu begutachten. Der Präsident des Verbands ist auch vor Ort. Von einem kleinen Podest aus schmettert der argentinische Trainer Maria­no Baracetti einen Ball nach dem anderen Richtung Spielfeld. Ein eingespieltes Team spult hier sein Programm ab. Nur ab und an gibt Baracetti seinen Spielern Hinweise.

Bevor seine Schützlinge nach dem Training zu sprechen sind, hat er noch einen heißen Tipp. „Fragen Sie die beiden nur nicht, wo sie herkommen.“ Warum? Der Argentinier muss lachen und sagt noch: „Versuchen Sie es doch.“

Die Herkunftsfrage drängt sich im Fall von Katar auf. Auf der Suche nach Nationalhelden in den Sportarenen setzt kein anderes Land so sehr auf Importe. Dreizehn Männer und zwei Frauen geben bei diesen Olympischen Spielen ihr Bestes für Katar. Davon sind lediglich vier im Emirat am Persischen Golf geboren. Mutaz Essa Barshim etwa, der am Sonntag im Hochsprungwettbewerb die zweite Goldmedaille in Tokio für Katar gewann. Migrationshintergrund hat allerdings auch er. Seine Eltern stammen aus dem Sudan.

Geredet wird also unter Katars Sportelite nicht gern über die Herkunft. Dabei stellen sich gerade im Fall von Cherif Younousse einige Fragen. Im Informationssystem für Medienschaffende bei diesen Spielen ist hinterlegt, dass er in Katars Hauptstadt Doha geboren sei, obwohl alle anderen Quellen Dakar im Senegal als seine Geburtsstadt ausweisen.

Lesen kann man dort auch, wie er am Meer von Dakar im Einstiegs­alter von acht Jahren im Zusammenspiel mit seinen Brüdern zu einem guten Beachvolleyballer heranreifte. Nur wann genau sein Agent ihm über das Angebot aus Katar berichtete, das findet sich nirgends. Ebenso wenig ist nachvollziehbar, wann genau sein Teamkollege Ahmed Tijan aus Gambia von den katarischen Talentsuchern aufgespürt und verpflichtet wurde.

Mann ohne Vergangenheit

Younousse kann und möchte selbst in seinem Fall nicht weiterhelfen. Er sagt: „Ich spiele für Katar, seitdem ich mit dem Beachvolleyball angefangen habe. Ich spiele für Katar, ich habe keinen anderen Verband.“ Das Wort Senegal nimmt er nicht einmal in den Mund. Noch ein Versuch. Was hat es mit dessen Geschichte aus dem Senegal auf sich?

Doch Cherif Younousse will sich sein Recht auf Vergangenheitsverdrängung nicht nehmen lassen. „Ich bin aus Katar. Meine Familie lebt dort. Es ist besser, wir wenden uns wieder dem Beachvolleyball zu und vergessen das mit meinem Hintergrund.“ Wäre sein Trainer noch da, er müsste wahrscheinlich über seinen waschechten Katarer herzlich lachen.

Allerdings will Younousse nicht immer nur über seinen Sport reden. Über die Atmosphäre im katarischen Team hat er zuvor gern Auskunft gegeben. „Die Stimmung ist sehr gut. Wir sitzen jeden Tag in so einem kleinen Salon zusammen, reden, trinken Tee, entspannen uns.“ Die Goldmedaille seines Teamkollegen im Hochsprung hat ihn besonders begeistert: „Ich bin so glücklich und stolz auf ihn, das ist der größte Wettbewerb, den Katar bislang gewonnen hat.“

Wo sonst auf dieser Welt vollzieht sich die Integration von Sportmigranten so rasant, dass diese sich kaum noch an ihre Geburtsländer erinnern können? Bei der Eingliederung der Arbeitsmigranten ist Katar dagegen weltweit eher Schlusslicht. In der „Qatar National Vision 2030“ hat man jedenfalls bei der Frage, wie das Erdöl- und Erdgas-Emirat bei versiegenden Quellen weiterhin eine Sonderstellung einnehmen kann, dem Sport eine besondere Rolle eingeräumt.

So wird nicht nur in die Ausrichtung von Sportveranstaltungen, sondern auch in den Aufbau einer nationalen Sportelite so viel Geld investiert, dass man von den Nutz­nie­ße­r:in­nen eine gewisse Dankbarkeit, Verbundenheit und Erinnerungslücken schon einfordern kann. Die ehrgeizigen Pläne sind auf lange Sicht hin angelegt.

So ist das auch im Fall des Beachvolleyball-Duos Ahmed Tijan und Cherif Younousse. Letzterer sagt. „Wir haben ein langfristiges Projekt, es geht nicht nur um Tokio.“ Bei diesem Turnier habe man ein neue Niveaustufe erreicht. Nun gelte es, diese zu halten. Erst zwei Sätze hat das Duo in den vier Spielen in Tokio verloren. Im Viertelfinale treffen die Katarer nun auf die Italiener Paolo Nicolai und Daniele Lupo. „Alle noch verbliebenen Teams sind ähnlich stark. Das ist eine Fifty-fifty-Geschichte. Es gibt keinen Favoriten hier“, erklärt Younousse. Nach dieser Rechnung ist gar die Chance auf die Goldmedaille nicht gering. Die beiden Katarer ohne Vergangenheit könnten für eine glänzende Zukunft sorgen.

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4 Kommentare

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  • No Border-No Nation ! -:)

  • Merkt eigentlich niemand, was für eine Farce die Olympischen Spiele sind? Durchgeführt gegen den Willen der japanischen Bevölkerung, die berechtigterweise Angst vor den gesundheitlichen Folgen hat.



    Es wird gedopt, 🙂Sportler werden unter Druck gesetzt und sogar fast entführt, Corona für das IOC bagatellisiert, und das alles nur wegen Kohle, Kohle und nochmals Kohle.



    Wer hat da noch Lust, sich dieses miese Spiel auch noch anzusehen? Leute, schaltet ab!

    • @ Christoph:

      "Leute, schaltet ab!"



      Wer hindert Sie daran?

    • @ Christoph:

      Der Wille des Volkes ist nicht alles. Olympia leistet einen grossen Beitrag zur Völkerverständigung. An die internationalen Athleten werden deshalb auch jedes mal 160.000 Kondome verteilt.

      Die Medaillen und Siegprämien ermöglichen es den Sportlern, ihre Arbeit weiter zu machen und den Sport in ihren Ländern populärer zu machen.

      Ärgerlich ist es nur, wenn einzelne Sportler sich weigern, gegen Israelis anzutreten.