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Demokratische Republik KongoDie Qual der Wahlkommission

In Kongo streiten die Kirchen über eine dringende Reform des Gremiums. Das gefährdet schon jetzt die nächsten Wahlen – obwohl die erst 2023 anstehen.

Felix Tshisekedi, Präsident der Demokratischen Republik Kongo Foto: Ludovic Marin/reuters

Berlin taz | Die nächsten Wahlen in der Demokratischen Republik Kongo stehen erst Ende 2023 an, aber schon jetzt steht ihr Scheitern im Raum. Es herrscht heilloser Streit über die zukünftige Führung der Wahlkommission CENI, von deren Glaubwürdigkeit es abhängt, ob eine korrekte Wahl zustande kommt.

Konsens ist nur: Der bisherige CENI-Präsident Corneille Nangaa, ein Freund des früheren Staatschefs Joseph Kabila, soll die nächste Wahl nicht organisieren, und auch die Wahlkommission insgesamt muss reformiert werden. Nangaa hatte die letzte Wahl, die Ende 2016 fällig war, um zwei Jahre verzögert und dann ein Ergebnis vorgelegt, das allen unabhängigen Beobachtungen widersprach.

Er erklärte den Oppositionellen Félix Tshisekedi, der ein Bündnis mit Kabila geschlossen hatte, zum Sieger anstelle von Oppositionsführer Martin Fayulu. Alle waren sich einig: 2023 muss es besser laufen. Auch Tshisekedi will 2023 lieber richtig zum Präsidenten gewählt werden. CENI-Chef Nangaa weiß, dass seine Zeit abgelaufen ist, und hat Goldminen in seiner Heimatprovinz Ituri erworben.

Doch Nangaas Nachfolge ist immer noch offen. Vom Gesetz her bestimmen die acht größten Religionsgemeinschaften des Landes den CENI-Präsidenten: die Katholiken, die Protestanten der ECC (Kirche Christi im Kongo), die Kimbanguisten (eine autochthone Kirche), die Orthodoxen, die Muslime, die Pfingstkirchen, die Heilsarmee und die Freikirchen. Aber Ende vergangener Woche gingen sie ohne Beschluss auseinander – wie schon einmal im Juli 2020.

Kirchen heillos zerstritten

Beide Male stemmten sich Katholiken und Protestanten, die zwei großen Religionsgemeinschaften, gegen den Vorschlag der sechs kleinen Gruppen. Im Juli 2020 war es Ronsard Malonda, bisherige Nummer zwei der CENI unter Nangaa. Nach dem Nein der beiden großen Kirchen schlugen die anderen ihn trotzdem vor, erst ein Veto von Präsident Tshisekedi stoppte ihn. Das war der Beginn des Machtkampfes zwischen Tshi­sekedi und Kabila, mit dem der neue Präsident sich seitdem von seinem Vorgänger und Gönner emanzipiert hat.

Dieses Jahr brachten die sechs kleinen Religionsgemeinschaften ein Schwergewicht ins Rennen: Denis Kadima, Direktor des in Südafrika basierten EISA (Electoral Institute for Sustainable Democracy in Africa), eine in ganz Afrika respektierte Organisation zur Vorbereitung freier Wahlen, und 2011 UN-Leiter des historischen Unabhängigkeitsreferendums für Südsudan. Eigentlich der ideale Wahlreformer für Kongo.

Doch in seiner Heimat lehnen Katholiken und Protestanten ihn ab. Kadima sei 2020 in der Vorauswahl ausgeschieden und komme daher nicht in Betracht, heißt es offiziell. Aktivisten von Tshisekedis Partei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt) behaupten, die Kirchen würden Kadima ablehnen, weil er derselben Ethnie angehört wie der Präsident und mit diesem befreundet sei. Am Wochenende griffen sie die Residenz des Erzbischofs von Kinshasa sowie Kirchen in Tshisekedis Heimatprovinz Kasai an.

Die UDPS-Führung hat die Angriffe verurteilt, aber das Klima ist vergiftet. Früher stritten UDPS und katholische Kirche gemeinsam für Demokratie im Kongo – heute werfen sie sich gegenseitig das Gegenteil vor. Seit dem Tod von Kardinal Laurent Monsengwo im Juli fehlt eine allseits respektierte integrative Figur.

Ein Ausweg ist nicht in Sicht. Vielmehr sind die Wahlen 2023 beschädigt, bevor ihre Vorbereitung überhaupt begonnen hat. Die Heftigkeit des Streits über die CENI-Führung macht klar, dass die Kontrolle der Wahlkommission nach wie vor über den Wahlsieger entscheidet.

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