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Regionalwahlen in FrankreichLetzte Warnung an Macron

Rudolf Balmer
Kommentar von Rudolf Balmer

Der befürchtete Sieg von Le Pen blieb bei den Regionalwahlen in Frankreich aus. Doch das ist kein Grund zur Beruhigung.

Macron und Le Pen – die beiden Verlierer der Regionalwahl Foto: reuters

S eit mindestens vierzig Jahren werden Frankreichs Republik und ihre humanistischen Grundwerte durch einen Dauerbeschuss einer extremen Rechten bedroht. Deren Identität beruht auf Fremdenhass, nationalistischem Egoismus und der Rehabilitierung der reaktionären und revanchistischen Ideologien.

Dem Rassemblement national, früher Front national, ist es gelungen, die politische Debatte nachhaltig zu vergiften. Alle Enthüllungen von Medien, gerichtliche Urteile und erst recht die moralische Empörung von antirassistischen Bürgerrechtsorganisationen haben die schleichende Verharmlosung dieser rechtsextremen Propaganda nicht verhindert.

Bisher beruhigten sich viele in Frankreich mit dem Argument, dass die radikale Rechte in einem Land wie Frankreich mit seinem Erbe der Aufklärung nie und nimmer eine ernste Gefahr darstellen oder eines Tages gar an die Macht gelangen könne. So ist es nicht. Die Ergebnisse des ersten Durchgangs der Regionalwahlen haben zwar die pessimistischen Prognosen nicht bestätigt. Dennoch sind sie eine letzte Warnung, bevor es in Frankreich wirklich Ernst wird.

Wen geht diese Botschaft an? Vorab die Mehrheit der Wahlberechtigten, die dieses Mal nicht mehr wählen gingen. Viele von ihnen werden gute Gründe dafür vorbringen. Doch ziehen sie es wirklich vor, womöglich heute eine ganze Region wie Provence-Alpes-Côte d'Azur und übermorgen ganz Frankreich einer gefährlichen und inkompetenten Partei wie dem RN als Testlabor zu überlassen, statt sich an die Wahlurne zu bemühen, selbst wenn sie sich über die anderen Parteien keine Illusionen machen?

Zweitens geht das Alarmsignal die restlichen Parteien an, die der Versuchung ausgesetzt sind, entweder aus Opportunismus mit dem RN anzubändeln oder ihn aus Fatalismus gewähren zu lassen. Und nicht zuletzt geht das den Präsidenten an.

Emmanuel Macron hat mit einer gewissen Nonchalance gemeint, er müsse sich von der Wahlniederlage von „En marche“ nicht betroffen fühlen. Er ist bisher davon ausgegangen, dass nur ein Wahlduell mit Marine Le Pen im Jahr 2022 seine Wiederwahl garantiert. Das ist eine allzu simple Strategie. Das ist die Botschaft dieser Regionalwahlen.

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Rudolf Balmer
Auslandskorrespondent Frankreich
Frankreich-Korrespondent der taz seit 2009, schreibt aus Paris über Politik, Wirtschaft, Umweltfragen und Gesellschaft. Gelegentlich auch für „Die Presse“ (Wien) und die „Neue Zürcher Zeitung“.
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3 Kommentare

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  • Zu den zwei Punkten "Wen geht diese Botschaft an?" möchte ich ein drittes hinzufügen: Macron verdankt seine Wahl auch der (moderateren) Linken, die in der Stichwahl für ihn zähneknirschend gewählt hat, nur um nicht Le Pen zu kriegen.

    Hätt' ich auch gemacht.

    Leider ist das eine Strategie, die bei den Liberalkonservativen [1] geradezu Tradition hat: die Vogelscheuche als Haustier.

    Nur: das ist eine sehr arrogante Strategie. Die geht auch gelegentlich nach hinten los, wie wir aus der Geschichte wissen sollten. Immer und immer wieder.

    [1] damit meine ich die bekannte Haushaltmischung:



    (a) Freiheit für das Geld,



    (b) für das Individuum nur insofern nicht mit (a) im Konflikt,



    (c) Globalisierung, nur, sofern sie (a) dient,



    (d) ansonsten Nationalstolz.

  • Das Marine Le Pen für Macron gefährlich ist, weiß wohl auch in Frankreich jedes Kind, auch wenn es Macron nicht wahrhaben will und noch glaubt, dass die Kandidatur Le Pens ihm die Garantie auf einen Wahlsieg bietet.



    Es könnte nur sein, dass mit dem Rechtskonservativen Xavier Bertrand ein Kandidat auf der Bildfläche erscheint, der beiden bisherigen Favoriten (Macron und Le Pen) das Wasser abgräbt, denn für das bürgerliche Spektrum verkörpert er nicht dieses sowohl rechts- wie auch sozialpopulistische Schmuddelimage, was diese von der Wahl Le Pens und ihres RN abhält.



    Anders als in Deutschland sind es in Frankreich nicht die Bürgerlichen, sondern eher traditionelle Wähler der Linken, die nicht hundertprozentig gegen die „Verlockungen“ des RN gefeit sind.

  • Nur ca. 30 Prozent der wahlberechtigten Franzosen haben an den Regionalwahlen teilgenommen. Das ist die eigentlich bestürzende Nachricht. Während hiesige Medien noch die katastrophale Wahlbeteiligung von 50% im Iran problematisierten, interessieren sich unsere Medien nur noch für den Misserfolg des RN, während das demokratische System in Frankreich insgesamt bröckelt, zumal die französische Rechte jetzt erfolgreich war.